Banken leihen sich 173 Mrd. EUR bei der EZB: steigt das Misstrauen wieder?
- Lesezeichen für Artikel anlegen
- Artikel Url in die Zwischenablage kopieren
- Artikel per Mail weiterleiten
- Artikel auf X teilen
- Artikel auf WhatsApp teilen
- Ausdrucken oder als PDF speichern
Diese Frage ist deshalb so zentral, weil das Misstrauen der Banken in der Finanzkrise zu einem Zusammenbruch des Interbankenmarktes geführt hat. Über den Interbankenmarkt refinanzieren sich Geldhäuser kurzfristig. Bleibt diese Liquidität plötzlich weg, dann können Liquiditätsprobleme schnell sehr groß werden. Genau das geschah in der Finanzkrise.
Einziger Ausweg: die Notenbanken sprangen ein und ersetzten de facto den Interbankenmarkt. Wohin das geführt hat, zeigt die erste Grafik. Die EZB bietet Banken mehrere Möglichkeiten, sich bei ihr Geld zu leihen. Das geschieht vor allem über MROs (Hauptrefinanzierungsgeschäfte - Main Refinancing Operations). MROs sind kurzfristig ausgelegt. Die Dauer der Geldausleihung beträgt meist eine Woche. Banken geben dabei Gebote bei der Zentralbank ab. Sie bieten einen bestimmten Zinssatz für eine bestimmte Menge Geld. Die EZB teilt dann nach den Geboten Geldmengen zu. In der Finanzkrise wurde das Auktionsverfahren abgeschafft. Alle Banken bekamen immer die volle Zuteilung. Die absolute Menge der ausgegeben Liquidität stieg dadurch massiv an. Die Gesamtliquidität ist auf der rechten y-Achse abgebildet. Man sieht sehr schön, wie das Volumen von Jahr zu Jahr massiv anstieg - von unter 20 Billionen auf über 80. So viel Geld braucht eigentlich niemand. Banken hatten sich allerdings mit Liquidität bis unters Dach vollgesogen und gehortet (anstatt es weiterzugeben). Die Folge dieser übermäßigen Liquiditätsversorgung war ein rasanter Anstieg ein der Einlagen bei der EZB.
Die zweite Grafik zeigt den Verlauf der Übernachteinlagen. Anstatt die nicht gebrauchte Liquidität anderen Banken über den Interbankenmarkt zur Verfügung zu stellen, wurde das Geld bei der EZB geparkt. Seit Herbst 2012 ist davon allerdings nicht mehr viel geblieben. Nach Draghis Aussage, der Euro sei umumkehrbar, kehrte auch das Vertrauen wieder zurück.
Ein zweiter Indikator für zurückkehrendes Vertrauen ist das Volumen der Marginal Lending Facility. Das ist eine Notfallliquiditätsversorgung für einen Tag gewesen. Die Möglichkeit, sich für einen Tag bzw. über Nacht Geld zu leihen, gab es immer, wurde aber während der Finanzkrise vermehrt in Anspruch genommen. Das Volumen hat im Prinzip ein Normalmaß wieder erreicht.
Was ebenso auffällt, ist, dass die EZB wieder vermehrt Liquidität vom Markt nimmt. Die grünen Balken in der ersten Grafik zeigt das Volumen an, die von der EZB wieder zurückgenommen wurde. Dabei entzieht sie nicht unbedingt nach eigenem Ermessen Liquidität. Es sind Banken, die Geld zurückzahlen. Einen Großteil der außerordentlichen LTROs (Langzeitrefinanzierungen, Long Term Refinancing Operations) von insgesamt über einer Billionen EUR wurden schon wieder größtenteils zurückgezahlt. Darüber hinaus leihen sich die Banken noch immer viel Geld bei der EZB. Die wöchentlichen Ausleihungen werden allerdings nicht mehr notwendigerweise verlängert und immer mehr Geld aufgesogen. Das Geld wird auch hier vermehrt zurückgezahlt bzw. nach Rückzahlung nicht wieder neu aufgenommen. Da bei diesen wöchentlichen Auktionen schon mal 170 Mrd. ausgegeben werden können, summiert sich das Volumen schnell auf, wenn das Horten nicht weiterbetrieben wird.
Betrachtet man also die großen Trends, dann kann man nur sagen: es gibt keine Anzeichen dafür, dass sich Banken wieder vermehrt misstrauen. Im Gegenteil. Die Zeichen der Normalisierung lassen sich gar nicht ignorieren.
Clemen Schmale
Lernen, traden, gewinnen
– bei Deutschlands größtem edukativen Börsenspiel Trading Masters kannst du dein Börsenwissen spielerisch ausbauen, von professionellen Tradern lernen und ganz nebenbei zahlreiche Preise gewinnen. Stelle deine Trading-Fähigkeiten unter Beweis und sichere dir die Chance auf über 400 exklusive Gewinne!
Keine Kommentare
Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.