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17:37 Uhr, 05.04.2022

Das Nickel-Chaos und seine Folgen

JPMorgan überprüft nach dem Nickel-Short-Squeeze im März seine Geschäfte mit einigen Rohstoffkunden. In der Folge könnte sich die Bank aus dem Handel zurückziehen und diesem Markt entsprechend Liquidität entziehen. Der Markt wäre nicht mehr derselbe.

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Nach schweren Turbulenzen am Nickelmarkt will einer der großen Player im Rohstoffbereich, die US-Bank JPMorgan Chase & Co., die Geschäfte mit Rohstoffkunden auf Herz und Nieren überprüfen. In der Folge könnte sich die Bank aus dem Handel zurückziehen und diesem Markt entsprechend Liquidität entziehen. Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg am Dienstag berichtete, hat die Geschäftsleitung von JPMorgan Teams in der ganzen Welt beauftragt, einige bestehende Kunden, darunter Metallhändler und Ölraffinerien, einer erneuten Due-Diligence-Prüfung zu unterziehen. Risikobewertungen werden auch für bestimmte Finanzierungsfunktionen durchgeführt, hieß es.

Die US-Bank ist einer der größten Akteure auf den globalen Rohstoffmärkten und der mit Abstand größte im Metallbereich. Als stärkster Kontrahent der Tsingshan Holding Group Co, dem weltweit größten Produzenten des Nickel-Metalls, das im Mittelpunkt des Preisdrucks steht, war sie auch maßgeblich an dem Nickelpreisanstieg beteiligt, der die Londoner Metallbörse im vergangenen Monat erschütterte und zu einer Suspendierung des Handels führte.

Nach Bloomberg-Informationen hat JPMorgan bereits vor dem Nickel-Short-Squeeze sein Rohstoffengagement unter der Lupe und es angesichts der erhöhten Marktvolatilität angepasst. Seit dem Anstieg des Nickelpreises Anfang März habe die Bank eine gründlichere Überprüfung vorgenommen. „Im Einklang mit einem umsichtigen Risikomanagement haben wir die Risiken angesichts der bedeutenden Marktereignisse in diesem Jahr überprüft und werden dies auch weiterhin auf allen Märkten tun, aber wir bleiben unserem Rohstoffgeschäft verpflichtet", so JPMorgan in einem Statement.

Ein Rückzug der Bank käme zu einem besonders schwierigen Zeitpunkt für die Rohstoffmärkte, die bereits unter einem dramatischen Rückgang der Liquidität leiden, da die hohen Preise und wilden Schwankungen die Händler an die Seitenlinie zwingen.

Der Nickel-Short-Squeeze im März hat den Rohstoffsektor insgesamt erschüttert. Der Londoner Betreiber der Metallbörse LME erklärte, die Verwerfungen hätten ein „systemisches Risiko" für den Markt geschaffen. Als Reaktion darauf pausierten einige Banken Anfang letzten Monats vorübergehend die Rohstofffinanzierung in Asien, wie Händler in Singapur und China der Nachrichtenagentur berichteten. Einige der Händler hätten immer noch keinen Zugang zu Finanzierungen dieser Banken, zu denen auch JPMorgan gehöre.

Am 8. März hatte die LME den Handel gestoppt, nachdem der Preis für eine Tonne Nickel in der Nacht zuvor von gut 42.000 Dollar über 100.000 Dollar gesprungen war. Die LME stornierte rund 9.000 Transaktionen im Wert von 4 Mrd. Dollar. Die Wiederaufnahme des Handels zwei Wochen später verlief ebenfalls chaotisch, und die Börse zog nochmals die Bremse, weil der Preis aus der neu gesetzten Spanne ausbrach. Seitdem hat sich der Markt beruhigt.

Der extreme Preisaufschlag am 8. März war durch die Fehlspekulation des chinesischen Metallmoguls Xiang Guangda und seines Eisen- und Nickelkonzerns Tsingshan Holdings ausgelöst worden. Etwa 50.000 Tonnen der gesamten Nickel-Leerverkaufsposition von Tsingshan von über 150.000 Tonnen wurden über eine außerbörsliche Position bei JPMorgan gehalten, wie Bloomberg letzten Monat berichtete.

Das chinesische Unternehmen hatte Schwierigkeiten, seine Nachschussforderungen zu begleichen, nachdem der Nickelpreis innerhalb von wenigen Stunden um 250 Prozent in die Höhe geschnellt war. Ausgehend von der Zahl von 50.000 Tonnen hätte Tsingshan am Tag vor der Unterbrechung des Nickelmarktes JPMorgan etwa 1 Mrd. Dollar an Einschusszahlungen geschuldet. Wäre der Nickelpreis weiter gestiegen, hätte sich das Engagement der Bank gegenüber Tsingshan um weitere Mrd. Dollar erhöhen können.

Und obwohl sich der Nickelmarkt etwas stabilisiert hat, ist die Short-Position von Tsingshan noch nicht aufgelöst worden. Das Unternehmen hat einen Teil seiner Short-Position durch den Kauf von Nickelkontrakten gedeckt, aber es hat immer noch eine große Wette auf fallende Preise laufen, wie Bloomberg zuvor berichtete.

Die extremen Turbulenzen des Nickel-Preises im März beschäftigen jetzt auch die Finanzaufsicht. Wie die Aufsichtsbehörde FCA und die Regulierungsabteilung PRA der Bank of England am Dienstag gemeinsam mitteilten, werden sie die Vorgänge an der London Metal Exchange (LME) untersuchen.

Nickel stieg heute an der LME in der Spitze auf 33.850 Dollar je Tonne, zuletzt fiel der Preis auf 32.500 Dollar zurück. Das Metall ist ein wichtiger Rohstoff für die Stahl-, Auto- und Batteriezellindustrie.

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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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