Kommentar
15:58 Uhr, 07.12.2009

Vergangenheit besser? Zukunft auch besser?

• Die Anzahl der Beschäftigten ist im November um 11.000 Personen und damit kaum merklich gesunken. Die Aufwärtsrevision der beiden Vormonate ist die höchste seit August 2000. Die Arbeitslosenquote verringerte sich überraschend auf 10,0 %. Die durchschnittlichen Stundenlöhne legten im Vergleich zum Vormonat um 0,1 % zu, und die durchschnittliche Wochenarbeitszeit nahm spürbar zu.

• Die deutliche Aufwärtsrevision der Beschäftigungsentwicklung sowie noch nicht berücksichtigter Aufwärtsrevisionsbedarf für das zweite Quartal werfen die Frage auf, ob die Arbeitmarktentwicklung bereits seit einem längeren Zeitraum besser gewesen ist als bislang bekannt.
• Eine deutliche Abflachung der Abwärtsdynamik ist freilich nicht zwingend gleichbedeutend mit einer zukünftig dynamischen Aufwärtsbewegung am Arbeitsmarkt. Insoweit halten wir bis auf weiteres an unsere Einschätzung eines zähen Konjunkturaufschwungs fest.

1. Der Arbeitsmarktbericht ist immer wieder für eine Überraschung gut, und gerade der Bericht für November wartet mit gleich mehreren faustdicken Überraschungen auf: Die Anzahl der Beschäftigten ist im November nur sehr geringfügig um 11.000 Personen gesunken (Bloomberg-Median: -125.000 Personen; DekaBank: -110.000 Personen). Zudem wurde die Entwicklung der vergangenen beiden Monate um insgesamt 169.000 Stellen vergleichsweise deutlich nach oben revidiert. Eine positive Überraschung stellte auch die Entwicklung der Arbeitslosenquote dar, die auf 10,0 % gefallen ist (Bloomberg- Umfrage: 10,2 %, DekaBank: 10,1 %). Den überraschenden Anstieg der Arbeitslosenquote vom Oktober hatten wir mit dem Hinweis kommentiert, dass dieser auf statistischen Verzerrungen beruhte. Diese Verzerrungen haben sich nun im November wieder zurückgebildet. Die grundsätzliche Aufwärtsbewegung bei der Arbeitslosenquote ist jedoch noch nicht zwingend unterbrochen worden, und weitere wenngleich moderate Anstiege sind durchaus wahrscheinlich. Enttäuschend mag die monatliche Veränderungsrate der durchschnittlichen Stundenlöhne gewesen sein. Diese nahmen nur um 0,1 % zu (Bloomberg-Umfrage und DekaBank: 0,2 %). Allerdings wird dies überkom- pensiert durch einen deutlichen Anstieg der Wochenarbeitszeit von 33,0 auf 33,2 Stunden. Dies entspricht einer monatlichen Zunahme um 0,6 % und ist bei der Berechnung der gesamtwirtschaftlichen Löhne und Gehälter (also dem Produkt aus Beschäftigungs- und Gehaltsentwicklung) zu berücksichtigen. Somit ist der November der erste Monat in diesem noch jungen Aufschwung, in dem die Entwicklung am Arbeitsmarkt einen spürbaren Spielraum für eine zunehmende Konsumentwicklung schafft. Die wirtschaftliche Entwicklung hat sich somit erstmals wieder auf einer breiteren Front stabilisiert.


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2. Die Beschäftigungsentwicklung im November wurde mit hoher Wahrscheinlichkeit durch die unüblich milden Temperaturen begünstigt. Erkennbar ist dies an einem relativ geringen Beschäftigungsabbau im Baugewerbe. Allerdings erklärt dies sicherlich nicht die Gesamtentwicklung. Erfreulich ist, dass im Bereich der unternehmensnahen Dienstleister erstmals wieder ein stärkerer Beschäftigungsaufbau stattgefunden hat, den dieser Bereich wird oft eine Vorlaufeigenschaft gegenüber dem Gesamtentwicklung nachgesagt. Der Beschäftigungsaufbau von rund 90.000 Stellen in diesem Bereich ist höchste seit drei Jahren. Daneben hat auch der gewichtige Bereich Gesundheits- und Bildungswesen an der guten (und nach oben revidierten) Entwicklung der Vormonate anknüpfen können.


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3. Die heutigen Zahlen sind grundsätzlich positiv zu interpretieren – sie werfen aber auch Fragen auf: Wie hat sich der Arbeitsmarkt tatsächlich in den vergangenen Monaten entwickelt? Die Aufwärtsrevision der beiden Vormonate ist die höchste seit August 2000 und damit außergewöhnlich. Hinzu kommt aber, dass in der vergangenen Woche bekannt wurde, dass auch die Löhne und Gehälter (aus der Einkommensstatistik der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen) für das zweite Quartal extrem stark nach oben revidiert wurden. Hintergrund hierfür waren (Quartals-) Informationen vom Bureau of Labor Statistics (BLS), die aber in der eigenen Arbeitsmarktstatistik des BLS erst Anfang Februar bei der jährlichen Benchmarkrevision berücksichtigt werden. Beide Informationen zusammengenommen deuten an, dass die Arbeitsmarktentwicklung bereits seit dem zweiten Quartal 2009 deutlich besser gewesen ist, als es derzeit offiziell ausgewiesen wird. Sicherlich dürfte zumindest bis zum September die Anzahl der Beschäftigten gesunken sein, aber womöglich mit einem geringeren Tempo. Daran schließt sich die zweite Frage an: Wie entwickelt sich der Arbeitsmarkt in den kommenden Monaten? Hierauf hatten wir bislang eine eindeutige Antwort: schwach. Diese Einschätzung gilt es mit den heutigen Arbeitsmarktzahlen sicherlich zu überprüfen. Zu beachten ist aber, dass es durchaus einen makroökonomischen Unterschied gibt zwischen „kein Beschäftigungsabbau“ und „spürbarer Beschäftigungsaufbau“. Sicherlich sind wir von den heutigen Arbeitsmarktzahlen positiv überrascht worden. Sie veranlassen uns derzeit jedoch nicht, eine Neueinschätzung unseres vorsichtigen Konjunkturausblicks vorzunehmen.

Rudolf Besch - Analyst bei der Dekabank

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