Kommentar
08:22 Uhr, 10.01.2017

Die Abgeltungsteuer wird fallen!

Die meisten Parteien sind sich einig, dass die angeblich ungerechte Abgeltungsteuer wieder abgeschaft werden soll.

Dass sie überhaupt kam, muss aus heutiger Sicht als Trick gesehen werden. So wurde versucht, Fluchtkapital nach Hause zu holen und die Bürger in Sicherheit zu wiegen, denn die Abgeltungsteuer wird anonym abgeführt.

Seit 2009 werden Kapitaleinkünfte pauschal mit 25 % plus Solidaritätszuschlag direkt an der Quelle besteuert. Inzwischen sind etliche internationale Steueroasen ausgetrocknet, in diesem Jahr tritt der automatische Informationsaustausch zwischen rund 100 Ländern in Kraft.

Sprich: Man braucht die Abgeltungsteuer nicht mehr...künftig wird es wohl so ablaufen, dass die Banken ihren Kunden die Gewinn-/Verlustermittlung nach Hause schicken und diese dann - wie früher - ihre Spekulationsgewinne in der Einkommensteuererkllärung deklarieren (Kontrollmitteilung geht natürlich ans Finanzamt....)

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Dieses Prozedere kennen alle, die einen Broker im Ausland haben. Denn dieseführen die Abgeltungsteuer nicht für den deutschen Fiskus ab.

Das Gerechtigkeitsargument lautet wie folgt: Arbeitseinkommen werden mit bis zu 42 % plus Soli (plus Kirchensteuer plus Reichensteuer ab 250k) besteuert, und Kapitalerträge nur mit 25 % (ebenso plus Soli etc.)
Es ist immer wieder erstaunlich, wie viele Politiker entweder nicht verstehen wie falsch das ist oder es absichtlich verschweigen.

Denn: Dieses Argument zählt nur bei Zinseinkünften!

Dividenden stammen aus versteuerten Gewinnen und die Abgeltungsteuer ist damit eine echte Doppelbesteuerung.
Die effektive Gewinnbelastung liegt bei ausgeschütteten Gewinnen aktuell bei fast 50 % und damit deutlich höher als die Belastung von Arbeitseinkommen (exakt: 30 % plus 26,375 %*0,7=48,46 %).

Würde man nun Dividenden mit dem persönlichen Einkommensteuersatz belegen, würde dies bei hohen Einkommen zu einer deutlich über 50 % liegenden Gewinnbelastung führen.
Es ist daher anzunehmen, dass bei einem Ende des Abgeltungsteuerregimes eine Rückkehr entweder zum Halbeinkünfteverfahren folgt oder aber zum alten, komplizierten Körperschaftsteuer-Anrechungsverfahren.

Wie war es vor der Abgeltungsteuer?

Vor dem Abgeltungsteuerregime wurden Kapitaleinkünfte unterschiedlich besteuert. Bei Aktien und Dividenden galt das Halbeinkünfteverfahren, Zinsen und Gewinne aus anderen Wertpapieren mussten voll versteuert werden. Alle Angaben waren vom Steuerpflichtigen selbst im Rahmen der Einkommensteuererklärung zu machen. Insofern war die Abgeltungsteuer für den (steuerehrlichen) Bürger eine massive Erleichterung, während die Banken die Bürde der Gewinnermittlung tragen mussten.In diesem Punkt kann man sich sicher sein: Das wird auch so bleiben! Nachdem über zwei Jahre lang die IT-Systeme unter hohen Kosten angepasst wurden, werden die Finanzinstitue natürlich auch in Zukunft die Gewinne des Kunden ermitteln.

Das gilt sowohl für Dividenden als auch für Gewinne aus Aktienverkäufen, denn diese sind theoretisch äquivalent (das hat sogar die damalige Bundesregierung im Gesetzentwurf zur Einführung des Halbeinkünfteverfahrens so beschrieben). Denn Kurse sind letztlich abgezinste zukünftige Dividenden.

Wer mit Aktien tradet oder investiert, braucht wahrscheinlich keine Angst vor einem Ende der Abgeltungsteuer haben. Wahrscheinlich würde die Belastung sogar sinken.

Verlierer wären Zinsbezieher (welche Zinsen?) und Derivate-Trader. Hier wird wohl der volle Steuersatz drohen.

Wie sieht es mit dem Gerechtigkeitsargument bei Zinsen aus?

Dass Zinserträge steuerlich besser gestellt werden als Arbeitseinkünfte, könnte man tatsächlich zunächst als ungerecht ansehen.
Dabei ist aber zu bedenken, dass in Höhe der Inflationsrate nur Scheinerträge vorliegen. Dies ist derzeit besonders augenscheinlich bei deutschen Anleihen der Fall. So rentiert eine 10jährige Bundesanleihe aktuell etwa mit 0,28 %. Die Inflationsrate, gemessen am statistischen Warenkorb, dürfte dieses Jahr bei ca.2 % liegen. Real bleibt also praktisch nicht nur kein Ertrag übrig, sondern es es fällt sogar ein Verlust an. Da aber der nominale Ertrag der Besteuerung unterworfen wird, führt schon der Abgeltungsteuerabzug zu einem realen Kaufkraftverlust des der Zinszahlung zugrundeliegenden Vermögens. (Bei anderen Konstellation des Zinses und der Inflationsrate ist dies aber anders).

