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09:00 Uhr, 26.08.2008

Usbekistan: Markt für echte Anlagepioniere

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Die Börsen in Zentralasien sind für die meisten hiesigen Anleger noch weiße Flecken auf der Landkarte. Am ehesten ist man noch mit kasachischen Aktien vertraut, weil einige davon auch an deutschen Börsen gehandelt werden können. Aber selbst über die Börse in Kasachstan ist letztlich wenig bekannt.

Noch rudimentärer dürfte der Kenntnisstand über den usbekischen Aktienmarkt sein. Uns ist zumindest kein einziger Bericht über die dortige Börse in hiesigen Medien bekannt. Auch das lässt darauf schließen, dass es im deutschsprachigen Raum kaum Anleger gibt, die usbekische Aktien im Depot haben.

Bis auf weiteres wird das sehr wahrscheinlich auch so bleiben. Hat der Markt doch seine Tücken und ist deswegen nicht für Jedermann als Tummelplatz geeignet. Doch rein fundamental betrachtet ist der Markt interessant. Volkswirtschaftlich und bewertungstechnisch hat Usbekistan jedenfalls einiges zu bieten. So belief sich das Wirtschaftswachstum im ersten Halbjahr 2008 auf 9,3 Prozent. Das Plus lag damit nur leicht unter dem im Vorjahr verbuchten Anstieg von 9,5 Prozent.

Das mit 26 Mio. Einwohnern bevölkerungsreichste Land der Region kann zudem mit einem hohen Leistungsbilanzüberschuss sowie mit schwarzen Zahlen im Staatshaushalt aufwarten. Ermöglicht werden die beiden genannten positiven Rahmendaten auch durch reichlich vorhandene Rohstoffe. Unter anderem gibt es Baumwolle Erdgas, Uran, Gold, Silber, Kohle und Kupfer in nennenswertem Ausmaß.

Gut lesen sich auch Anlegersicht auch die seit 2000 von 31 auf 10 Prozent gesenkte Ertragssteuer für Unternehmen sowie der von 42 auf 25 Prozent gesenkte Spitzensteuersatz für die Einkommenssteuer. Phantasie geht zudem von einem bis 2010 laufenden Privatisierungsprogramm aus, das den Verkauf von gut 1.400 Staatsunternehmen vorsieht (im ersten Quartal ist das bei 97 Firmen geschehen).

Großes Aufholpotenzial

Fortschritte bei den Wirtschaftsreformen sind in der noch immer stark von Staatsunternehmen geprägten Volkswirtschaft aber auch dringend erforderlich. Denn wie der im Vorjahr erreichte Wert von 1,3 Mrd. Dollar signalisiert, fließen die ausländischen Direktinvestitionen derzeit noch spärlich. Wie groß allgemein das Aufholpotenzial des Landes ist, lässt sich schon anhand einiger weniger Zahlen ablesen. So erwirtschaften die Einwohner gerade einmal ein Bruttoinlandsprodukt von 838 Dollar, während es selbst in der Ukraine schon mehr als 3.000 Dollar sind. Die Durchschnittslöhne bewegen sich bei rund 150 Dollar im Monat. Um Anschluss an die Industrienationen zu gewinnen, besteht folglich noch erhebliches Aufholpotenzial.

Das wiederum birgt große Wachstumschancen für die Unternehmen. Doch nicht nur das, viele Gesellschaften sind zudem vergleichsweise günstig bewertet. Titel mit einem KGV von mehr als zehn findet man eher selten. Vielmehr lassen sich noch immer auch Aktien mit einem Kurs-Buchwert-Verhältnis von unter eins finden.

Das klingt attraktiv und das eine oder andere Schnäppchen wird an der 1991 gegründeten usbekischen Börse auch zu finden sein. Allerdings ist ein Teil der niedrigen Bewertung auch auf einige Schwächen zurückzuführen. Zu nennen ist in diesem Zusammenhang vor allem die in vielerlei Hinsicht fehlende Transparenz. Beispielsweise fängt das schon bei den volkswirtschaftlichen Daten an. So wird die Inflationsrate offiziell nur auf 6,8 Prozent beziffert, obwohl sie die Teuerung in Wahrheit eher bei 15 bis 20 Prozent bewegen dürfte. Auch die Arbeitslosenquote von offiziell 0,6 Prozent dürfte in Wirklichkeit eher bei bis zu 20 Prozent liegen.
Es fehlt überall an Transparenz

Auch politisch gesehen gibt es einige Schwachstellen. Von wirklich freien Wahlen kann nicht die Rede sein. Der 70-jährige Präsident Islam Karimow ist seit 1989 ununterbrochen an der Macht. Er leistet gerade seine dritte Amtszeit ab, obwohl die Verfassung eigentlich nur eine einmalige Wiederwahl zulässt. Die mit staatlicher Gewalt niedergeschlagenen Unruhen im Jahr 2005 zeigen, dass das Land nicht frei von Spannungen ist. Ein großes Problem stellt zudem wirtschaftlich betrachtet die fehlende Konvertierbarkeit der usbekischen Währung Sum dar. Etwas unbefriedigend sind auch die zehnprozentige Kapitalgewinnsteuer sowie die bei Ausländern fällig werdende Steuer von zehn Prozent, die bei der Rückführung von Gewinnen automatisch zusätzlich fällig wird.

