Fundamentale Nachricht
12:07 Uhr, 10.02.2022

Die hohen Ölpreise und die Hilflosigkeit der US-Regierung

Die US-Regierung unter Joe Biden tut nach eigener Anschauung alles in ihrer Macht Stehende, um die hohen Ölpreise zu bekämpfen. Immer mehr aber wird offensichtlich, dass Washington im Grunde über wenig Einfluss verfügt.

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    Kursstand: 92,02200 $/bbl. (FXCM) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung

New York/ London (Godmode-Trader.de) - Heute stehen neue Daten zur Preisentwicklung in den USA im Januar auf der Tagesordnung. Um mehr als sieben Prozent dürften die Verbraucherpreise in den USA im vergangenen Monat auf Jahressicht gestiegen sein. „Die Märkte rechnen mit einem Anstieg der Jahresrate auf 7,2 Prozent", schrieb Analyst Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners mit Blick auf die US-Inflationsdaten. „Jeder niedrigere Wert dürfte am Markt mit großer Erleichterung aufgenommen werden.

Am Markt, aber auch in Washington. Die Regierung Biden steht wegen der hohen Inflation sehr unter Druck, vor allem, weil die Energie- und Benzinpreise geradezu explodiert sind. Schließlich steht die ‚heilige Kuh der Amerikaner’ - die mobile Freiheit - zur Disposition. Washington erklärt derzeit bei jeder Gelegenheit, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um die anhaltend hohen Ölpreise zu dämpfen. Doch Maßnahmen, wie etwa die teilweise Freigabe nationaler Reserven, verpufften. Die Regierung erscheint an dieser Front machtlos.

Die Pressesprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, erklärte in dieser Woche, dass die USA weiterhin mit den ölproduzierenden Ländern über eine Erhöhung der Fördermenge sprechen und auch mit den größten ölverbrauchenden Ländern (etwa China) über die Freigabe von Öl aus ihren strategischen Reserven.

Der zentrale Gedanke in der Botschaft der Regierung Biden ist es, dass die OPEC+-Produzenten es aus Sicht Washingtons versäumt haben, ihre Produktion schnell genug zu erhöhen, während die Weltwirtschaft derzeit nur so nach Öl durstet. So kommentiert das Energieportal Energy Intelligence die Hilflosigkeit in Washington. „Niemand sollte das Angebot auf Kosten der amerikanischen Verbraucher zurückhalten ... und die Ölproduzenten auf der ganzen Welt haben die Kapazität, auf einem Niveau zu produzieren, das der Nachfrage entspricht und die hohen Preise senkt", hörte sich Psaki bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus fast schon verzweifelt an.

In einem Telefongespräch am späten Mittwochabend diskutierten US-Präsident Joe Biden und der saudi-arabische König bin Salman über die Lage am Ölmarkt, wie die offizielle Nachrichtenagentur SPA des Königreichs berichtete. Außer Allgemeinplatitüden kam dabei aber nicht heraus.

König Salman betonte demnach die Bedeutung eines ausgeglichenen Ölmarkts und hob die Priorität der Aufrechterhaltung des OPEC+-Abkommens hervor, wie es in einer Erklärung hieß. Das Weiße Haus teilte separat mit, die beiden Staatsoberhäupter hätten „erneut das Engagement der Vereinigten Staaten und Saudi-Arabiens für die Gewährleistung der Stabilität der weltweiten Energieversorgung bekräftigt".

Die Realität ist, dass die USA nur wenig Möglichkeiten haben, die Preise von den aktuellen Niveaus von gut 90 Dollar/Barrel nach unten zu drücken. Die Ende letzten Jahres getroffene Entscheidung, schrittweise 50 Mio. Barrel Öl aus den strategischen US-Reserven freizugeben - unterstützt durch kleinere Mengen aus anderen Ländern - hat sich kaum auf die Preise ausgewirkt.

Zu den geopolitischen Faktoren, die die Preise in die Höhe getrieben haben, gehören eine mögliche russische Invasion in der Ukraine, die Ungewissheit über den Ausgang der Atomgespräche mit dem Iran und die jüngsten Angriffe der jemenitischen Houthi-Rebellen auf Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE). „Im Ölpreis ist ein geopolitischer Aufschlag von fünf bis sechs US-Dollar enthalten, so dass die heutigen Preise nicht die Fundamentaldaten widerspiegeln", erklärte Ali al-Riyami von der omanischen Beratungsfirma ARC gegenüber Energy Intelligence.

Zu den politischen Optionen der USA gehörten die Freigabe von mehr Öl aus den strategischen Vorräten, die Verstärkung des Drucks auf die OPEC+-Länder, ihre Produktionskapazitäten voll auszuschöpfen, und die Aufhebung der Sanktionen gegen iranische Ölexporte als Teil eines neuen Atomabkommens mit dem Iran. Dabei steht aber nach wie vor im Vordergrund, dass der Iran nicht über atomwaffenfähiges Material verfügen darf.

Innerhalb der OPEC+ gibt es zudem kein Gefühl einer Dringlichkeit, die derzeitige Politik zu ändern. Immerhin tragen die hohen Ölpreise dazu bei, die Staatskassen aufzufüllen, und einen nachfragedämpfenden Einfluss übt das hohe Preisniveau auch (noch) nicht aus.

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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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