Kommentar
09:06 Uhr, 12.01.2016

Chinas Währung vor drastischer Abwertung?

Wenn Shortseller Kyle Bass von China erzählt, und seine Augen anfangen zu leuchten, dann drehen sich seine Gedanken nicht um die Frage, ob die Landung hart oder weich erfolgen wird...

...oder vor welchen Problemen die Wirtschaft steht, nein, derlei Firlefanz spielt bei seinen strategischen Überlegungen kaum eine Rolle. Kyle Bass hat das Finanzsystem im Visier, und rechnet mit dem großen Knall, einer handfesten Bankenkrise, und seine Begründung hört sich dann ungefähr so an:

Das chinesische Bankensystem ist in den letzten 8 Jahren um 400 % explodiert und umfasst mittlerweile Assets im Wert von $35 Billionen bei einer Wirtschaftsleistung von (im Vergleich dazu sehr moderaten) $10 Billionen. Non Performing Loans (NPLs) – und hier steckt der Kasus Knaksus - sind derweil aber seltsamerweise nicht existent und liegen angeblich bei nur 1,5 %.

Keine Kennzahl aus China ist vertrauenswürdig, aber über diesen Wert lachen wirklich die Hühner – man fühlt sich fast an die „goldenen“ Jahre des Euros erinnert, als Spanien dank fleißigem Rollen von toxischen Altschulden mit ähnlichen Werten aufwarten konnte, bevor dann das Elend seinen bekannten Lauf nahm..

Eine realistische Pekinger NPL-Hausnummer dürfte laut CLSA beispielsweise eher bei 8 % liegen. Autonomous Research kommt sogar zu dem Schluss, dass der Wert mit 20 % deutlich darüber liegt.

Sollte vor allem letztere Zahl Hand und Fuß haben, und China tatsächlich in eine neue Phase des Kreditzyklus eintreten, dann ergeben sich daraus möglicherweise spektakuläre Remninbi-Phantasien..

Geht man nämlich konservativ davon aus, dass 60-70 % der Assets im chinesischen System aus Krediten bestehen, dann wäre das potentielle Kapitalloch $4 Billionen tief, und hätte damit sogar die Kapazität die vielgerühmten Devisenreserven zu vertilgen.

Um eine Deflationsspirale zu verhindern, muss China früher oder später seine Währung wahrscheinlich dramatisch „abwerten“ (bzw. sanft vom Dollar lösen). Goldman Sachs rechnet beispielsweise damit, dass der Remninbi über einen 12-Monatshorizont zum Dollar auf 7,00 steigen wird, und Ende 2017 sogar bei 7,30 liegen könnte (die Einschätzung darf wohl als konservativ bezeichnet werden).

Der Trade ist seit Sommer zwar schon gut gelaufen und Peking dürfte kein Interesse daran haben, der Welt eine weiter unkontrolliert kollabierende Währung zu präsentieren, aber die Upside dürfte über einen langfristigen Horizont als "signifikant" eingestuft werden.

Ein Wort der Warnung zum Schluss: Die chinesische Führung ist sich ihrem Platz in der Geschichte genau bewusst. Sollte eine handfeste Finanzkrise das System zu Vollbremsung zwingen, dann wird ihr wohl das Schicksal der UDSSR den Weg weisen.

Im Anbetracht dieser wahrscheinlich wenig attraktiven Perspektive werden die Lenker und Denker den beschrittenen Weg der verzweifelten Kreditausweitung wohl bis zum bitteren Ende gehen, um damit das Unvermeidliche noch möglichst lange hinauszuzögern.

Wer sich vom Verkauf des CNY also das allzu schnelle Geld erhofft, dem wird die PboC sicher noch das eine oder andere kostspielige Schnippchen schlagen.

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Über den Experten

Simon Hauser
Simon Hauser
Redakteur

Simon Hauser hält für Guidants News die Stellung in North Carolina und sendet aus sicherer Entfernung zur Wall Street Echtzeitnachrichten in die Welt. Leider spielen die Kennzahlen der Wirtschaftsteilnehmer oft nur eine untergeordnete Rolle und werden dominiert von einem hysterischen Medienzirkus, punktundkommalosem Zentralbank-Blubber, und mysteriösen Algo-Kreaturen. Simon Hauser hat über die Jahre als aktiver Börsenteilnehmer ein krudes Interesse für diese Dinge, welche in einer perfekten Welt eigentlich keine Rolle spielen sollten entwickelt, und versucht (mit wechselndem Erfolg) zu ergründen was die Kurse wirklich treibt.

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