Kommentar
07:26 Uhr, 17.08.2015

Wie gefährlich ist das Death Cross?

Das Gespenst der Korrektur an den Aktienmärkten geht weiter um. In diesem Zusammenhang war häufig die Rede vom Death Cross. Allein der Name spricht schon Bände.

Erwähnte Instrumente

Das Death Cross ist einfach wie brillant. Von einem Death Cross wird gesprochen, wenn die kurzfristige Tageslinie (im Normalfall 50-Tageslinie) die langfristige (200-Tageslinie) von oben nach unten durchschneidet (Im GodmodeTrader.de Wissensbereich erhalten weitere Informationen zur Berechnung und Aussagekraft gleitender Durchschnitte). Diese Woche war es soweit und Analysten sind in heller Aufruhe. Selten gehen so viele ähnliche Einschätzungen durch die Medien. Es besteht große Einigkeit darüber, dass das Death Cross seinem Namen gerecht wird.

Dow Jones Death Cross
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Den Namen trägt das Death Cross wirklich nicht umsonst. Kommt das Signal zustande, dann kann man sich auf Kursverluste einstellen - so die Theorie zumindest. Diese Theorie wird kaum angezweifelt. Mir persönlich ist das suspekt, denn häufig führen Standardsignale, die jedem bekannt sind, nicht unbedingt zu guten Ergebnissen. So werden z.B. nach jedem Hindenburg Omen zahllose Warnungen ausgesprochen. Dem Hindenburg Omen wird nachgesagt fallende Kurse vorherzusagen. Tatsächlich fällt der Markt nur in einem Viertel der Fälle nach dem Omen.

Als unumstößlich geltende Weisheiten sollte man als Anleger regelmäßig hinterfragen. Oftmals gibt es in der Historie eines Indikators oder Signals wenige Präzedenzfälle, bei denen sie gut funktioniert haben. Diese Fälle machen Signale berühmt und jeder erkennt sie als gültig an. Die statistische Signifikanz ist dabei vollkommen nebensächlich.

Death Cross und Golden Cross

Um Eines gleich vorweg zu nehmen: das Death Cross ist ein Signal dem eine gewisse Signifikanz zugesprochen werden kann. Während das Hindenburg Omen nur jedes vierte Mal funktioniert, ist das Death Cross deutlich zuverlässiger. In zwei Drittel der Fälle liefert es ein gutes Signal. Unter einem guten Signal verstehe ich einen Rückgang der Kurse um mehr als 5% nachdem das Signal aufgetreten ist. Wer beim Death Cross Signal verkauft, der hat rein statistisch gesehen eine ganz gute Chance die richtige Entscheidung zu treffen. Die Chance, die richtige Entscheidung zu treffen, wenn man das Signal befolgt, liegt bei zwei Drittel.

Das Verkaufssignal ist nur eine Seite der Medaille. Es ist ja schön und gut, wenn man als Anleger weiß, wann man verkaufen soll, aber ebenso wichtig ist es zu wissen, wann man wieder kaufen darf. Dafür gibt es das Golden Cross. Hier durchschneidet die 50-Tageslinie die 200-Tageslinie von unten nach oben. Damit haben Anleger eine klare Empfehlung, wann sie verkaufen und kaufen können.

Die einfachen Regeln funktionieren in der Praxis sehr gut. Wendet man die Regel strikt an, dann ist die Performance der Strategie positiv. Man kann dabei allerdings auch viel Geld auf der Straße liegen lassen. Wieso das so ist zeigen Grafiken 1 und 2. Grafik 1 zeigt die Performance des Dow Jones nach einem Verkaufssignal (Death Cross) bis zum nächsten Kaufsignal (Golden Cross). Grafik 2 zeigt den umgekehrten Fall. Hier ist die Performance vom Kaufsignal (Goldne Cross) bis hin zum Verkaufssignal (Death Cross) dargestellt.

