Kommentar
08:36 Uhr, 02.02.2011

Bonds rufen den Antizykliker auf den Plan

Die jüngste Umfrage von Sentix unterstreicht den massiven Pessimismus, der derzeit unter den Anlegern für langfritige Anleihen herrscht. So schlecht war die Stimmung noch nie.

Wie die Grafik zeigt, ist die grundsätzlich pessimistische Haltung für längerfristige Anleihen nicht neu. Schon vergangenes Jahr um diese Zeit waren die Experten der Ansicht, die Zinsen müssten steigen. Für mich war es der Grund, damals auf fallemnde Zinsen zu setzen. In meiner Focus Money Kolumne wies ich Anfang April 2010 auch darauf hin. Es war exakt der Zeitpunkt an dem die US-Treasury-Bonds und auch der deutsche Bund-Future eine enorme Rallye starteten, die die langfristigen Zinsen um jeweils mehr als ein Prozent fallen ließ. Dabei will ich gerne zugeben, dass ich beim Timing Glück hatte. Zum Jahresende kam es jedoch zu enormen Verlusten an den Bondmärkten. Ich gebe zu, sie fielen deutlich größer aus als ein Rückschlag im Aufwärtstrend und daher auch deutlich stärker als ich dies erwartet habe. Vor allem Banken, die zuvor groß gekauft hatten, sollen auf der Verkäuferseite gestanden haben, so war zu lesen. Die Meinung dahinter ist einfach durchschaubar. Die Wirtschaft hat sich zuletzt wieder etwas besser entwickelt und was noch wichtiger ist, die Inflationsraten ziehen weltweit an. Insofern ist die Wahrscheinlichkeit gestiegen, dass die Notenbanken aus ihrer Tiefzinspolitik bald aussteigen. Mittlerweile wird allegmein damit gerechnet, dass die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinsen in diesem Jahr anheben wird. Desweiteren spricht aus Sicht der Bond-Pessimisten das enorme Angebot an Staatsanleihen, dass durch die Neuverschuldung der Staaten auf den Markt drängt, für weitere Verluste.

Ich halte diese Einchätzung weiterhin für falsch. Die Erholung der Wirtschaft in den alten Industrieländern wird sich im Verlauf des Jahres als nicht nachhaltig erweisen. Viel zu wenig kalkulieren die Vokswirte den negativen Wachstumseffekt der Sparpakete ein. Großbritannien lieferte mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts von 0,5 Prozent im vierten Quartal einen eindrucksvollen Beweis dafür, wie sich Sparpolitik auswirkt. Sie sorgt für ein Schrumpfen der Wirtschaft, vor allem dann, wenn die privaten Wirtschaftssubjekte ebenfalls verschuldet sind. Das wird in den anderen Ländern Europas nicht anders sein. Deutschland mag eine Ausnahme bilden, die EZB muss ihre Zinspolitzik aber an den Bedürfnissen der gesamten Eurozone orientieren oder besser gesagt am schwächsten und nicht dem stärksten Glied.

Inflation könnte bei weiter steigenden Rohstoffpreisen zwar ein Problem werden, doch die Notenbanken werden sich am Ende für die Stützung der Konjunktur entscheiden, um ein Abgleiten in eine schwere Rezession zu verhindern. Setzt sich deise Erkenntnis bei den Anlegren irgendwann durch, wird auffallen, dass die langfristigen Zinsen eigentlich viel zu hoch und nicht zu niedrig sind. Vorbild dürfte dann eher Japan sein, wo der zehnjährigen Zins bei 1,25 Prozent liegt. Vor diesem fundamentalen Hintergrund, der Tatsache, dass die Anleihen zuletzt wieder deutlich gefallen sind und der miserablen Stimmung, bietet sich ein phantastisches Chance/Risiko-Verhältnis. Selbst wenn der Konjunkturaufschwung noch länger anhält, als ich erwarte, und der Markt Leitzinserhöhungen auf zwei Prozent einpreist, sind die langfristigen Zinsen bereits angemessen hoch. Natürlich, das neue Angebot an Staatsanleihen ist und bleibt hoch, vor allem in US-Treasuries. Die Notenbanken werden jedoch nicht zulassen, dass dies zu massiven Zinssteigerungen am langen Ende führt, weil dann der konjunturelle Aufschwung und vor allem die Stabilisierung der schwächelnden Immobilienmärkte in Gefahr geriete.

Treasuries und Bund-Future Long-Positionen gehören daher wieder zu meinem Portfolio. Mehr als fünf Punkte verlieren sie von jetzt glaube ich nicht mehr. Mehr und Updates hierzu wie immer auf rissesblog.de.

Stefan Riße ist Deutschlandchef und Chefstratege von CMC Markets. Bekannt ist er durch seine jahrelange Tätigkeit als Börsenkorrespondent für den Nachrichtensender n-tv. Sein aktuelles Buch "Die Inflation kommt", erreichte Platz Eins der Handelsblatt- und Platz Zwei der Manager-Magazin-Bestsellerliste.

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