Kommentar
17:47 Uhr, 13.05.2014

Warum die EZB handeln muss

In der krisengeplagten Eurozone entwickelt sich die Geldbasis seit Ende 2012 rückläufig. Dies erklärt, warum der Euro in den vergangenen Monaten so stark war und warum EZB-Präsident Mario Draghi vielleicht bereits auf der nächsten Zinssitzung handeln muss.

Erwähnte Instrumente

Zur Bekämpfung der Krise „drucken“ die Notenbanken immer mehr Geld – so lautet ein populäres Vorurteil. Während die US-Notenbank Federal Reserve und die japanische Notenbank in den vergangenen Monaten durch ihre QE-Programme die Geldbasis weiter stark erhöht haben, entwickelt sich ausgerechnet in der krisengeplagten Eurozone die Geldbasis rückläufig.

Die Geldbasis ist gleichbedeutend mit der Menge an Zentralbankgeld und besteht aus den Sichtguthaben der Banken bei der Zentralbank und dem Bargeldumlauf. Die Geldmenge M0 beeinflusst zwar nicht direkt die Kreditvergabe der Banken, aber ist wichtig, weil sie ein Maß dafür ist, wie expansiv beziehungsweise restriktiv die Geldpolitik einer Zentralbank ausgerichtet ist. Eine expansiv ausgerichtete Geldpolitik führt zu einer stark steigenden Geldbasis. Eine restriktiv ausgerichtete Geldpolitik führt zu einer nur langsam steigenden oder schrumpfenden Geldbasis.

Ausgerechnet in der krisengeplagten Eurozone entwickelt sich die Geldbasis M0 seit Ende 2012 rückläufig. Das liegt vor allem an vorzeitigen Rückzahlungen aus den LTRO-Programmen, den langfristigen Refinanzierungsprogrammen der EZB für die Banken. Ende 2011 und Anfang 2012 wurden von der EZB längerfristige Refinanzierungsgeschäfte mit einer Laufzeit von drei Jahren durchgeführt, um den Banken in der Eurozone die Refinanzierung zu erleichtern. Seit Ende 2012 können Banken die LTRO-Kredite vorzeitig an die EZB zurückzahlen, wovon sie auch Gebrauch machen. Dies hat allerdings seit Ende 2012 eine deutlich rückläufige Geldbasis zur Folge, wie die folgende Grafik zeigt.

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Ganz anders das Bild in den USA. Obwohl dort das monatliche Volumen des QE-Programms seit rund einem halben Jahr gedrosselt wird („Tapering“), wächst die Bilanz der Fed munter weiter, wie die folgende Grafik zeigt. Seit Beginn der Krise hat sich die Geldbasis in den USA mehr als vervierfacht. In der Eurozone liegt die Geldmenge aktuell hingegen nur rund 30% höher als Mitte 2008.

Warum-die-EZB-handeln-muss-Kommentar-Oliver-Baron-GodmodeTrader.de-2

Um die Geldbasis gegenüber 2008 ähnlich stark auszuweiten, wie die Fed dies in den USA getan hat, müsste die EZB zweieinhalb Jahre lang Wertpapiere im Volumen von rund 80 Mrd. EUR pro Monat kaufen. Dann erst wäre die Geldpolitik in der Eurozone ähnlich locker wie in den USA.

Fazit: Die gegenläufige Entwicklung der Geldbasis in der Eurozone und in den USA erklärt, warum die EZB immer stärker in Zugzwang gerät. Denn obwohl die Krise die Eurozone besonders hart getroffen hat, verzichtet die EZB bisher auf eine ähnlich starke geldpolitische Lockerung wie in den USA und Japan. Die weniger expansive Geldpolitik in der Eurozone erklärt auch, warum der Euro in den vergangenen Monaten so stark zulegte und der Druck auf die EZB immer mehr zunimmt. Erst die Aussicht auf eine weitergehende geldpolitische Lockerung hat dem Euro zuletzt wieder einen Dämpfer versetzt.

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  • student
    student

    Mit QE greift die EZB nicht in die Realwirtschaft ein, sondern kauft Papierzettel auf. Dadurch steigen diese wieder an Wert. Die Casinos bekommen dafür Geld. Dadurch wird nur die Finanzblase vor dem Schrumpfen bzw. Platzen bewahrt.

    09:49 Uhr, 14.05. 2014
    1 Antwort anzeigen
  • lupo50
    lupo50

    Ich erwarte von einem Wirtschaftsredaktuer eine Festlegung bzw. eine klare Meinung/Aussage. Das hat nichts mit Glaskugel zu tun. Wenn Ihnen die Beliebigkeit Ihrer Aussage oder die Wortwahl "vielleicht - bereits - muss " angemessen erscheint, haben wir offensichtlich gegenteilige Ansichten zur professionellen Berufsausübung, Grüße L.

    22:38 Uhr, 13.05. 2014
    2 Antworten anzeigen
  • lupo50
    lupo50

    ..was eine Wortwahl: vielleicht bereits..ja was denn nun - vielleicht oder bereits - typisch schwammig und ohne eindeutige Festlegung..allseits beliebig und ungefähr..Grüße L.

    21:52 Uhr, 13.05. 2014
    1 Antwort anzeigen
  • Investor
    Investor

    @Oliver Baron,

    vielleicht haben Sie eine Erklärung, denn ich verstehe nicht den Sinn der Maßnahme. Vordergründig ist dies schon klar, aber die Effekte sind für mich nicht klar

    Wie Sie gut beschreiben, zahlen die Banken ihre LTRO-Kredite zurück und nehmen damit Liquidität aus den Markt. Die Rückzahlung der Kredite bedeutet für mich, daß die Banken keine "Abnehmer" (Kreditnehmer, Anlagen) für das Geld haben.

    In diesem Falle hilft doch mehr Liquidität nichts. Einzig kann die EZB durch Aufkauf von Anleihen, Risiken von den Banken zur EZB verlagern. Also auf den Steuerzahler.

    Ein weiterer Effekt wäre, daß man die Sparleistung bei zB Lebensversicherungen, oder Spareinlagen (bzw deren Zinsertrag) von den Besitzern zu den Schuldnern verlagert. Der Effekt ist, daß in D noch weniger Vermögen angesammelt werden kann. Ich erinnere mich an einen früheren Artikel von Ihnen, daß die deutschen Haushalte das kleinste Vermögen in EU haben.

    Oder werden ganz andere Effekte erwartet .....

    19:21 Uhr, 13.05. 2014
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Oliver Baron
Oliver Baron
Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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