Kommentar
18:45 Uhr, 24.08.2015

Zweiter Ölpreisschock beginnt jetzt!

Vor ziemlich genau einem Jahr endete der erste noch relativ kleine Preisrutsch von Öl. Der zweite folgte Ende September. Dieses Jahr dürfte es zu einer Wiederholung des Preisrutsches kommen. Das hat wenig mit den aktuellen Sorgen um China zu tun, sondern ist auf saisonale Faktoren zurückzuführen.

Erwähnte Instrumente

Der Ölpreis steuert auf die schwierigste Jahreszeit zu

Für gewöhnlich fallen die Preise in der Zeit von September/Oktober bis Dezember. Grafik 1 zeigt das saisonale Muster des Ölpreises. Tendenziell steigt der Ölpreis von Februar bis August, stagniert dann und fällt den Rest des Jahres, bevor es noch im Dezember zu einer kleinen Rallye bis Januar kommen kann.

Dieses saisonale Muster gilt seit Jahrzehnten und es gilt weiterhin. Manche saisonale Muster kann man nicht einwandfrei erklären. Bei Öl ist das anders. Der Saisonalität liegt eine ganz klare Logik zugrunde.

Die Ölsaisonalität ist ein einfaches Nachfragephänomen

Die Ölnachfrage steigt von Februar bis ungefähr August und fällt dann von September bis Dezember. Besonders hoch ist die Nachfrage in den Sommermonaten. Im Sommer ist das Transportaufkommen sehr viel höher als im Winter – sei es aufgrund der Urlaubssaison oder aufgrund von Bauarbeiten, Erntesaison usw.

Die zyklische Nachfrage macht sich nicht nur im Preis bemerkbar. Der ganze Ölmarkt ist saisonal ausgerichtet. Grafik 2 zeigt die US Ölproduktion, die Ölimporte und die Menge an Öl, die von Raffinerien verarbeitet wird. Auf den ersten Blick erkennt man bereits ein deutliches saisonales Muster.

Die US Ölproduktion selbst ist größtenteils unabhängig von der Nachfrageseite

Die Importe hingegen sind ein Instrument, um Nachfrageanstiege zu befriedigen. Ebenso fallen die Importe im Winter zurück, wenn die Nachfrage geringer ist.

Das Auf und Ab der Nachfrage sieht man auch gut anhand der Raffinerietätigkeit. Grafik 3 zeigt, wie viel Öl Raffinerien verarbeiten und wie hoch ihre Auslastung ist. Derzeit steht die Auslastung bei knapp 96%. Selbst wenn die Raffineriebetreiber noch mehr Rohöl verarbeiten wollten, sehr viel mehr können sie nicht mehr aufnehmen.


Die Raffinerieauslastung und die Verarbeitungskapazität sind für den Ölmarkt extrem wichtig. Raffinerien sind letztlich die größten Abnehmer von Rohöl. Vor allem die vielen kleinen und mittelgroßen US Schieferölunternehmen, die keine eigenen Raffinerien betreiben, sind darauf angewiesen, dass sie ihr Öl an diese verkaufen können.

Raffinerien können den Ölunternehmen kaum noch mehr Öl abnehmen

Bei der hohen Auslastung bleibt nicht mehr viel Luft nach oben. Selbst wenn Raffinerien zu 100% ausgelastet würden, entspräche das lediglich 700.000 Barrel am Tag. Eine Auslastung von 100% ist unrealistisch. Raffinerien müssen ständig gewartet werden und sind anfällig für Störungen. Die Betreiber fahren aus diesem Grund die Produktion in den Monaten September bis Januar deutlich nach unten. Da die Nachfrage nach Ölprodukten wie Benzin in dieser Zeit ohnehin niedrig ist und sie keine Abnehmer für ihre Erzeugnisse finden, können die Raffinerien auch längere Zeit ausfallen und gewartet werden.

Im Durchschnitt geht die Auslastung in den Monaten September bis Januar/Februar um 6 bis 7 Prozentpunkte zurück. Das entspricht bei der derzeitigen Verarbeitung von 17 Mio. Barrel pro Tag einem Rückgang von 1 bis 1,2 Mio. Barrel pro Tag. Das ist letztlich Öl, welches zwar von den Förderunternehmen gefördert, aber von niemandem mehr nachgefragt wird. Die Abnehmer (Raffinerien) fallen in den Herbst- und Wintermonaten als Abnehmer aus.

