China: Evergrande-Krise wird zum Politikum
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Frankfurt/ New York (Godmode-Trader.de) - Die Krise um den überschuldeten chinesischen Immobilienkonzern Evergrande weitet sich aus. Am Montag stürzte der Kurs der Aktie zeitweise um mehr als elf Prozent ab und riss weitere Titel mit in den Abgrund. Der Hongkonger Leitindex HangSeng verlor mehr als vier Prozent. Auch in Deutschland waren die Turbulenzen rund um Evergrande spürbar. Der DAX schloss am Montag mit einem Minus von über zwei Prozent.
Derzeit wird am Markt spekuliert, ob die Regierung in Peking dem Niedergang von Chinas führendem Immobilienkonzern tatenlos zusehen wird oder einen ungeordneten Kollaps zu verhindern versucht. Letztlich hieße das, dass eine kommunistische Regierung einen kapitalistischen Milliardär, dem Chairman von Evergrande, Hui Ka Yan, mit retten würde. Doch ein Zahlungsausfall wäre für die Kommunistische Partei von Staatschef Xi Jinping nun mal hoch riskant: Das Vermögen des am höchsten verschuldeten Immobilienunternehmens der Welt entspricht zwei Prozent des chinesischen Bruttoinlandsprodukts. Ein Zusammenbruch würde Millionen von Hausbesitzern, Unternehmensmitarbeitern und Kleinanlegern schaden und könnte das gesamte Gefüge und die Machtbasis der Führung in Peking ins Wanken bringen.
Bislang hat sich die chinesische Regierung in Schweigen gehüllt. Die staatlichen Medien haben Evergrande kaum erwähnt, nichtsdestotrotz verkündete Hui nun, dass das Unternehmen bald aus seinen dunkelsten Stunden herauskommen werde.
Der Konzern, der mindestens 300 Mrd. US-Dollar an Schulden angehäuft haben soll, ist für die Volksrepublik von großer Bedeutung. 1.300 Immobilienprojekte entwickelt das Unternehmen landesweit, rund 200.000 Menschen sind bei Evergrande beschäftigt. Zudem geht von seinem Schicksal eine Signalwirkung für den gesamten Markt aus.
Anleihen des Unternehmens sind seit Ende Mai um 75 Prozent gefallen und rutschten heute weiter ab, nachdem die Ratingagentur S&P prognostizierte, das Unternehmen stehe kurz vor einem Zahlungsausfall. Die Kreditspezialisten erklärten, Peking würde nur dann eingreifen, wenn gleichzeitig mehrere andere große Bauunternehmen von der Krise betroffen wären.
Globale Investoren beobachten dies mit Sorge. Evergrande muss am kommenden Donnerstag rund 83,5 Mio. Dollar an Zinsen für eine fünfjährige Dollar-Anleihe begleichen, und wenn dies nicht innerhalb von 30 Tagen geschieht, kann schon diese vergleichsweise harmlose Summe als Zahlungsausfall gelten, wie Bloomberg berichtet. Im Unterschied zur US-Immobilienkrise 2008 handelt es sich bei den Verwerfungen zunächst um ein innerchinesisches Problem. Die Kreditvergabe fand innerhalb Chinas statt. "Eine signifikante Ansteckung der Banken und Unternehmen westlicher Länder ist nach bisherigem Kenntnisstand unwahrscheinlich", beruhigt Solvecon Invest.
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