Analyse
09:35 Uhr, 23.09.2015

VW: Reaktion maßlos überzogen?

Der VW Abgas-Skandal ist inzwischen kein US oder deutscher Skandal mehr, sondern ein weltweiter. Politiker der höchsten Ränge befassen sich nun mit der Angelegenheit.

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  • Volkswagen AG Vz.
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  • Volkswagen AG Vz. - WKN: 766403 - ISIN: DE0007664039 - Kurs: 98,60 € (XETRA)

Derzeit haben Politiker anscheinend nichts Besseres zu tun als sich um Volkswagen zu kümmern, sei es in Großbritannien, Deutschland, auf Europa Ebene durch die EU Kommission, in den USA oder in Südkorea. Keine Frage, VW hat Mist gebaut. Es könnten 11 Mio. Fahrzeuge betroffen sein und der Fall von Konsumenttäuschung ist gewiss einer der größten der letzten Jahre.

Zum Überfluss wird natürlich das Image der gesamten deutschen, aber auch internationalen Autoindustrie beschädigt. Wie schnell sich speziell VW davon erholen kann bleibt abzuwarten. Mit der Bildung von 6,5 Mrd. Euro an Rücklagen ist es wohl noch lange nicht getan.

Die 6,5 Mrd. Euro werden im dritten Quartal 2015 für einen hohen Verlust des VW Konzerns sorgen. Unterm Strich könnte das Minus 4 Mrd. Euro betragen. Ob die 6,5 Mrd. am Ende wirklich gebraucht werden ist äußerst fraglich. Vergangene Skandale haben Unternehmen nur selten unverhältnismäßig hohe direkte Kosten verursacht.

Die angehängte Liste zeigt einige Skandale bis zurück in die 70er Jahre. Die genannten Kosten sind lediglich die direkten Kosten, die den Unternehmen durch verordnete Strafzahlungen entstanden sind. Sie beinhalten nicht die indirekten Kosten (z.B. Imageschaden und geringerer Absatz).

Wie hoch die indirekten Kosten sein können zeigt das Ford Explorer Reifenproblem aus dem Jahr 2000. Die offiziellen Strafzahlungen beliefen sich auf wenige Millionen, allerdings hatte Ford viele außergerichtliche Einigungen erzielt. Dabei muss man noch festhalten, dass der Skandal vor allem auf die Reifen des Herstellers Firestone zurückzuführen war. Dennoch entstanden Ford durch eine Rückrufaktion über 3 Mrd. an zusätzlichen Kosten. Wie hoch die Einbußen aufgrund zurückgehender Absätze waren ist nicht bekannt.

VW wird es nicht wesentlich anders gehen als den amerikanischen oder asiatischen Firmen, die in der Vergangenheit für Skandale gesorgt haben. Die Strafzahlung könnte deutlich unter einer Milliarde liegen, doch die Rückrufkosten sind nicht zu unterschätzen. Diese dürften tatsächlich einige Milliarden betragen. VW scheint mit der Rückstellung konservativ, aber nicht unrealistisch vorsichtig zu sein.

Die direkten Kosten sind nur eine Sache und für VW leicht zu bewältigen. Der Imageschaden ist hingegen groß und könnte für einen Absatzeinbruch sorgen. Im Normalfall begegnen dem Hersteller mit hohen Rabatten. Hohe Margen darf man bei VW in den nächsten 12 Monaten nicht erwarten.

Bedenkt man wie VW derzeit medial zerrissen wird, dann ist der Imageschaden ziemlich groß. Andere Autohersteller konnten innerhalb von 12 bis 24 Monaten solche Schäden hinter sich lassen. Der Konsument vergisst schnell. Letztlich hängt allerdings viel vom Verhalten der Politiker weltweit ab. Selten haben sich so viele Spitzenpolitiker eingemischt, was die Sache in die Länge ziehen kann.

Was VW nützen kann ist die Breite an Marken. Bisher wurde vor allem die Marke Volkswagen mit dem Skandal in Verbindung gebracht, Audi am Rande. Die restlichen 10 Marken sind (noch) nicht involviert. Solange das so bleibt hat VW eine gute Chance den Skandal innerhalb eines Jahres hinter sich lassen zu können.

Wie tief die Aktie noch fällt ist schwer einzuschätzen. Aus fundamentaler Sicht handelt es sich inzwischen jedoch bereits um eine Übertreibung. Anleger dürfte der fundamentale Wert von VW kurzfristig jedoch wenig interessieren. Hier spielen nun andere Faktoren eine Rolle.

Clemens Schmale

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17 Kommentare

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  • NOISE
    NOISE

    Wie kommst du auf 600 Euro Nachrüstungskosten pro Auto?

