Kommentar
17:15 Uhr, 10.11.2011

Bald neue Rekordkurse im Gold?

Beim Goldpreis scheint es schon wieder nur noch eine Richtung zugeben, und zwar nach oben. Von 1.535 US-Dollar, dem Tiefstkurs der jüngsten Korrektur, hat sich der Feinunzenpreis wieder auf zwischenzeitlich 1.800 Dollar vorgearbeitet und notiert aktuell aufgrund des jüngsten Dollar-Anstieges gegenüber dem Euro rund 30 Dollar darunter.

Vor zweieinhalb Wochen habe ich an dieser Stelle beschrieben, dass der Goldpessimismus stark zugenommen habe und gemutmaßt, dass eine weitere Korrektur damit unwahrscheinlicher werde. Tatsächlich war diese Stimmungsverschlechterung bereits ein Kaufsignal. Die Frage ist nun, wie nachhaltig dieses bereist war, und ob der Goldpreis nun geradewegs weiter in Richtung dem alten All-Time-High bei 1921 US-Dollar steigt?

Was die Stimmungsindikatoren betrifft, hat der Optimismus mit dem jüngsten Preisanstieg wieder eindeutig zugenommen, von Verkaufssignalen kann jedoch keine Rede sein. So ist der die kurzfristig agierenden Anleger erfassende Hulbert Gold Newsletter Sentiment Index (HGNSI) zwar aus dem Minusbereich auf wieder + 27 Prozent gestiegen, gefährlicher Optimismus wäre aber erst zu vermelden, wenn Werte von über 60 Prozent erreicht würden. Ähnlich verhält es sich mit den Anlageberatern in den USA. Auch hier ist die Zuversicht gewachsen und zählt nach Werten von gut 50 Prozent wieder 67 Prozent Optimisten. Von 80 Prozent und mehr, wie wir es noch im September beim Erreichen der Höchststände beobachten konnten, sind wir jedoch weit entfernt.

Die Gold ETFs erleben in diesen Tagen starke Zuflüsse. So meldete der mit Abstand größte Gold ETF SPDR Gold Trust allein am vergangenen Montag Zuflüsse von 10,6 Tonnen, laut einem Bericht der Commerzbank. Das klingt auf den ersten Blick positiv und erklärt womöglich den Anstieg der letzten Wochen, weil die Zuflüsse automatisch physische Goldkäufe auslösen, aus stimmungstechnischer Sicht ist es jedoch eher negativ zu bewerten. Denn immer dann, wenn gewisse Asset-Klassen besonders hohe Zuflüsse erhalten, zeigt dies eine gewissen Modetrend, der per se immer vor einer Korrektur warnt. Erinnert sei in diesem Zusammenhang daran, dass der Goldpreisanstieg im Frühjahr sich vor dem Hintergrund fast permanenter Mittelabflüsse ereignete.

Doch es ist vor allem die Erfahrung der vergangenen 10 Jahren Aufwärtsbewegung im Gold, die mich die aktuelle Rallye mit Vorsicht betrachten lässt. Denn alle Konsolidierungsphasen, die sich Korrekturen von über zehn Prozent anschlossen, dauerten mindestens sechs Monate und führten nach einer Zwischenerholung zunächst immer nochmal in Richtung der alten Tiefstände. Wobei diese nicht immer unterboten wurden.

Es ist durchaus wahrscheinlich, dass viele Anleger im Goldpreisanstieg des Frühjahres gesehen haben, dass sie nicht oder nur unzureichend im Edelmetall investiert sind. Wer 95 Prozent Aktien und nur fünf Prozent Gold hatte, der konnte die Verluste auf der Aktienseite natürlich nicht ausgleichen. Außerdem wird auch für die bisherigen Goldskeptiker die Story immer „runder“. Die ungelöste Staatsschuldenkrise führt klar vor Augen, dass der Wert des Papiergeldes zunehmend erodiert. So wie ich es schon seit Jahren vorrausage. Diese Anlegergruppe nutzt womöglich jetzt den Rückschlag als dankbare Gelegenheit, nochmals billiger herein zu kommen. In der Regel ist das Timing solcher Käufer aber schlecht, so dass auch dies ins Bild einer doch eher länger andauernden Korrektur passen würde. Möglicherweise kommt diese erst im ersten Halbjahr 2012, da das erste Halbjahr zumeist schwächer verläuft, als das zweite.

Andersherum ist aber natürlich genauso denkbar, dass wir beim Gold in eine neue Phase eintreten, gerade weil immer mehr Anlegern bewusst wird, dass Gold einer der noch wenigen sicheren Häfen ist. Das mögliche Nachfragepotenzial ist dann weit größer als das verfügbare Angebot, so dass der Goldpreis die jüngste Konsolidierung womöglich schneller abschließt, als die bisherigen. Ich bleibe insofern investiert, aber was die Hebel betrifft dennoch vorsichtig. An meiner langfristig extrem optimistischen Einstellung für den Goldpreis ändert dies aber nichts.

Mehr von und über Stefan Riße erfahren Sie unter www.rissesblog.de

Stefan Riße, ist Portfolio Manager bei der Hanseatischen Portfolio Management in Hamburg. Bekannt ist er durch seine jahrelange Tätigkeit als Börsenkorrespondent für den Nachrichtensender N-TV. Sein aktuelles Buch „Die Inflation kommt“, belegte 2010 erste und zweite Plätze auf den bekannten Wirtschaftsbuch-Bestsellerlisten.

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