In beiden Grafiken ist zu sehen, dass der Dow Jones oftmals eine positive Performance vom Verkaufs- bis hin zum nächsten Kaufsignal generiert. In 70% der Fälle steigt der Index zwischen dem Verkaufs- und dem nächsten Kaufsignal. Verkauft man also beim Death Cross Signal und kauft erst wieder beim nächsten Golden Cross, dann kauft man in 70% der Fälle zu einem höheren Kurs.

Im umgekehrten Fall - also nach einem Kaufsignal - steigen die Kurse bis zum nächsten Verkaufssignal immerhin in 56% der Fälle. Das ist eine höhere Treffsicherheit, aber nicht wesentlich besser als ein Münzwurf.

Die zuletzt genannten Wahrscheinlichkeiten sind nicht wirklich berauschend. Ganz intuitiv kommt einem der Gedanke, dass die Strategie (Verkauf bei Death Cross und Wiedereinstieg beim Golden Cross) den Praxistest vielleicht nicht übersteht. Ganz so schlimm ist es nicht. Das zeigt Grafik 3. Hier ist der Dow Jones seit 1900 dargestellt. Kauft man einfach den Index und lässt ihn im Depot, dann ist das letztlich eine Buy and Hold Strategie. Wendet man die aktive Strategie an, dann ist die Performance langfristig besser. Die Performance dieser Strategie ist seit 1900 um insgesamt 94% besser als die der Buy and Hold Strategie. Fast 100% mehr, das ist schon etwas!

Die Sache hat allerdings einen großen Haken. Die Outperformance der aktiven Strategie lässt sich auf zwei Bärenmärkte zurückführen. Ganz besonders positiv wirkte sich der Crash von 1929 aus. Hier wurden Anleger bei Befolgen des Verkaufssignal vor dem Crash bewahrt. Die aktive Strategie führte daher bis zum Jahr 1933 zu einer Outperformance von 315%. Diese Outperformance baute sich bis in die 60er Jahre auf 180% ab. Mit mehreren Bärenmarkten in den 70er Jahren stieg die Outperformance wieder auf 310% und fällt seit dem tendenziell zurück. Heute sind aus 310% Outperformance nur noch 94% übrig. Mit anderen Worten: seit Ende der 70er Jahre führt die Strategie zu einer Underperformance. Daran hat auch der Crash zur Jahrtausendwende und 2007 nichts geändert.
Wer das Death Cross als Ausstiegssignal verwendet, der muss sich sehr viele und gute Gedanken über den Wiedereinstieg machen.

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22 Kommentare

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  • Andreas Hoose
    Andreas Hoose

    Interessanter Artikel. Leider ist zu befüchten, dass solche Analysen künftig einen sehr eingeschränkten Nutzen haben werden. Wir haben mittlerweile einen Faktor in den Märkten, der alles vollkommen verzerrt und die Erfahrungen von Jahrzehnten auf den Kopf stellt:

    Die Manipulationen und Markteingriffe der Notenbanken rund um den Erdball sorgen dafür, dass die Zuverlässigkeit charttechnischer Signale immer weiter sinkt.

    Ich befürchte, die zahlreichen Trendfolger werden das als Erste zu spüren bekommen. Nach dem X-ten Fehlsignal ist dann eben mal Ende mit dem verfügbaren Kapital...

    14:29 Uhr, 17.08.2015
    1 Antwort anzeigen
  • Cristian Struy
    Cristian Struy

    habe mir gestern auch mal die do charts nach solchen Ereignissen angeschaut. klar gibts fakes beim cross, aber: Festzustellen bleibt, dass man derzeit sehr auf der Hut sein muss. die rounding top formation kann nach einem zumindest von mir erwarteten und gehandelten kurzfristigen Hochlauf tatsächlich an BB Mitte oder 50 % der 18000er Abrisskerze also ca 17750 abprallen und nach unten aufgelöst werden. Auch die gesamtkonjunkturellen Daten inkl Alcoa und dies bedingenden Chinaimpact etc. sehen echt nicht gut aus. Auch, dass wir drei große longbwegungen seit 2009 hinter uns haben, muss vorsichtig stimmen und SLs in longposis nachziehen lassen.

