Kommentar
10:32 Uhr, 04.02.2013

Wachstumsdelle der Weltwirtschaft überwunden

Die Finanzmärkte starteten stark in das neue Jahr. Der Dow Jones gewann im Januar knapp 6 Prozent, der EuroStoxx50 2,5 Prozent. Die Renditen für Top-Staatsanleihen steigen, während die der Peripherie weiter fallen. Die großen Bewegungen finden jedoch bei den Währungen statt. Während der Japanische Yen der größte Verlierer aufgrund der mega-expansiven Geldpolitik der neuen japanischen Regierung ist (- 25 Prozent ggü. Euro, - 16 Prozent ggü. Dollar), wird die globale Währungstendenz von einem Rückfluss der Fluchtgelder nach Europa geprägt. Der Euro gewinnt gegenüber nahezu allen Währungen an Wert. Im Verhältnis Euro/Dollar befindet sich das wichtigste Währungspaar mit 1,36 wieder auf dem Stand vom November 2011 und sogar der super-harte Schweizer Franken verliert seit Anfang Januar in der Spitze rund 4 Prozent zum Euro.

Die Märkte spielen Entspannung der Eurokrise und globale Konjunkturerholung. Aber ist die positive Grundstimmung gerechtfertigt?

Euroraum – besser als erwartet

Im vergangenen Jahr ist die Wirtschaft in der Eurozone eingebrochen. Deutschland konnte sich diesem Abwärtssog nicht gänzlich entziehen und ist wahrscheinlich im 4. Quartal leicht geschrumpft. Für das Gesamtjahr lässt sich ein deutsches Wachstum aus heutiger Sicht von 0,7 Prozent konstatieren. Die Wirtschaft im Gesamteuroraum ist jedoch eindeutig geschrumpft. Wir vermuten den Tiefpunkt des Wachstums im 4. Quartal und somit gute Chancen auf mindestens eine Erholung in 2013, was auf mehreren Parametern beruht: Erstens scheinen die Lagerüberhänge aus dem Nachfrageeinbruch im Sommer nun beseitigt, insbesondere in der Automobilindustrie. Zweitens nehmen die Impulse aus den Schwellenländern zu. Das Wachstum in China hat bereits im Schlussquartal 2012 gedreht und ist vor allem für die deutsche Exportindustrie existenziell. Drittens haben sich die Finanzierungskonditionen im Euroraum massiv verbessert. Unternehmen und Staaten können sich wieder zu vernünftigen Konditionen Geld für Investitionen leihen. Darüber hinaus sind die Kapitalabflüsse aus den Peripheriestaaten abgeebbt. Übergeordnet haben die Spannungen in Europa nachgelassen. Wurde im Sommer noch eine 80-prozentige Wahrscheinlichkeit gemessen, dass Griechenland 2013 nicht mehr der Eurogruppe angehört, ist diese nun auf nahezu null gefallen.

USA – Wachstum mit Zeitverzögerung

Zum Jahreswechsel konnte der Sturz über die fiskalische Klippe zwar verhindert werden, das Problem ist jedoch nicht gelöst. Permanente Diskussionen um Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen, ließen die Investitionsbereitschaft der Unternehmen erlahmen. Gleichzeitige Kürzungen bei Rüstungsausgaben (- 22 Prozent) und der Abbau von Staatsbediensteten ließen die USA sogar in ein Minus-Quartal rutschen (BIP – 0,1 Prozent nach erster Schätzung). Da mittelfristig die Diskussion um die Defizite erhalten bleibt und weitere Sparmassnahmen folgen werden, bleibt die Phantasie für dynamisches Wachstum im 1. Halbjahr 2013 zunächst begrenzt (+2 Prozent). Die starke Erholung des Immobilienmarktes, des Aktienmarktes und des Arbeitsmarktes, sowie günstige Produktionsbedingungen durch fallende Energiepreise (USA entwickeln sich zum Öl- und Gas-Exporteur), führen im Laufe des Jahres auch in der größten Volkswirtschaft der Welt zu darüber hinaus anziehendem Wirtschaftswachstum.

China/Schwellenländer – Impulsgeber der Weltwirtschaft

Grundsätzlich gehen wir für 2013 von einem Globalen Wirtschaftswachstum von 3,5 Prozent aus. Vier fünftel dieses Wachstums gehen jedoch auf das Konto der Emerging Markets. Zinssenkungen in den letzten Jahren und eine wachstumsfördernde Politik beginnen sich langsam auszuzahlen. Auch Rohstoffproduzenten wie Australien, Kanada, Russland und Südamerika profitieren über steigende Rohstoffnachfrage- und preise daran.

Finanzmärkte nehmen Entwicklung vorweg

Der starke Jahresauftakt erinnert ein wenig an den Jahresbeginn 2012, der nur drei Monate anhielt und dann einem „Ernüchterungscocktail“ aus Konjunkturangst und Eurokrise weichen musste. Wir glauben nicht an Parallelen für dieses Jahr. Dafür sind die Frühindikatoren weltweit zu eindeutig und der Krisenlebenszyklus in Europa zu weit fortgeschritten - jede Krise flaut irgendwann ab, auch wenn sie nicht gelöst ist. Die Entspannungs- und Wachstumstendenzen dürften sich deshalb fortsetzen: Die beginnende Renaissance der weiterhin günstigen Aktien, weiter steigende Renditen bei Staatsanleihen guter Bonität, Rückflüsse von Fluchtgeldern nach Europa und daraus in der Tendenz ein starker Euro.

Hauptrisikofaktoren für dieses Szenario sind die geschilderten Entwicklungen selbst. Sollten die Bewegungen zu schnell und zu weit laufen, vor allem die Renditen zu stark anziehen, würde dies ab einem gewissen Punkt kontraktiv für Wachstum und somit für die Aktienmärkte wirken. Außerdem wären schnell markttechnische Überhitzungserscheinungen festzustellen, was wiederum zu heftigen Korrekturen führen könnte.

Autor: Daniel Zindstein, Gesam AG

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