Das Ende vom Lied wird sein, dass das Aufkommen aus der Abgeltungsteuer (derzeit rund 8 Mrd. EUR im Jahr) ungefähr gleich bleibt...viel Lärm um nichts also

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10 Kommentare

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  • Alexander Lang
    Alexander Lang

    Top Artikel ! :)

    18:52 Uhr, 08.05.2017
  • Ridicule
    Ridicule

    Nur mal so theoretisch. Warum muss man die Abgeltungssteuer eigentlich an die Besteuerung des Arbeitseinkommens anpassen? Umgekehrt wäre es auch möglich und ein gigantisch großer Wurf. Der würde Trump'sche Dimensionen geradezu in Schatten stellen. .... aber ja war ja nur theoretisch, sorry. So etwas ist in D undenkbar. :-((((

    19:02 Uhr, 10.01.2017
  • RoadyO
    RoadyO

    Schöne Lösung (aus meiner Sicht) wäre auch das Prinzip mit den Steuerfreibeträgen weiter auszubauen. Bis 1.000€ keine Steuern, 1.000-50.000€ 25%, 50.0000-250.000€ 33%, 250.000-1mio€ 42% und ab 1mio dann halt 50% oder so.

    Denke das wäre eine einfach umzusetztende Lösung die trotzdem den Sozialgedanken in sich trägt und mit der jeder leben könnte.

    Grundsätzlich bin ich auch gegen Besteuerung von Kapitalerträgen, Verluste aus Kapitalerträgen werden ja schließlich auch nicht subventioniert. ;)

    Aber das ist eine der wenigen Schrauben an der man drehen kann damit die Schere zwischen Arm und Reich nicht immer weiter auseinander geht, eine andere sind die großen Erbschaften die viel zu oft aus Betrug, Verschmutzung der Erde, Versklavung, Kriegen entstanden sind.

    Denkt mal drüber nach...

    11:32 Uhr, 10.01.2017
    1 Antwort anzeigen
  • XXTrader
    XXTrader

    Viel Lärm um nichts würde ich nicht sagen. Ein Argument für die Einführung der Abgeltungssteuer war auch eine Steuervereinfachung. Eine Rückkehr zum alten Verfahren ist also erheblicher Zusatzaufwand bei den Besteuernden und in den Finanzämtern - ergo mehr Finanzbeamte, mehr Steuerberater und mehr Steuerprüfer. Hut ab vor der Lobby!
    Wann kapieren eigentlich einmal die Hälfte der Wähler, dass genau sie die Reichen sind und nicht immer die Anderen!

    10:12 Uhr, 10.01.2017
  • Andreas Hoose
    Andreas Hoose

    Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass die Politik mit Verweis auf das "Gerechtigkeitsargument" die aus ihrer Sicht sehr praktische Abgeltungssteuer ganz einfach erhöht. Ein Steuersatz von von 35 oder gar 42 Prozent ließe sich beim Wähler sicher gut verkaufen. Man hört sie schon trommeln, diese "Experten": Jetzt werden endlich auch die bösen Reichen geschröpft! Dass die eigentlichen Probleme ganz woanders liegen, wird selbstverständlich verschwiegen. Schließlich geht es um die Plätze an den Futtertrögen...

    09:55 Uhr, 10.01.2017
    2 Antworten anzeigen
  • Dax-Martin
    Dax-Martin

    "Es ist immer wieder erstaunlich, wie viele Politiker entweder nicht verstehen wie falsch das ist oder es absichtlich verschweigen"

    Wieso? Kapital ist was anderes als Einkommen durch Arbeit. Im Grunde sollte es ja überhaupt keine Steuern auf Kapital geben. Denn entweder bleibt es als Geld auf der Bank, oder es wird damit mehr Konsum betrieben. Die Trader, die davon leben sind so wenige, dass man deshalb nichts unternehmen muss. Das Problem, dass sich bei wenigen durch Erbschaft o.ä. viel Kapital anhäuft, bleibt so oder so bestehen. Wichtiger wäre, die Steuern auf Arbeit auf 25% zu deckeln.

    09:12 Uhr, 10.01.2017

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Über den Experten

Daniel Kühn
Daniel Kühn
Freier Finanzjournalist

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Von 2012 bis 2023 leitete Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader). Seit 2024 schreibt er als freier Autor für stock3.
Daniel Kühn interessiert sich vor allem für Small und Mid Caps, Technologieaktien, ETFs, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie für makroökonomische Themen.

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