Auch am 1994 gegründeten Aktienmarkt selbst gibt es noch viel zu tun, bis von einer effektiv arbeitenden Börse gesprochen werden kann. Es fehlt an Transparenz bei der Kursfeststellung (95 Prozent der Börsenkurse stimmen nicht mit den richtigen Marktpreisen überein), die Berichtspflichten der Unternehmen sind noch wenig umfassend und der Aktienindex TASIX wird nicht berechnet. Ein bezeichnendes Bild gibt auch das kleine Detail ab, wonach es für die Internetseite der Börse in Tashkent (www.uzse.uz) noch immer keine englischsprachige Fassung gibt.

Schon diese kurze Aufzählung zeigt, dass es an der usbekischen Börsen noch vieles zu tun gibt. Was den aktuellen Status Quo angeht, kann der lokale Aktienmarkt unterteilt werden in ein organisiertes und ein unorganisiertes Segment. Der organisierte Markt kann ist unterteilt in einen „Exchange Market“ und „Extra-Market Exchanges. Der organisierte Markt wird repräsentiert durch die Republican Stock Exchange “Toshkent”, während die organisierten Extra-Market Exchanges aus dem Interbank Trading System (ITS) und dem Electronic Secondary Market Trading System (ESMTS) – “Elsis-Savdo” bestehen. Die unorganisierten Märkte umfassen alles, was außerhalb der genannten Organisationen abläuft.

Die Republican Stock Exchange “Toshkent” ist der wichtigste Handelsplatz für Wertpapiere in Usbekistan. Dort werden 88 Prozent aller organisierten Geschäfte abgewickelt, während es an der ESMTS “Elsis-Savdo” nur zehn Prozent sind. Ende 2007 waren in Usbekistan 1.925 Joint Stock Companies mit einem Gesamtkapital von 2,5 Mrd. Dollar registriert. 921 davon waren Staatsunternehmen mit einem Kapital von rund zwei Mrd. Dollar, was rund 80 Prozent des Gesamtkapitals entspricht. Das durchschnittliche Kapital eines Unternehmens erhöhte sich 2007 von 1,2 Mio. Dollar auf 1,3 Mio. Dollar.

Die Börsenumsätze sind noch immer sehr niedrig, auch wenn sich die Liquidität verglichen mit vor einem Jahr schon verdreifacht hat. An der Tashkent Stock Exchange werden aber dennoch bisher monatlich nur Aktien im Wert von rund acht Mio. Dollar gehandelt und Elsis Savdo kommt auf Umsätze von rund einer Mio. Dollar. Die gesamte Marktkapitalisierung wird von Experten auf rund acht Mrd. Dollar geschätzt.

Der wichtigste Trend im Vorjahr war der Anstieg bei den Neuemissionen. Ende 2007 belief sich das Volumen der Transaktionen hier auf 211 Mio. Dollar, was dem 2,4-fachen des Jahres 2006 entspricht. Von neu gegründeten Joint Stock Companies wurden dabei 130,8 Mio. Dollar emittiert, was eine Steigerung um das 3,1-fache ist. Die Transaktionen mit Privatunternehmen beliefen sich auf 77,5 Mio. Dollar (plus 65 Prozent).

Zementhersteller Bekabadcement kommt ins Musterdepot

Wer sich trotz der erwähnten Tücken für ein Engagement interessiert, dem bieten inzwischen erste Broker Zugangsmöglichkeiten an. Zu den uns bekannten Anbietern, die das tun, zählen Orient Capital Management (www.orientcap.uz, Ansprechpartner: Roman Morozov, r.morozov@eastkom.com) und Sokrat Investment Group (www.sokrat.com.ua, Ansprechpartner: Konstantin Lisnychyy, lisnychyy@sokrat.kiev.ua). Beide Häuser bieten Brokerdienstleistungen und Research zu Usbekistan an. Und die nötigen Schritte zur Einrichtung der erforderlichen Infrastruktur zur Kaufabwicklung kann auch von Deutschland aus abgewickelt werden.

Wie in anderen ähnlich gestrickten Volkswirtschaften wie Usbekistan dürften Aktien aus den Bereichen Bau, Versorger und Banken mit die besten Perspektiven bieten. Der Kauf von Bankaktien wird allerdings dadurch erschwert, dass man als Ausländer eine Erlaubnis der Notenbank braucht.

Einen interessanten Eindruck unter den Einzelwerten macht der mit einem Marktanteil von zehn Prozent drittgrößte Zementhersteller Bekabadcement (Kurs: 650 Dollar). Bei einer Marktkapitalisierung von derzeit 36,4 Mio. Dollar und einem im Vorjahr eingefahrenen Nettogewinn von 16,5 Mio. Dollar bewegt sich das KGV hier gerade einmal auf 2,2. Auch die Bewertung des Versorgers Bukhara Electric Gridlines scheint bei einem KGV von 7,4 akzeptabel zu sein, wenn man davon ausgeht, dass der Stromverbrauch in den nächsten Jahren ebenso wie die Strompreise deutlich zunehmen wird. Für den Gaskonzern Uggasstroy als dritten Favoriten spricht die für 2009 geplante deutliche Gaspreiserhöhung sowie ein KGV von knapp fünf. Bei allen diesen drei genannten Werten kann der Broker Sokrat eigenen Aussagen zufolge Stücke anbieten. Von den genannten Werten nehmen wir Bekabadcement neu in das Musterdepot auf.

Quelle: Ostbörsen-Report

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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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