    Genauso gut kanns aber nach oben aufgelöst werden und auf zu neuen Hochs. Clemens hat vollkommen Recht. Man muss sich falls man mit dem Absturz falsch einschätzt, sehr gute Gedanken machen, wie man dann wieder reinkommt. Da das death cross dem Kurs sehr nachlaufend ist, sind die kurse für shorteinstiege schon weit weggelaufen und ich werde da Rückläufe zu oberen short-Einstiegen abwarten.

    Ich finde, bei Trendbrüche und entsprechende Rückeroberungsversuche als frühe ES (bzw RL abwarten), wesentlich besser als Einstiegspunkte mit besserem CRV als das cross abwarten (ausser bei long, nach einer massiven Abwärtsbewegung) für short/long geeignet. war ich ja auch schon einige male:-)

    scrollt man den obigen live chart mal zusammen bis 2003, so dass man den Gesamtverlauf auf dem Schirm hat, sieht man, jedoch schön, dass die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass es ein echtes death cross werden kann.

    Ablauf:

    1.Absturz nach letzten death cross (rotes rechteck)

    2.golden cross (grüne horizontalpfeile)

    3. die ersten deathcrossès nach dem Ausbruch aus dem alten WS werden nach oben aufgelöst, (erst Test Ausbruch seitwärtsbewegung, dann 2-3 mal fake crosses (false))

    und dann anschließende trend-fake dips (grüne vertikalpfeile)

    4. dabei aufwärts zu +ca 60% auf die letzte großen Abwärtsbewegung (grünes rechteck)

    4. Am ende der fake dips ein top mit echtem death cross

    Schaut man sich das nächste große grüne Rechteck an, so scheint die Bewegung noch nicht am Ende. Eigentlich ist Potential bis min 20000, eigentlich 22000 da. Das Cross selbst und die Anzahl der vorangegangenen fake dips schauen aber so aus, als wenn wir nur noch einen RL bekommen und dann down.

    ist nur so ne Theorie:-) aber zeitlich und anzeichenmäßig passt vieles.

    Also heisst es den dow long drin lassen, teilmitnehmen, falls das Potential noch ausgeschöpft wird, aber bei RLs shortposis testen. Für Aktienengagements stopps nachziehen.

    So sieht es in meiner Denkwelt aus.

    12:25 Uhr, 17.08.2015
    1 Antwort anzeigen
  • Vito Corleone
    Vito Corleone

    "Eigen-Zitat" (am So. schon bei R.G. geschrieben):

    "Death Cross" im DowJones (man liest es wieder vermehrt) - NA UND ?!
    Hier wird mal wieder Ursache und Wirkung verwechselt.
    Logischerweise (mathematisch) tritt nach Wechsel Bull-Markt zu
    Bear-Markt zwangsweise irgendwann ein DC auf.
    Das Auftreten eines DC zieht aber keineswegs den Wechsel Bull-
    zu Bear-Markt nach sich (siehe 2011: +50% oder 2010: +25% nach DC)

    11:18 Uhr, 17.08.2015
    1 Antwort anzeigen
  • sewiet13
    sewiet13

    Wissen sie etwas, was wir nicht wissen? Wenn das Death cross keine Bedeutung hat, was dann an Signalen überhaupt? Welchen Sinn haben noch KGV, MACD? Denen fliesst doch zu viel Bedeutung zu, nicht wahr?

    10:23 Uhr, 17.08.2015
    1 Antwort anzeigen
  • Rene Berteit
    Rene Berteit Dein Trading-Coach

    @Clemens: spannender Artikel. Danke. Habe diese gleich genutzt, um die Taktik auch einmal auf den DAX Index anzuwenden. Nachzulesen auf meinem Guidants Desktop:

    Hier geht´s zum Desktop

    08:24 Uhr, 17.08.2015

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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