In den USA führt das zu einem leichten Rückgang der Importe. Der Weltmarkt hätte dann ein noch höheres Überangebot als ohnehin schon. Den Ölpreisen wird das nicht helfen. Die USA reduzieren ihre Importe für gewöhnlich nicht um die gesamte Menge, die die Raffinerien weniger abnehmen. Die meisten Lieferverträge schreiben feste Mengen in festen Zeiträumen vor.


Der Überhang an Angebot führt dazu, dass sich die Lager schnell füllen

Grafik 4 zeigt den Öl- und Benzinlagerbestand der USA mit einer Prognose bis Mitte 2016. Der Lagerbestand ist genauso zyklisch wie die Nachfrage und die Raffinerieauslastung. Im Winter steigt der Lagerbestand, im Frühjahr und Sommer wird er abgebaut.

Ab Ende August bis Ende September beginnen sich die Lager wieder zu füllen. Reduzieren die USA ihre Importe nicht signifikant, dann kommt es zu der Entwicklung wie in der Prognose dargestellt. Der Lagerbestand an Rohöl würde um 130 Mio. Barrel ansteigen. Das ist in etwa so viel wie vergangenes Jahr in demselben Zeitraum. Unterstell werden stabile Importe und die Reduktion der heimischen Förderung um 150.000 Barrel pro Tag.


Auf den Ölmarkt kommen in den nächsten Wochen mehrere belastende Faktoren zu

Einerseits wird die Ölnachfrage signifikant fallen, was das Überangebot noch verschärft. Andererseits werden sich die ohnehin schon sehr vollen US Lager weiter in hohem Tempo füllen. Begrenzen die USA ihre Importe nicht deutlich oder beginnen sogar zu exportieren, dann erreichen die US Öllager auf Jahressicht ihre maximale Kapazitätsgrenze. Sind die Öllager erst einmal voll, dann müssen Förderunternehmen ihre Förderung unbedingt losschlagen. Wohin sollen sie auch mit dem Öl, wenn nicht an irgendeinen Abnehmer? Wenn Förderer Öl unbedingt verkaufen müssen, weil sie es nicht mehr lagern können, dann beginnt erst die richtige Preisschlacht.

Soweit kommt es vermutlich nicht. Dennoch werden die sinkende Nachfrage und ein Anstieg der Lagerauslastung für Druck auf die Preise sorgen. Vielleicht sieht der Ölpreis in diesem Bärenmarkt doch noch die 30 Dollarmarke von unten.

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8 Kommentare

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  • dschungelgold
    dschungelgold

    Drahi, Fed und G&S haben sich scheinbar geeinigt nun jede Menge Luftgeld in die Maerkte zu pumpen. Es geht aufwaerts....zumindest kurzfristig bis die big players den Rahm dann wohl am Freitag wieder abschoepfen. Mal gespannt wie lange dieses durchsichtige Siel noch funktioniert. Das Geld der Spaeteinsteiger, sprich Kleinanleger ist ja nun schon mal wieder in deren Taschen gelandet. Wie immer halt. Nun noch ein paar Tonnen Gold reingeworfen und alles ist gut.

    07:39 Uhr, 25.08.2015
  • JoeCash
    JoeCash

    @hupfdohle. schau mal entlang der pipelines, daher kommen die flüchtlinge. würden sie mich so ausbeuten wäre ich ein wirtschaftsasylant. woher die braune brühe kommt ist doch wurscht.

    aber es wird braun, ekelig. tschüss demokratie...

    01:38 Uhr, 25.08.2015
  • JoeCash
    JoeCash

    Öl im Winter transportieren, zu verarbeiten kostet sehr viel davon (Öl). weil kalt und dickflüssig. fast alles Rohöl wird zunächt gekocht; geht besser im sommer. fertigprodukte in die kaverne und in winter wird geheizt. 35,- Brent mach ich mal long. und wann kommt der preis an der tanke an? 1,12diesel 1,37E95, ?

    01:12 Uhr, 25.08.2015
    1 Antwort anzeigen
  • nordlighter
    nordlighter

    Vor Jahren (min.5) hat Andre Tiedje einmal völlig abstruses mögliches Kursziel für WTI von um die 10 Dollar aus seinen Wellen abgeleitet und sich getraut, das sogar auf der Invest in S kundzutun. Wie die Reaktionen darauf aussahen, kann man sich vorstellen. So langsam komme ich ins grübeln... Kann sich noch jemand erinnern?

    22:19 Uhr, 24.08.2015
    1 Antwort anzeigen
  • MDADVISORY
    MDADVISORY

    Ich sehe ab 36 eher einen Boden (WTI) - gucken wir mal. Wenn die OPEC nicht bald reagiert, schießen sich die Saudis noch ein Eigentor.

    19:06 Uhr, 24.08.2015
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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