Kommentar
16:42 Uhr, 10.01.2011

Welt: Was kommt nach der globalen Delle?

  • Der OECD Composite Leading Indicator ist im November zum zweiten Mal in Folge um 0,1 % gegenüber dem Vormonat gestiegen. Der Frühindikator für die Weltwirtschaft stieg zum vierten Mal in Folge gegenüber dem Vormonat an. Der Zuwachs ist mit 0,4 % mom aber weiterhin unterdurchschnittlich.
  • Zum zweiten Mal in Folge nahm der Frühindikator der Schwellenländer mit 0,8 % mom überdurchschnittlich kräftig zu. Nicht alle Länder haben sich von ihrer Wachstumsdelle bereits verabschieden können. Getragen wird die zunehmende globale Wachstumsdynamik vor allem von den drei großen Schellenländern China, Indien und Russland.
  • Die globale Wachstumsdelle ist vorbei. Dafür tauchen nun insbesondere im Kreis der Schwellenländer vereinzelt Inflationssorgen auf. Mit unterschiedlich großen Anstrengungen wird bei den Industrieländern gegen die oftmals exorbitant hohe Staatsverschuldung vorgegangen.

1. Die Weltwirtschaft hat aus der zwischenzeitlichen Delle herausgefunden. Aufgrund von Aufwärtsrevisionen ist der OECD Composite Leading Indicator im November bereits zum zweiten Mal in Folge gegenüber dem Vormonat angestiegen. Zwar sind die Zuwächse mit jeweils 0,1 % denkbar knapp, sie stellen dennoch eine positive Überraschung für uns dar (DekaBank-Prognose: Stagnation). Die Jahresveränderungsrate des Frühindikators verringerte sich im November von 2,0 % auf 1,3 %1. Die von uns erwartete Stagnation hätte zu einem Absinken der Jahresveränderungsrate auf 0,9 % geführt.

2. Einmal mehr hat sich der von uns für die Weltwirtschaft berechnete Frühindikator besser als derjenige der OECD-Länder entwickeln können. Der Indikator für die Weltwirtschaft stieg im November um 0,4 % gegenüber dem Vormonat an. Dieser Zuwachs war zwar der stärkste seit März 2010, er liegt aber noch knapp unterhalb des Durchschnittszuwachses in Phasen konjunktureller Aufschwünge. Die Jahresveränderungsrate sank auch für diesen Indikator und zwar von 4,2 % auf 3,7 %, wenngleich hierfür Basiseffekte aus dem Vorjahr verantwortlich gewesen sind. Überdurchschnittlich stark ist zum zweiten Mal in Folge die Entwicklung der Frühindikatoren für die Schwellenländer gewesen. Der Indikator dieser Länder nahm im November wie im Monat zuvor um 0,8 % gegenüber dem Vormonat zu. Der Durchschnitt liegt hier in Phasen konjunktureller Aufschwünge bei 0,7 %.

3. Die Länderaufteilung in unserem Quadranten-Schema (siehe Anhang) zeigt, dass nicht alle Länder vom Ende der globalen Wachstumsdelle profitieren können. Es sind weiterhin besonders Länder aus der Region Westeuropa, die im Quadranten "labil" gelandet sind. Wie im Vormonat tauchen die global gewichtigen Länder China, Russland und Indien ganz oben in der Wachstumsliga auf. Eine langsam zunehmende Wachstumsbeschleunigung deutet der Frühindikator für das Schwergewicht USA an. Weiterhin überraschend gut entwickelt sich der Frühindikator für Irland. Hier zeigt sich aber eine Schwäche der Frühindikatoren: Diese
sollen idealtypisch die zukünftige Entwicklung der Industrieproduktion abgreifen. In den meisten Ländern lässt sich hierdurch auch auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung schließen. Aufgrund des hohen Anteils der Finanzbranche wäre dieser Rückschluss im Falle der irischen Volkswirtschaft gewagt. Durchaus erfreulich ist der Anstieg des japanischen Frühindikators, denn zurzeit bereitet die Entwicklung der japanischen Volkswirtschaft nicht viel Freude. Ein weiteres Mal gesunken ist der Frühindikator für die deutsche Volkswirtschaft. Der Rückgang um 0,1 % gegenüber dem Vormonat ist allerdings sehr gering.

4. Was kommt nach der globalen Wachstumsdelle? Mehrere Länder, insbesondere aus dem Bereich der Schwellenländer, sind im Konjunkturzyklus weiter als beispielsweise die deutsche Volkswirtschaft oder die der Vereinigten Staaten. Höhere Auslastungsgrade insbesondere auch am Arbeitsmarkt nähren in diesen Ländern Inflationssorgen. Konnten zu Beginn des globalen Aufschwungs die Notenbanken dem starken Wachstum noch gelassen gegenüber stehen, müssen sie nun oftmals die Zügel straffen, um keine Überhitzung zu riskieren. Bereits dies hat zur Folge, dass die Weltwirtschaft nicht erneut an die sehr hohen Wachstumsraten vom Winterhalbjahr 2009/10 wird anknüpfen können. Ein zweites globales Thema ist die in mehreren Ländern sehr hohe Staatsverschuldung. Diese kann sich in Form von Haushaltskonsolidierungen dämpfend auf die wirtschaftliche Aktivität niederschlagen. Eigentlich unrühmliche Ausnahmen sind hier Japan aber auch die USA, die nach wie vor versucht sind, dieses Problem zu einem späteren Zeitpunkt zu lösen. Bedeutsamer als gegenwärtige Haushaltskonsolidierungen kann aber ein erhöhter Finanzmarktstress aufgrund von Unsicherheiten hinsichtlich der Staatsfinanzen sein. Dieser erhöhte Stress würde dann zu einem insgesamt höher als gewünschtem Zinsniveau führen, was eine Belastung der wirtschaftlichen Aktivität bedeuten würde. Bislang stellt der erhöhte Finanzmarktstress "nur" ein europäisches Phänomen dar. Solange dies so bleibt, sind dessen globale Auswirkungen begrenzt. Dennoch ist in den kommenden Monaten die Stresslage an den internationalen Kapitalmärkten auch aus konjunktureller Sicht zu beachten.

Rudolf Besch - Analyst bei der Deka Bank

Anhang

OECD- (sowie Nicht-OECD-)Länder: Wirtschaftliche Einschätzung über OECD CLI (November)

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