    14:21 Uhr, 23.09.2015
    1 Antwort anzeigen
  • Marco Soda
    Marco Soda

    und schwupps schon geht es los ;.-)))

    Bei der Staatsanwaltschaft Braunschweig wurde wegen der wegen Abgas-Affäre Strafanzeige gegen Volkswagen erstattet

    vor 3 Min (heute 12:41) via Jandaya.de teilen

    Volkswagen AG108,96 €2,79 %2,9612:44:26 Lang & Schwarz

    12:45 Uhr, 23.09.2015
  • Gutschi
    Gutschi

    VW hat im Dax nur 3,21 Prozent gewicht, was glaubst du wohl, wenn die 6 oder 9 hätten, dann würden wir schon bei 9300 stehen

    11:40 Uhr, 23.09.2015
  • Gutschi
    Gutschi

    Die Frage ist ja, ob andere Unternehmen und Autozulieferer ebenfalls einen enstandenen Schaden bei VW einklagen können(in den USA z.b.), da jetzt durch Betrug die Aufträge zurückgehen oder ebenfalls der Kurs fällt (Nur mal so dahergesponnen)

    11:38 Uhr, 23.09.2015
  • Stirner
    Stirner

    Wie ist eigentlich das aktuelle Gewicht von VW im DAX / ESTX50 ?

    Hieraus lässt sich der Verlust in DAX-Punkten und damit auch der individuelle Verlust der Anleger in Indexzertifikaten, DAX-CFD´s usw errechnen. In USA wäre eine Sammelklage der direkten und indirekten Anleger in VW Aktien sicher erfolgversprechend. Könnte das in Deutschland nicht auch die Schutzvereinigung (Anwalt Nieding) versuchen?

    Schadenersatzforderungen des Vereins der Lungenkranken, vom Bund deutscher Radfahrer wären in USA auch nicht aussichtslos. Allein die US-Fahrrad-Kuriere von denen sicher einige Krankheiten haben, die sich auf Abgase von Diesel-PKWs zurückführen lassen, könnten VW schon in den Konkurs zwingen.

    Ich denke an die Prozesse der Tabakindustrie und Asbestproduzenten - die Herstellung krankmachender Produkte, vor allem wenn man über die Giftigkeit lügt, war schon immer teuer. Würden die externen Effekte internalisiert (also vom Hersteller zu bezahlen sein) sehe ich eine starke Unterstützung im VW-Kurs nahe Null Euro. Da VW nur teilweise amerikanisch ist, auch gute Anwälte hat und sich das ganze eher zu einem Branchenproblem entwickelt besteht noch Hoffnung. Vielleicht heisst die Antwort einfach: Diesel-PKW-Hersteller shorten und E-car´s (Tesla) long.

    11:20 Uhr, 23.09.2015
    1 Antwort anzeigen
  • NOISE
    NOISE

    Wie können Sie zu dem Schluss kommen, dass es sich hier aus "fundamentaler Sicht" um eine Übertreibung handelt? Sie wissen weder wie hoch die Rückrufkosten sein werden, noch wieviele Länder Untersuchungen und Sanktionen erheben werden, noch welche Adaptionen VW in der Rückrufaktion vornehmen wird, noch was diese Adaptionen kosten werden und wie hoch die Prozesskosten und gesamten Strafkosten sein werden.
    Der einzig zulässige Schluss ist, dass man aus fundamentaler Sicht keine seriöse Aussage treffen kann.

    10:47 Uhr, 23.09.2015
  • S_o_r_o_s
    S_o_r_o_s

    Piech wollte doch nur den Winterkorn entfernen. Mal sehen, was das "Scherbengericht" sagt. Und wenn er weg ist, dann werden Zauberhände die Aktie plötzlich wieder steigen lassen...

    10:40 Uhr, 23.09.2015
  • Floyd K
    Floyd K

    Wie so oft haben sie, Herr Schmale, schnell und einigermaßen gründlich Hintergrundinfo’s geliefert, die die Dinge sachlich ausleuchten.

    Was die Zahlen betrifft, ist das auch in Ordnung, die kommenden finanziellen Belastungen scheinen verkraftbar. Die Schlussfolgerung aber, dass nun die Marktreaktionen übertrieben sind, trifft nicht den Kern des Desasters, in dem VW steckt.

    Gerade aus fundamentaler Sicht ist das so, denn es ist die Unternehmensstrategie und –Philosophie, die komplett versagt hat und dafür ist die Unternehmensführung und das Management verantwortlich und das schon lange. Wie naiv muss man denn sein, dass man glaubt, solche Manipulationen bleiben auf Dauer unentdeckt? Und wie hilflos muss man sein, wenn man zu kriminellen Mitteln greift, um zu überleben?

    Es ist dieser Sumpf an Missmanagement, der die Anleger zu Recht erschreckt. Niemand ist da, der in der Lage ist, den Stall gründlich auszumisten. Der Aufsichtsratsvorsitzende Huber, ehemals IG-Metallchef, hat sich noch nicht einmal geäußert. Man mag ihm Vieles zutrauen, aber von Neuausrichtung, Marketing, Vorwärtsstrategie und –dynamik versteht er sicher nichts. Branchenkenntisse hat er auch nicht.

    Neuausrichtung mit altem Filz ist unmöglich, wozu man auch die Sozialisten Weil ( SPD- Ministerpräsident) und den sehr einflussreichen und schillernden Betriebsrat rechnen muss. Ein Unternehmen, das von solchen Köpfen regiert wird, hat eben keine Zukunft. Wir werden ein langsames Siechtum erleben.

    10:36 Uhr, 23.09.2015
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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