Kommentar
07:00 Uhr, 08.10.2010

Welt: Deutschland bringt die Weltproduktion auf Vorkrisenniveau

• Aufgrund eines starken Produktionsanstiegs in Deutschland dürfte die globale Industrieproduktion im August erstmals ihr Vorkriseniveau wieder erreicht haben.

• Die globale Wachstumsdynamik hat in den vergangenen Monaten tendenziell nach gelassen. Nach bisherigem Kenntnisstand nahm die globale Industrieproduktion im August um 0,3 % gegenüber dem Vormonat zu.

• Das Vorkrisenniveau der Industrieproduktion ist zwar wieder erreicht. Dennoch liegt global weiterhin eine Unterauslastung der Volkswirtschaften vor. Trotz des extrem hohen Wachstums in den vergangenen Quartalen hat sich die Unterauslastung der Volkswirtschaft erst um gut ein Drittel abgebaut. Dies bedeutet einerseits, dass die Volkswirtschaften zwar schwächer als bislang aber weiterhin überdurchschnittlich wachsen werden. Andererseits werden aus konjunktureller Sicht über lange Zeit keine Inflationsgefahren vorliegen.

1. Mit den heute überraschend stark gemeldeten deutschen Produktionsdaten (siehe Volkswirtschaft Aktuell: „Produktion - neuer Schub für das dritte Quartal“) geht ein weiterer Etappenerfolg für die Weltwirtschaft einher: Im August 2010 erreichte die globale Industrieproduktion erstmals wieder das Vorkrisenniveau. Im Zuge der globalen Rezession sank die Industrieproduktion zwischen April 2008 und März 2009 um knapp 12 %. Dieser Rückgang dürfte einmalig in der Nachkriegsgeschichte gewesen sein. Der seither erfolgte Aufschwung ist zumindest gemessen an der Industrieproduktion ebenfalls einmalig. Im Durchschnitt stieg die Industrieproduktion seit März 2009 um je 0,7 % gegenüber dem Vormonat an. Gleichwohl hat die Dynamik in den vergangenen Monaten tendenziell abgenommen. Seit Mai stieg die Industrieproduktion durchschnittlich um 0,4 % pro Monat. Der Zuwachs im August betrug nach bisherigem Kenntnisstand (gut zwei Drittel der globalen Industrieproduktion sind für August bislang bekannt) 0,3 % mom.

2. Die weitere globale Entwicklung hängt von vielen Faktoren ab. Beispielsweise von der Höhe der Haushaltskonsolidierungen der Staaten, vom Ausmaß der Finanzmarktstabilisierungen oder von Devisenmarktinterventionen. Ein wesentlicher Faktor ist aber weiterhin die zyklische Erholung. Hierunter ist zu verstehen, dass global nach wie vor eine Unterauslastung besteht. Erkennbar ist diese Unterauslastung beispielsweise an den tendenziell zu hohen Arbeitslosenquoten. Sie ist aber auch anhand der Industrieproduktion zumindest näherungsweise zu ermitteln. Unterstellt man, dass es zu keiner Rezession gekommen wäre und sich das Trendwachstum der Industrieproduktion der Vorkrisenjahre fortgesetzt hätte, dann müsste die Industrieproduktion im August 2010 eigentlich gut 10 % höher sein als sie es ist. Trotz des extrem hohen Wachstums in den vergangenen Quartalen hat sich die Unterauslastung der Volkswirtschaft erst um gut ein Drittel verringert. Unterstellt man, dass die Industrieproduktion ihre bisherige Aufholjagd mit unverändertem Tempo fortsetzt, das heißt dass sie durchschnittlich auf das Jahr hochgerechnet um 9,2 % wächst, dann würde der ursprüngliche Trend Ende 2012 erreicht werden. Dieses Szenario ist aber eher unwahrscheinlich: Zwar könnte das Trendwachstum nach der Krise schwächer sein als vor der Krise. Dies spräche für einen früheren Zeitpunkt. Gegen solch ein Szenario spricht aber, dass sich das bisherige Tempo dieser Aufholjagd kaum fortsetzen lässt. Üblicherweise fällt es Volkswirtschaften zu Beginn eines Aufschwungs am leichtesten, stark zu wachsen. Diese Phase des „relativ einfachen, starken Wachsens“ dürfte bereits im Frühsommer dieses Jahres zu Ende gegangen sein. Es wird also wohl länger dauern.

3. Das Ende der Unterauslastung abzuschätzen ist auch aus Inflationssicht und damit für die Geldpolitik von Interesse. Solange global eher Unterauslastungen vorliegen, sind nämlich überdurchschnittliche Inflationsraten recht unwahrscheinlich.

Rudolf Besch - Analyst bei der Deka Bank

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