Kommentar
13:50 Uhr, 14.06.2022

Wie tief können Aktien fallen, wenn die Inflation komplett eingepreist wird?

Bisher hatten Anleger die Hoffnung, dass der Inflationsschock bereits hinter uns liegt. Nun wurden wir eines Besseren belehrt. Wie tief kann der Markt fallen?

Erwähnte Instrumente

  • S&P 500
    ISIN: US78378X1072Kopiert
    Kursstand: 3.749,63 Pkt (S&P) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • S&P 500 - WKN: A0AET0 - ISIN: US78378X1072 - Kurs: 3.749,63 Pkt (S&P)
Der Markt korrigiert zwar bereits seit Jahresbeginn und die Korrektur mag schmerzhaft erscheinen, doch eines ist bisher nicht geschehen. Der Markt ist fair bewertet, wenn man das Zinsniveau betrachtet. Er ist jedoch nicht fair bewertet, wenn man das Inflationsniveau berücksichtigt. Seit Beginn des Inflationsanstiegs weigern sich Anleger, Inflation vollständig einzupreisen (Grafik 1, rote Punkte). Das KGV ist, gemessen an der Inflation, viel zu hoch. Dank der laufenden Korrektur hat sich die Lage etwas entschärft. Trotzdem ist die Lage noch brenzlig. Selbst nach der bisherigen Korrektur befindet sich die Bewertung weit außerhalb dessen, was historisch seit dem Zweiten Weltkrieg zu beobachten war. Daran hat auch der starke Abverkauf am Freitag und Montag wenig geändert.

Angesichts der langen Historie wissen wir, wie der Markt ungefähr bewertet sein sollte. Bleibt die Inflation nun dort, wo sie ist, hat der Markt ein großes Problem.

Die Bewertung sollte nicht bei einem Langfrist-KGV von 30 liegen, sondern bei 15 (Grafik 2). Beim S&P 500 entspricht dies einem Punktestand von 2.000, also einem weiteren Rückgang von nahezu 50 %.


Inflation wird jedoch nicht über Nacht eingepreist. Der Prozess hat begonnen und während sich der Prozess fortsetzt, wird die Inflationsrate mit hoher Wahrscheinlichkeit auch wieder zurückgehen.

Im besten Fall sinkt die Inflationsrate auf ca. 4 %. In diesem Fall ist ein KGV im Bereich von 22-25 angemessen.

Anstatt eines Rückgangs der Kurse um 50 %, müssten sie in diesem Fall „nur“ noch um 15 % zurückgehen. Ein Punktestand von 3.250 am Ende der Korrektur dürfte für viele jedoch nur ein geringer Trost sein.

Die Gegenüberstellung von Bewertung und Inflation zeigt, wohin die Reise gehen kann. Sie beantwortet aber nicht die Frage, wieso es überhaupt zu der Bewertungskorrektur kommen soll. Inflation senkt ja nicht unbedingt die Gewinne der Unternehmen systematisch. Steigen die Preise, steigen auch Umsatz und Gewinn. Das mag nicht für jedes einzelne Unternehmen gelten, aber für viele.

Inflation per se ist nicht das Problem. Das Problem ist die Reaktion der Geldpolitik darauf. Höhere Inflation bedingt höhere Zinsen. Höhere Zinsen wiederum führen zu einer geringeren Bewertung, sei es, weil es Alternativen zu Aktien gibt (Anleihen) oder die abgezinsten zukünftigen Cashflows geringer ausfallen.

Höhere Zinsen entziehen dem Markt Liquidität. Auch das bedeutet Gegenwind, ebenso wie der dämpfende Effekt von Zinsen auf das Wirtschaftswachstum. Eine Rezession wird von immer mehr Ökonomen nun für möglich gehalten. In diesem Fall sinken die Unternehmensgewinne. Sinkende Gewinne haben den Kursen noch nie geholfen.

So oder so, das Einpreisen der höheren Inflation ist in Gange. Der Trend ist noch nicht beendet. Die Lage entwickelt sich jedoch sehr dynamisch. Anleger müssen bereit sein, ihre Meinung schnell zu ändern. Vorerst aber gilt, dass die Daten für eine Korrekturfortsetzung sprechen. Einzelne, positive Handelstage, wie es sich Dienstagfrüh andeutet, geben Anlegern Hoffnung auf ein Ende des Trends und führen in Versuchung, zu kaufen. Mit sehr großer Wahrscheinlichkeit ist es dafür noch zu früh.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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