Kommentar
09:44 Uhr, 11.11.2010

Welt: OECD-Frühindikatoren erreichen Scheitelpunkt – Ende der globalen Wachstumsdelle rückt näher

  • Der OECD Composite Leading Indicator ist im September zum fünften Mal in Folge gegenüber dem Vormonat gesunken. Allerdings ist der Rückgang mit 0,1 % mom etwas weniger ausgeprägt als im Vormonat. Der Frühindikator für die Weltwirtschaft stagnierte im September zum zweiten Mal in Folge gegenüber dem Vormonat. Hier deutet sich ausgehend von den Schwellenländern eine Stabilisierung an.
  • Die relative Verbesserung der Frühindikatoren zeigt sich bei der Hälfte der Länder und insbesondere in China, den USA und Brasilien. Gleichwohl ist die Anzahl der „labilen“ Länder ungewöhnlich hoch.
  • Etwas deutlicher als die Frühindikatoren der OECD haben die nationalen Einkaufsmanagerindizes im Oktober nach oben gedreht. Auffallend war hier, dass die Verbesserung in den drei wichtigsten Wachstumsregionen Asien, Nordamerika und Westeuropa von nahezu gleicher Ausprägung war. Diese synchrone Aufwärtsbewegung deutet eine nachhaltigere globale Stabilisierung des Konjunkturaufschwungs an.

1. Die Weltwirtschaft scheint sich langsam wieder zu berappeln. Zwar ist der OECD Composite Leading Indicator im September wie von uns erwartet nochmals um 0,1 % gegenüber dem Vormonat gesunken. Dieser Rückgang ist der fünfte in Folge aber geringer ausgeprägt als in den drei Monaten zuvor. Es ist also gut möglich, dass sich die kurzzeitige globale Wachstumsdelle langsam ihrem Ende zuneigt. Die Jahresveränderungsrate des Frühindikators verringerte sich im September von 3,9 % auf 2,7 %.

2. Während die Frühindikatoren der OECD Länder noch sinken, lässt sich auf globaler Ebene bereits Stagnation feststellen. Der von uns berechnete Frühindikator für die Weltwirtschaft stagnierte im September zum zweiten Mal in Folge gegenüber dem Vormonat und die Jahresveränderungsrate sank von 5,6 % auf 4,4 %. Auch dies lässt letztlich auf ein nahendes Ende der globalen Wachstumsdelle schließen. Einmal mehr richtet sich die Weltwirtschaft an der Entwicklung der Schwellenländer auf. So ist der Frühindikator der Schwellenländer um 0,2 % gegenüber dem Vormonat angestiegen.

3. Die Länderaufteilung in unserem Quadranten-Schema (siehe Anhang) zeigt, dass es in erster Linie die größten Schwellenländer sind, die zur Wachstumsbelebung beitragen. Für Russland und Indien werden zwar im September die höchsten monatlichen Zuwächse gemeldet. Allerdings sind diese geringer als im Vormonat. Der Frühindikator für China nimmt dagegen langsam wieder an Fahrt auf und ist zum zweiten Mal in Folge höher als im Vormonat. Diese relative Verbesserung der Entwicklung der Frühindikatoren lässt sich bei knapp der Hälfte der Länder feststellen. Neben China sind hier aufgrund der Ausprägung und ihrer Bedeutung die USA und Brasilien hervorzuheben. Zu beachten ist aber auch, dass sich relativ viele Länder im Quadranten „labil“ befinden. Von einer starken Wachstumsbeschleunigung wie vor einem Jahr künden diese Indikatoren sicherlich nicht.

4. Was die globalen Frühindikatoren nur zaghaft andeuten, zeichnete sich vergangene Woche anhand der globalen Einkaufsmanagerindizes schon etwas deutlicher ab. Im Oktober stiegen in den drei gewichtigsten Wachstumsregionen Asien, Nordamerika und Westeuropa die Einkaufsmanagerindizes fast gleichstark an. Dies ist insoweit bemerkenswert, weil globale Konjunkturschwankungen nach oben zuletzt ihren Ursprung in Asien hatten, sich dann in Nordamerika fortpflanzten und mit größerer Verzögerung auch in Westeuropa zu beobachten waren. Eine global so synchrone Entwicklung gab es eigentlich nur im Abschwung kurz nach der Insolvenz von Lehman Brothers. Sollten sich die Verbesserungen der Konjunkturindikatoren als dauerhaft erweisen, könnte der globale Konjunkturaufschwung auf drei bedeutenden Säulen ruhen und damit stabiler sein, als noch im vergangenen Jahr. Stabilität ist aber nicht gleichzusetzten mit einer noch höheren Wachstumsdynamik. Diese war vor einem Jahr mit Zuwachsraten gegenüber dem Vorquartal von rund 5 % (annualisiert) ungewöhnlich hoch und wird vermutlich die stärkste Wachstumsphase in diesem Aufschwung gewesen sein. Das Ende der globalen Wachstumsdelle rückt näher, eine global weit überdurchschnittliche Wachstumsdynamik ist aber in den kommenden Quartalen nicht zu erwarten.

Rudolf Besch - Analyst bei der Deka Bank

Anhang

OECD- (sowie Nicht-OECD-)Länder: Wirtschaftliche Einschätzung über OECD CLI (September)

Quellen: OECD; DekaBank
Anmerkung: Die Einteilung in die vier Quadranten erfolgt zum einen über die monatliche Veränderungsrate des Leading Indicators für ein Land und zum anderen über die Jahresveränderungsrate. Während das erste Kritierum die kurzfristige Dynamik angibt, wird mit dem zweiten Kriterium die mittelfristige Entwicklung abgegriffen. Diese Einteilung entspricht nicht der klassischen Einteilung von Konjunkturzyklen (Aufschwung, Rezession), sondern eher der Analyse kurzfristigerer konjunktureller Bewegungen. Die Pfeile signalisieren, aus welchem Quadranten das Land sich im Vormonatsvergleich bewegt hat.

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