Kommentar
17:06 Uhr, 11.04.2011

Welt: Frühindikatoren signalisieren leichte Abschwächungstendenzen, sind aber kein Grund für Sorgenfalten

  • Der OECD Composite Leading Indicator ist im Februar um 0,2 % gegenüber dem Vormonat gestiegen. DerFrühindikator für die Weltwirtschaft nahm im Februar zum fünften Mal in Folge um 0,4 % gegenüber demVormonat zu. Der Frühindikator der Schwellenländer konnte erstmals seit mehreren Monaten seine Vormonatsdynamikaufrechterhalten. Dagegen schwächte sich die Aufwärtsdynamik des Frühindikators derIndustrieländer ab.
  • Der globale Wachstumspfad ist gemessen an den Frühindikatoren der OECD weiterhin in Takt. Es liegenzwar verschiedene Belastungsfaktoren vor. Nach gut zwei Jahren globalen Aufschwungs dürften die Belastungenaber zu schultern sein. Ausgehend von einem zurzeit überdurchschnittlichen Wachstumsniveau istes durchaus denkbar, dass die Weltwirtschaft in den kommenden Monaten etwas an Fahrt verliert.

1. Die Meinungen über die globalen Entwicklungen gehen nach wie vor weit auseinander. Fragt man Unternehmensvertreter,dann wird nicht über eine nachlassende Nachfrage geklagt, sondern eher über einen Fachkräftemangel.Fragt man dagegen private Anleger, dann liegen teilweise noch große Ängste vor, etwa hinsichtlichder Entwicklung der Rohölpreise, der Verschuldungssituation der Industriestaaten oder der Naturkatastrophein Japan. Zu den oben beschriebenen Extremmeinungen bezüglich des globalen Aufschwungs sollteman sich nicht verleiten lassen. Zu dieser aus unserer Sicht moderaten Einschätzung passt auch die Entwicklungder von der OECD berechneten Frühindikatoren. Der OECD Composite Leading Indicator stieg imFebruar 2011 um 0,2 % gegenüber dem Vormonat an.

Dies ist der fünfte Anstieg in Folge, wenngleich die Aufwärtsdynamik erstmals an Fahrt verloren hat. Die Jahresveränderungsratedes Frühindikators verringerte sich auf 0,5 %, den tiefsten Stand seit August 2009.1 Aufgrunddes Auslaufens von Basiseffekten dürfte die Jahresveränderungsrate nahe ihrem Tiefpunkt liegen. Wieüblich werden von der OECD nicht nur Frühindikatoren für die OECD-Länder berechnet, die vorwiegend denetablierten Industrieländern zuzurechnen sind, sondern auch für mehrere gewichtige Schwellenländer. Fasstman die Frühindikatoren der Schwellenländer zu einem Indikator zusammen, dann stieg dieser Indikatorum 0,7 % gegenüber dem Vormonat an. Nahm hier die Aufwärtsdynamik in den vergangenen Monaten ab,zeigt sich nun eine Stabilisierung der Dynamik aufeinem für Aufschwungphasen durchschnittlichenNiveau. In den vergangenen Monaten lag noch einAufholprozess der Industrieländer gegenüber denSchwellenländern vor – also eine zunehmendeWachstumsdynamik bei den Industrieländerngegenüber einer Wachstumsverlangsamung bei denSchwellenländern. Hiervon kann zum zweiten Mal inFolge nicht gesprochen werden. Der Frühindikatorder Industrieländer stieg im Februar um 0,1 %gegenüber dem Vormonat an und damit schwächerals im Vormonat. Fasst man die Frühindikatoren allerLänder zusammen, dann stieg der von uns berechneteFrühindikator für die Weltwirtschaft im Februar um 0,4 % an. Dies ist der fünfte monatliche Anstiegin dieser Größenordnung in Folge und geringfügig schwächer als sonst in Phasen konjunktureller Aufschwüngeüblich.

2. Die Länderaufteilung in unserem Quadranten-Schema (siehe Anhang) weist im Vergleich zumVormonat praktisch keine Änderungen auf. Sucht man auf der Weltkarte nach wirtschaftlich schwachenLändern, dann findet man diese weiterhin nur in der Region Westeuropa. Gleich mehrere Länder haben unterden staatlichen Konsolidierungsanstrengungen zu leiden und weisen entsprechend schwache Entwicklungenauf. Positiv überraschen mag hierbei Portugal, das kürzlich den EU-Rettungsschirm in Anspruch genommenhat. Hier ist der Frühindikator zum vierten Mal in Folge geringfügig angestiegen. Allerdings stehen in diesemLand die schwerwiegenden Konsolidierungsanstrengungen noch aus, sodass in den kommenden Monatenbeim Frühindikator sicherlich noch ein Vorzeichenwechsel bevorsteht. Japan stand zuletzt ebenfalls im Fokusdes allgemeinen Interesses. Der Frühindikator für Japan ist mit 0,7 % zum zweiten Mal in Folge deutlich angestiegen.Hier zeigen sich einmal mehr die Schwächen von Frühindikatoren: Exogene Schocks wie beispielsweiseeine Naturkatastrophe können von diesen nicht im Vorfeld angezeigt werden. Für nahezu alle Länder hat sichder Frühindikator im Februar schwächer als im Monat zuvor entwickelt. Eine rühmliche Ausnahme ist hier derFrühindikator für Südkorea. Dieser stieg im Februar um 0,7 % gegenüber dem Vormonat an und damit sokräftig wie seit November 2009 nicht mehr. Bedeutsam ist dies im globalen Kontext deshalb, weil Korea oftmalseine globale Vorreiterrolle hat.

3. Der globale Wachstumspfad ist gemessen an den Frühindikatoren der OECD weiterhin in Takt.Störungen wie die stark gestiegenen Rohölpreise oder die starken Konsolidierungsbemühungen verschiedenereuropäischer Staaten machen sich zwar als Belastungen bemerkbar. Ernsthafte Sorgenfalten lassen diese Entwicklungenaber nicht entstehen. Der globale Aufschwung, der vor gut zwei Jahren begann, hat hinreichendan Stabilität gewonnen, sodass diese Belastungen geschultert werden können. Die Naturkatastrophe in Japanstellt Unternehmen, beispielsweise in der Automobilindustrie auch außerhalb Japans vor Anpassungsaufgaben.Da diese oftmals global agierenden Unternehmen anpassungsfähig sind (sie würden sonst nicht global agierenkönnen), dürften die Produktionsschwierigkeiten relativ zeitnah gelöst werden. Zu beachten sind regionaleAuswirkungen der japanischen Naturkatastrophe. Und hier wird es nicht nur Verlierer geben, die durch einenVerlust von japanischer Nachfrage belastet werden, sondern auch Gewinner, weil japanische Konkurrenz ausfällt.Sieht man von den genannten Belastungen ab, dann wird deutlich, dass der globale Wachstumspfad inTakt ist, aber von einer extrem starken Wachstumsdynamik nicht gesprochen werden kann. Ausgehend voneinem zurzeit überdurchschnittlichen Wachstumsniveau ist es durchaus denkbar, dass die Weltwirtschaftin den kommenden Monaten etwas an Fahrt verliert. Hierauf lässt die Entwicklung der Frühindikatorendurchaus schließen.

Rudolf Besch

Anhang

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