Der Wind am Immobilienmarkt hat sich gedreht
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Kein Trend ist von Dauer: Angeheizt von günstigen Bauzinsen boomte der Häusermarkt hierzulande viele Jahre. Doch schlechtere Finanzierungsbedingungen, steigende Kosten und fehlende Baumaterialien setzen den Hochzeiten ein Ende. Das spüren die ausführenden Branchenfirmen als allererste. Aber auch auf nachgelagerter Ebene am Kaufmarkt von Neu- und Bestandsbauten hakt es. Investoren warten aus Unsicherheit ab, Selbstnutzer können sich die hohen Kosten für Immobilien nicht mehr leisten.
Branche im Abwärtssog
Harte Daten unterstreichen den Abwärtstrend der gesamten Branche: Die deutschen Bauunternehmen sind mit einem Auftragsminus in die zweite Jahreshälfte gestartet. Das Neugeschäft im Bauhauptgewerbe fiel im Juli inflationsbereinigt um 5,8 Prozent schwächer aus als im Vorjahresmonat, präsentierte das Statistische Bundesamt heute die neuesten Zahlen. Eine rasche Trendwende ist nicht in Sicht. Hohe Baukosten und steigende Kreditzinsen sorgen etwa im Wohnungsbau vermehrt für Auftragsstornierungen. Die Beschaffung von Baustoffen und die steigenden Preise stellten die Unternehmen vor große Probleme, erklärte kürzlich die Bundesvereinigung Bauwirtschaft (BVB).
Gerade die Baufirmen, die die sog. 'Bauflation', also die steigenden Auftragspreise in Zeiten starker Nachfrage, ein gutes Stück weit mitzuverantworten haben, spüren nun die Abschwächung am stärksten. Doch die Dynamik insgesamt verabschiedet sich so langsam aus dem Immobilienmarkt. Der Umsatz mit Immobilien in Deutschland dürfte 2022 erstmals seit 13 Jahren wieder schrumpfen. Dies geht aus einer aktuellen Analyse des Hamburger Gewos-Instituts für Stadt-, Regional- und Wohnforschung hervor. Demnach dürfte der Umsatz mit Wohnungen, Häusern, Gewerbeimmobilien und Grundstücken dieses Jahr um sieben Prozent auf 313,5 Mrd. Euro fallen und die Zahl der Käufe auf unter 900.000 sinken. Seit Mai würden die Kauffallzahlen, Umsätze und insbesondere großen Transaktionen gemessen am Vorjahreszeitraum fallen, sagte Sebastian Wunsch, Leiter des Bereichs Immobilienwirtschaftliche Analysen bei Gewos.
Hypoport rasiert Prognose
Ein Opfer dieser ganzen Entwicklung ist der Finanzdienstleister Hypoport. Dessen bekanntestes Segment, die Kreditplattform, betreibt mit dem internetbasierten B2B-Kreditmarktplatz Europace eine Plattform zum Abschluss von Immobilienfinanzierungen, Bausparprodukten und Ratenkrediten. Nun beobachtet der Vorstand eine schwindende Resonanz. „Das zweite Halbjahr zeigt bisher eine sehr schwache Nachfrage in der privaten und institutionellen Immobilienfinanzierung sowie im Corporate Finance Geschäft“, erklärte der Finanzvermittler am Donnerstagabend in einer Pflichtmitteilung. Die Verbraucher hielten sich wegen der Kombination aus sprunghaftem Zinsanstieg, extremer Inflation, Rezessionsängsten und Hoffnung auf stärker fallende Immobilienpreise zurück. „Die derzeitige Jahresprognose wird deutlich verfehlt werden.“
Der Vorstand könne kaum vorhersehen, ob Verbraucher bei privaten Immobilienfinanzierungen zurückhaltend bleiben oder sich die Lage im weiteren Jahresverlauf wieder verbessert. Für das dritte Quartal rechnet das Management mit einem rückläufigen Erlös. Dieser dürfte leicht unter dem Vorjahresniveau liegen. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern solle aber „ausgeglichen" ausfallen.
Der Aktienkurs brach kurz nach Börseneröffnung heute um rund ein Drittel ein. Aktuell sind die Verluste noch doller. Um fast 40 Prozent weitete sich das Minus auf 89 Euro aus. Die Papiere notieren jetzt so tief wie seit April 2017 nicht mehr. Der Rekordstand von 618 Euro Anfang 2021 erscheint vor dem aktuellen geschäftlichen Hintergrund weiter weg als der Mond von der Erde.
Was sagen Analysten zur Aktie:
Hauck Aufhäuser Investment Banking rechnet damit, dass sich die Negativentwicklung im kommenden Jahr weiter fortsetzen wird. Der Umsatz sollte 2023 um zwölf Prozent schrumpfen. „Dies dürfte sich signifikant negativ auf die Profitabilität auswirken“. Infolge der „verheerenden Gewinnwarnung" stufte Hauck Aufhäuser Investment Banking die Aktie von Hypoport von "Hold" auf "Sell" ab und reduzierte das Kursziel von 205 Euro auf 70 Euro.
Auch Warburg Research ist der Ansicht, dass die rückläufigen Umsätze stark auf die Gewinne durchschlügen. Die Umstellung der Kostenbasis bei Hypoport sollte im Schlussquartal aber wieder zu positiven Ergebnisbeiträgen führen, erwarten die Analysten, die die aktuelle Kursschwäche sogar als eine gute Einstiegsgelegenheit in die Aktie betrachten. Hypoport sollte von einer Erholung am Immobilienmarkt überproportional profitieren, hieß es.
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Weitere Informationen und Einschätzungen zur Aktie von Hypoport von meinen Kollegen Sascha Gebhard lesen Sie hier: HYPOPORT – Das ist eine Gewinnwarnung aus der Immobilienhölle.
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