Brexit: Des einen Freud, des anderen Leid
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London/ Frankfurt (Godmode-Trader.de) - Am 23. Juni 2016 hat sich Großbritannien per Referendum mehrheitlich zum Austritt aus der Europäischen Union (EU) entschieden. Da das Handelsabkommen erst zu Beginn des Jahres 2021 und somit mitten in der Coronavirus-Pandemie in Kraft trat, dürften sich die Auswirkungen auf die Realwirtschaft erst in den kommenden Quartalen in aller Deutlichkeit zeigen. Von "teething problems", Kinderkrankheiten, spricht die britische Regierung schon jetzt. Doch die sollen sich einrenke.
Schon jetzt ist offensichtlich, dass die Probleme für den Handel zwischen der Insel und dem Kontinent zunehmen werden. Wegen neuer Zollanforderungen sind Aufwand und Kosten höher, wie Ulrich Hoppe, Chef der Deutsch-Britischen Handelskammer AHK in London, der dpa sagte. „Wann Lieferketten wieder genauso reibungslos wie vor dem 31. Dezember 2020 operieren werden, ist unklar. Deswegen haben viele Unternehmen unter anderem in längerfristige Lagerkapazitäten investiert", sagte Hoppe. Das treibt die Kosten und dämpft das Wirtschaftswachstum im ersten Quartal um ein Prozentpunkt, wie Michal Stelmach von der Beratungsgesellschaft KPMG schätzt.
Die Folgen des EU-Austritts seien schädlich für die Wirtschaft, kommentierte die britische Zeitung "Independent". „Bereits jetzt haben sie zu einem Trauma in Teilen der Landwirtschaft und der Fischerei geführt und einen Verlust an Investitionen in der verarbeitenden Industrie und in der Wirtschaft insgesamt bewirkt." Um 2,5 Prozent werde das britische Bruttoinlandsprodukt wegen langfristiger Brexit-Folgen niedriger sein, schätzt KPMG-Experte Stelmach.
Die Regierung in Person von Premier Boris Johnson sieht das freilich anders. Johnson betonte zum Jahrestag diese Woche die Chancen, die der Brexit bringe. „Während wir uns von der Pandemie erholen, werden wir das wahre Potenzial unserer wiedergewonnenen Souveränität ausschöpfen und das gesamte Vereinigte Königreich enger zusammenbringen und auf ein höheres Niveau heben", erklärte er. Man werde die Freiheiten nutzen, die der Brexit bringe, um im ganzen Land Investitionen und Innovationen voranzubringen und Arbeitsplätze zu schaffen.
Der FTSE-100-Leitindex der Londoner Börse notiert inklusive Dividenden fünf Jahre nach dem Votum in Britischen Pfund berechnet rund 35 Prozent höher. Der Euro Stoxx 50 legte im selben Zeitraum allerdings jeweils um mehr als 50 Prozent zu. „Die Underperformance britischer Anlagen könnte sich trotz eines erwarteten starken Konjunkturaufschwungs weiter fortsetzen, sofern sich die ökonomischen Folgen des Brexits – wie ein schwächerer Außenhandel und Arbeitskräftemangel infolge geringeren Zuzugs aus der EU – stärker manifestieren werden“, erwartet Deutsche Bank-Kapitalmarktstratege Dirk Steffen.
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