Kommentar
10:45 Uhr, 17.02.2020

Wieso kann der Euro nicht wie der Dollar funktionieren?

Den Euro gibt es nun seit 20 Jahren. In den Anfängen war die Welt skeptisch. Der Euro verlor gegenüber vielen Währungen an Wert. Notenbanken intervenierten sogar, um den Wert nicht weiter absacken zu lassen. 20 Jahre später ist davon keine Rede mehr.

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Negative Zinsen und QE-Programme werden benötigt, damit der Euro nicht aufwertet.Trotzdem funktioniert der Euro nicht. Kaum etwas bringt es so auf den Punkt wie die Target2 Salden. Das Ungleichgewicht war praktisch nie höher als jetzt. Von einem ausgeglichenen System wie vor 2008 ist nichts mehr geblieben. Vor allem Deutschland hat einen positiven Saldo. Vordergründig macht sich da kaum jemand Sorgen. Mit Euro kann man überall auf der Welt zahlen und der Wechselkurs ist relativ stabil. Die Probleme sind nicht sofort sichtbar. Vielmehr türmen sich die Probleme in Form der Target2-Salden hinter den Kulissen auf. Das ist der wesentlichste Unterschied zwischen dem Euro und dem Dollar. Auch in den USA gibt es ein System von regionalen Notenbanken. Im Gegensatz zur Eurozone funktioniert dort aber der Ausgleich. Das Äquivalent zu den Target2 Salden in der Eurozone sind in den USA die ISA (Interdistrict Settlement Account) Salden.

Grafik 2 zeigt die Entwicklung dieser Salden. Jede der 12 regionalen Notenbanken hat ein solches Konto und über die Zeit verändern sich die Salden erheblich. Vor der Finanzkrise waren sie ähnlich wie in der Eurozone ausgeglichen. Danach kam es zu großen Verschiebungen.


Der Hauptgrund dafür waren die QE-Programme. Diese wurden bzw. werden von der Notenbank von New York umgesetzt. Die Anleihen landen zunächst in der Bilanz der New Yorker Notenbank. Im Gegensatz zur Eurozone findet nun aber ein Ausgleich statt. New York kauft die Anleihen, allerdings bleiben sie dort nicht permanent in der Bilanz.

Stattdessen werden die Anleihen auf die regionalen Notenbanken verteilt. Dies geschieht zunächst über die ISA Konten. Die regionalen Notenbanken kaufen der New Yorker Notenbank quasi die Anleihen ab. Dies erscheint als positiver Saldo auf dem ISA Konto der New Yorker Notenbank und als negativer Betrag bei den übrigen Notenbanken.

Diese Salden sind vergleichbar mit den Target2 Salden. Einmal pro Jahr passiert in den USA aber etwas, was in der Eurozone nicht geschieht. Die Salden werden ausgeglichen. Es werden effektiv Vermögenswerte transferiert. Im Fall der USA sind das z.B. die Anleihen, die über das QE Programm erworben wurden.

In der Eurozone ist das nicht der Fall. Die Salden können unbegrenzt ansteigen. Durch den Ausgleich in den USA steigen die Salden trotz QE über die Zeit nicht an. Um das Ungleichgewicht in der Eurozone zu beheben, müsste ein solcher Ausgleich auch hierzulande stattfinden.

So einfach ist die Sache leider nicht. Italien hat einen negativen Saldo. Gleichzeitig hält die italienische Notenbank Staatsanleihen. Diese müssten z.B. an die Bundesbank zum Ausgleich transferiert werden. Dadurch ergeben sich aber gleich zwei Probleme.

Das erste Problem ist der Wert der Anleihen. Es hilft wenig, wenn die Bundesbank italienische Assets hat, diese im Fall eines Staatsbankrotts aber wertlos sind. Es braucht einen Ausgleich über Vermögenswerte, die tatsächlich sicher sind und einen Staatsbankrott und Euroaustritt überstehen.

Das zweite Problem hat Italien. Wenn die Notenbank Assets transferiert, schrumpft die Bilanzsumme. Wenn die Vermögensseite der Bilanz kleiner wird, müssen auch die Verbindlichkeiten schrumpfen. Verbindlichkeiten sind vor allem Reserven der Banken. Ein Übertrag von Vermögenswerten würde dazu führen, dass dem italienischen Finanzsystem vorne und hinten Liquidität fehlen würde. Es käme zum Zusammenbruch.

Eine Anwendung des US-Prinzips des Ausgleichs ist nur möglich, wenn es Gemeinschaftsanleihen geben würde. Gäbe es Euroanleihen, für die alle gemeinschaftlich haften, entspräche dies der Qualität von US-Anleihen, die unter den regionalen Notenbanken zum Ausgleich verteilt werden.

Gäbe es diese Anleihen, wäre es wahrscheinlich auch nie zu den Ungleichgewichten gekommen. Es gibt dann aber ein anderes Problem. Ein solider Staatshaushalt wird nicht belohnt. Alle haben einen Anreiz, möglichst schnell hohe Schulden zu machen, bevor es die anderen tun und die gemeinschaftliche Bonität gefährden.

Kurz gesagt: der Euro wird hinter den Kulissen auch in Zukunft nicht funktionieren. Kann er auch gar nicht.

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2 Kommentare

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  • Dr. Kurt Weinknecht
    Dr. Kurt Weinknecht

    Euroanleihen, für die alle gemeinschaftlich haften werden natürlich auch von den Österreichern abgelehnt. Wer ist den so dumm die Schulden anderer zu übernehmen.

    Der EURO ist krankhaft und wird leidvoll verschwinden !

    10:04 Uhr, 18.03.2020
  • Rente
    Rente

    Hi Herr Schmale, würde es nicht ausreichen, wenn Deutsche Urlauber am letzten Tag des Italienurlaubes Geld am Automaten abheben und mit diesem Bargeld nach Hause fahren. Da macht der Urlaub dann doch noch mehr Sinn. Beste Grüsse

    16:37 Uhr, 17.02.2020

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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