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14:17 Uhr, 20.02.2020

China senkt Kreditkosten, scheut aber den großen Schritt

Die chinesische Konjunktur steht nach dem Ausbruch der neuartigen Lungenkrankheit unter Druck, da ein Großteil des Wirtschaftskreislaufs ins Stocken geraten ist. Die Krise hat viele Analystenhäuser dazu veranlasst, ihre Prognosen für das Wirtschaftswachstum der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft zu senken.

Peking (Godmode-Trader.de) - Chinas Banken senkten die Benchmark-Kreditkosten für neue Unternehmens- und Haushaltskredite, nachdem Peking in diesem Monat eine Reihe von Leitzinsen gesenkt hatte, um die wirtschaftlichen Auswirkungen eines tödlichen Virusausbruchs abzuschwächen.

Chinas Notenbank teilte am Donnerstag mit, dass der Leitzins für einjährige Kredite ("Loan Prime Rate", LPR) von 4,15 auf 4,05 Prozent sinkt. Der Satz für Kredite mit einer Laufzeit von fünf Jahren wurde auf 4,75 Prozent festgelegt, nach zuvor 4,8 Prozent. Anfang des Monats senkte die Zentralbank bereits ihre Zinssätze für kurzfristige Gelder und Einjahreskredite an kommerzielle Kreditgeber.

Die chinesische Konjunktur steht nach dem Ausbruch der neuartigen Lungenkrankheit unter Druck, da ein Großteil des Wirtschaftskreislaufs ins Stocken geraten ist. Die Krise hat bereits viele Analystenhäuser dazu veranlasst, ihre Prognosen für das Wirtschaftswachstum der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft zu senken. Das Virus hat inzwischen mehr als 2.100 Menschen das Leben gekostet, Zehntausende sind infiziert.

Der Rückgang um 10 Basispunkte im einjährigen LPR-Satz entsprach den Erwartungen, während der geringere Rückgang des Fünf-Jahres-Satzes darauf hinweist, dass die Zentralbank nicht die Absicht hat, ihre Haltung zur Immobilienpolitik zu ändern, sagte Raymond Yeung, Chefökonom für China bei der Australia & New Zealand Banking Group in Hongkong der Nachrichtenagentur Bloomberg. „Wenn sich die Stimmung in den nächsten Wochen aufgrund des Rückgangs neuer Virenfälle verbessert, wird die Maßnahme das Feuer für eine Weile am Köcheln halten“, so Yeung. Eine weitere Senkung des Mindestreservesatzes für Banken sei nun noch denkbar, wenn die Wachstumsdynamik weiter nachlasse.

Die Zentralbank PBoC selbst geht nur von einem temporären Schock für die Wirtschaft aus. In einem geldpolitischen Bericht, der am Mittwoch veröffentlicht wurde, prognostizierte die People’s Bank of China, dass die Auswirkungen des Coronavirus nur „kurzlebig“ seien und in Bezug auf „Dauer und Umfang begrenzt“. Man werde weiterhin Konsum und Investitionen stützen, um die Binnennachfrage aufrechtzuerhalten, führte die Notenbank weiter aus. Allerdings betonte die PBoC auch, dass sie darauf achten werde, den Handlungsspielraum ihrer konventionellen Geldpolitik nicht einengen zu wollen. Dies würde darauf hindeuten, dass die Chancen für eine aggressive Lockerung gering sind.

Die LPRs gelten als de-facto-Finanzierungskosten nach einer Überarbeitung des Zinssystems in China im vergangenen Jahr. Der von einer Gruppe von 18 Banken beschlossene Zinssatz wird am 20. eines jeden Monats veröffentlicht. Der stetige Rückgang des LPR seit August letzten Jahres hat zu niedrigeren Kreditkosten in der Gesamtwirtschaft geführt, wobei der gewichtete Durchschnittssatz für gewöhnliche Kredite von 5,96 Prozent im September auf 5,74 Prozent im Dezember gesunken ist.

In den kommenden Monaten ist vor dem aktuellen Hintergrund vor einem weiteren Rückgang des LPRs auszugehen. Regierung und Notenbank in Peking tun offensichtlich das Nötige, um das Wachstum in geordnetem Maße zu stützen.

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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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