Fundamentale Nachricht
14:36 Uhr, 29.09.2020

Wirtschaftlicher Wiederaufschwung in Sicht

Sébastien Galy, Senior-Makrostratege bei Nordea Asset Management, gibt einen Ausblick für das vierte Quartal dieses Jahres und erläutert, worauf sich Investoren einstellen sollten.

Für das vierte Quartal erwarten wir eine anhaltende Rallye bei risikoreichen Anlagen, da die Anleger bei Kursrückgängen weiterhin selektiv zukaufen. Getrieben wird diese Entwicklung zum einen von der Erwartung eines wirtschaftlichen Aufschwungs, insbesondere in China, und zum anderen von der anhaltenden Dynamik des ESG-Themas. Daher konzentrieren wir uns auf chinesische Aktien, Schwellenländeranleihen – zusammen mit ihren Devisen-Carry-Trades – und neue zukunftsweisende Technologien, die von niedrigen Zinsen profitieren.

Konsolidierung in den nächsten zwei Monaten erwartet

Um mit Perioden von Marktübertreibungen umgehen zu können und die Asset-Allokation zu diversifizieren, halten wir es für sinnvoll, flexible Lösungen zu entwickeln, die auf verschiedene Risikoprämien zurückgreifen können. Wir erwarten eine vorhersehbare Konsolidierung in den nächsten zwei Monaten. Zugleich sollten wir bis Ende 2021 eine gute Performance von Risikoanlagen sehen, die durch reichlich überschüssige Liquidität gestützt werden. Einige Anlagestile, wie z. B. Growth, sollten sich weiterhin stark von der Realität abkoppeln und generell eine Zunahme der Streuung der Erträge verzeichnen. In solchen Zeiten kann die Analyse von Trends, Sektoren und Einzeltiteln einen wesentlichen Vorteil bringen.

China gibt positiven Impuls für den asiatisch-pazifischen Raum

Die South China Morning Post berichtete kürzlich über Kommentare von Regierungsbeamten, dass Wirtschaftswissenschaftler ihre Wachstumsprognosen für China nach oben korrigieren und die Chancen gut stehen, dass die chinesische Wirtschaft sich schneller entwickelt als offizielle Daten vermuten lassen. Die Haushalte kehren zunehmend wieder zu ihrem normalen Konsumtempo zurück, während die globale Exportnachfrage für stetigen Rückenwind sorgen dürfte.

Wir halten an unserer optimistischen Haltung zu China fest, wobei sich dieser positive Impuls langsam auf den übrigen asiatisch-pazifischen Raum ausbreitet. Wir richten unseren Fokus weiterhin insbesondere auf den innovativen IT-Sektor und eine aufstrebende Mittelschicht. Investitionsströme in den asiatisch-pazifischen Raum und die Schwellenländer sollten die dortigen Währungen stützen. Allerdings dürften Maßnahmen, die dazu dienen, ihre Aufwertung teilweise einzudämmen, den Euro gegenüber dem Dollar begünstigen. Denn die Währungsreserven diversifizieren sich zunehmend und lösen sich vom US-Dollar. Daher bleiben wir in Bezug auf Schwellenländeranleihen selektiv positiv. Die Analyse ist insbesondere bei Schwellenländern von größter Bedeutung. Zum Beispiel bietet der Renminbi ein sehr solides risikobereinigtes Carry.

Was bedeutet das?

Einige haben dies als die „Alles-kaufen-Rallye“ bezeichnet, aber das ist eine übertriebene Einschätzung der Marktstimmung. Was wir sehen, ist eine Bandbreite an Themen: 1) Wachstum/IT, 2) Qualität, 3) China, 4) Credit, 5) ESG – gefolgt von einer breiteren Nachfrage nach Risikoanlagen. Die Frage ist, ob wir Stabilität sehen werden. Wir erwarten zumindest ein gewisses Maß an Stabilität – verglichen mit der üblichen Rotation, die wir alle paar Monate erleben.

Das Thema ESG wird immer wichtiger

Heftige Brände und ein roter Himmel über San Francisco unterstreichen einmal mehr die Bedeutung von ESG. Jahrzehntelang hat eine effiziente Kapitalallokation den Markt angetrieben. Dies ist größtenteils immer noch der Fall. Doch das Thema ESG steht längst nicht mehr bei einigen wenigen progressiven Träumern im Mittelpunkt. ESG spielt eine zunehmend wichtige Rolle bei der effizienten Allokation von Kapital. Da immer mehr Investoren bei ihrer Vermögensallokation mit hoher Priorität auf ESG-Aspekte achten, erweisen sich ressourceneffiziente Lösungen zunehmend als Vorteil und Energieerzeuger werden dazu animiert, sich weiter zu diversifizieren.

Was bedeutet das?

Die Integration von ESG-Ansätzen wird in der Branche immer mehr zur Norm und dürfte sich künftig auf die meisten Anlageklassen erstrecken. Es gibt auch eine Verlagerung hin zu stärker ESG-wirkungsorientierten Investitionen mit messbaren Leistungsindikatoren (Key Performance Indicators, kurz: KPIs). Diese Entwicklung hat bereits begonnen. Asset Manager machen sich zunehmend Gedanken über alle Faktoren, die für die Anlagen der Kunden von Bedeutung sind, einschließlich derjenigen, die nicht finanzieller Natur sind, und zwar ESG-Faktoren. Wir erwarten, dass das Thema ESG in den USA und in Europa mehr Bedeutung erlangen wird.

Überschüssige Liquidität und eine wirtschaftliche Erholung sollten Carry-Trades zugutekommen

Überschüssige Liquidität, definiert als negative Realzinsen, und ein Geldmengenwachstum beziehungsweise Bilanzwachstum, das über das BIP-Wachstum hinausgeht, gelten seit langem als Frühindikatoren für Wirtschaftswachstum und Risikoanlagen. Die Realität ist jedoch komplexer. Die Ankündigung einer sehr expansiven Geldpolitik mag den Markt zunächst überrascht haben. Aber der Markt lernt, dies zu antizipieren, so wie es während der verschiedenen Phasen des quantitativen Lockerungsprogramms der US-Notenbank Federal Reserve der Fall war. Dennoch wurde der Markt dieses Mal von der Geschwindigkeit der wirtschaftlichen Erholung überrascht. Bei einem so starken monetären Impuls, der durch die US-amerikanische und europäische Wirtschaft strömt, stehen die Chancen gut, dass der Markt im vierten Quartal 2020 und im Jahr 2021 erneut positiv überrascht wird.

Was bedeutet das?

Wir werden wahrscheinlich in einem Markt bleiben, der von Zukäufen bei Kursrückgängen charakterisiert ist („Buy the Dip“) – und zwar bis die Inflation in den Vereinigten Staaten voraussichtlich wieder leicht über dem Zielwert liegen wird (z.B. 3 % im Jahr 2022/2023). Das Risiko eines solchen Szenarios macht es sinnvoll, bestimmte Absicherungen beizubehalten.

Fazit: In Phasen von Kursrückgängen kaufen, aber flexibel bleiben

Die aggressive Lockerungspolitik der Federal Reserve und der EZB dürfte dazu beitragen, dass sich das Wachstum schneller als derzeit erwartet erholt. Die Tatsache, dass Zentralbanken eingreifen werden, wenn die Märkte einbrechen, verstärkt auch die Einstellung, bei Kursrückgängen stetig zu kaufen. Unser Hauptaugenmerk liegt vor allem auf dem von China angetriebenen wirtschaftlichen Aufschwung und der Dynamik im Bereich ESG.

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