Die Boomjahre sind vorbei, aber das Wachstum bleibt robust
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Vom Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw)
Nach einer Phase außergewöhnlich hohen Wachstums in den vergangenen zwei Jahren folgt in der gesamten Region Mittel-, Ost- und Südosteuropas nun eine Abschwächung der Wirtschaftsdynamik. Dennoch bleibt das Wachstum weiterhin robust. Insbesondere die neuen EU-Mitgliedsländern (NMS) erweisen sich gegenüber der weltweiten Konjunkturabschwächung als resistent. Das BIP-Wachstum verlangsamt sich hier nur mäßig.
Dramatischer ist der Wachstumseinbruch aber im Baltikum. Dies zeigt die jüngste Mittelfristprognose des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw). Auch in der Preisentwicklung erweist sich die Region relativ stabil: Zwar haben externe Preisschocks auch hier zu einer Beschleunigung der Inflation geführt. Doch sollte diese bald wieder abebben, wenn es nicht zu neuen Preisschüben vom Weltmarkt kommt, prognostiziert das wiiw.
Produktivitätswachstum hilft
In den Ländern, die 2004 bzw. 2007 der EU beigetreten sind (NMS), scheint das Wirtschaftswachstum von den global verschlechterten Rahmenbedingungen weitgehend losgelöst zu sein. Das BIP wächst etwas langsamer als zuletzt, größere Wachstumsrückgänge gibt es aber nur im Baltikum. Die Widerstandsfähigkeit der NMS basiert dabei auf den Produktivitätszuwächsen, die den kombinierten Effekt von Währungsaufwertungen und Lohnanstieg kompensieren und damit die Wettbewerbsfähigkeit stärken. Die halbautonome Geldpolitik einiger größerer NMS birgt zwar viele Risiken, insgesamt hat sie bislang jedoch sowohl eine exzessive Schuldenblase als auch zu große reale Aufwertung erfolgreich verhindert.
Die Wirtschaften der (potentiellen) EU-Kandidaten in Südosteuropa setzen ihren Aufholprozess gegenüber der EU fort. Südosteuropa (SOE-7: Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kroatien, Mazedonien, Montenegro, Serbien und die Türkei) hat sich in den letzten Jahren zu einer Region mit starkem Wachstum entwickelt, allerdings zeigt sich auch dort eine gewisse Abschwächung in der wirtschaftlichen Dynamik. Diese war in der Türkei, nach mehreren Jahren sehr hohen Wachstums, am stärksten ausgeprägt.
Das wiiw rechnet damit, dass sich die Weltkonjunktur in den kommenden Jahren wieder verbessern wird. Damit sollten auch die SOE-7 bis zum Jahr 2010 wieder auf einen höheren Wachstumspfad zurückkehren. Die Inflation hat sich auch in dieser Region abgeschwächt, bereitet aber noch immer Grund zur Sorge, vor allem in Serbien und der Türkei, wo sie durch Währungsabwertungen gegenüber dem Euro eine größere Dynamik entwickelte. Diese Länder sind auch mit höheren Kosten für Importe von Energie und Lebensmitteln konfrontiert, so dass das Leistungsbilanzdefizit gestiegen ist. Die Arbeitslosigkeit ist hoch und wird sich in den kommenden Jahren auch nicht deutlich verringern.
Mäßiger Preisauftrieb ebbt bald ab
Die gesamte Region wurde von den externen Preisschocks getroffen, die rasch in einer Beschleunigung der lokalen Inflationsraten ihren Niederschlag fanden. Das wiiw sieht den globalen Anstieg der Energie- und Agrarpreise in den Jahren 2007-2008 hauptsächlich durch angebotsseitige Schocks verursacht, die wiederum mit wetterbedingten oder anderen spezifischen Produktionsausfällen zusammenhängen.
Die verantwortlichen Institutionen in den Ländern Mittel-, Ost- und Südosteuropa haben bislang auf den jüngsten Anstieg der Inflation ungewöhnlich gelassen reagiert. Die Länder mit fixen Wechselkursen haben keine Möglichkeit zu reagieren. Andere reagieren schwach (wenn überhaupt), da sie eine Wachstumsverlangsamung erwarten und eher wegen der andauernden realen Aufwertung der lokalen Währungen besorgt sind.
Inflation und Lohnstückkosten bewegen sich langfristig meist parallel. Steigende Löhne bergen keine allzu große Inflationsgefahr, solange der Anstieg der Arbeitsproduktivität ein ähnliches Ausmaß erreicht. Dies gilt für die meisten NMS, ihre längerfristigen Inflationsaussichten sind deswegen entsprechend moderat. Eine außer Kontrolle geratende Preis-Lohnspirale ist nicht zu erwarten. Die Abschwächung der Inflation wird bald deutlich werden – vorausgesetzt, es kommt zu keinen weiteren Preisschocks auf dem Weltmarkt.
Der Preisanstieg am Westbalkan wird ebenfalls bereits wieder schwächer. In Kasachstan, Russland, der Ukraine und der Türkei wird die Verlangsamung der Inflation jedoch mehr Zeit in Anspruch nehmen – nicht zuletzt wegen der höheren Ausgangsbasis.
Regionaler Fokus: Russland
Russland erlebt seit fast zehn Jahren eine Phase des starken Wachstums und der damit verbundenen Wiederbelebung des nationalen Selbstbewusstseins. Auf der negativen Seite stehen die verbreitete Korruption und eine Verschlechterung der Außenbeziehungen – nicht nur mit der EU. Die künftigen Herausforderungen liegen, neben dem Kampf gegen Korruption und zahlreiche bürokratische Auswüchse, vor allem in einer Diversifizierung der Wirtschaft mit Hilfe von industriepolitischen Maßnahmen und staatlich geförderten Programmen.
Die mittelfristigen wirtschaftlichen Aussichten sind günstig: trotz einer Wachstumsverlangsamung aufgrund steigender Einfuhren kann man mit einer zweistelligen Expansion der Binnennachfrage in den kommenden Jahren rechnen.
wiiw-Prognose Ukraine: Privatkonsum boomt
Die Wirtschaft der Ukraine entwickelt sich weiterhin gut, vor allem auf Grund des boomenden privaten Verbrauchs, der von expandierenden Krediten und großzügigen Sozialtransfers profitiert. Der jüngste dramatische Anstieg der Lebensmittelpreise trieb die Inflation auf mehr als 30 Prozent; der Inflationsdruck sollte allerdings in der zweiten Hälfte des Jahres nachlassen, nicht zuletzt wegen der erwarteten guten Getreideernte.
Die unmittelbaren Wachstumsaussichten sind positiv; das Wirtschaftswachstum wird immer stärker von heimischen Faktoren getragen: Die externen Ungleichgewichte sind im Allgemeinen durch hohe Direktinvestitionen aus dem Ausland gedeckt. Letztere werden in Folge des vollzogenen Beitritts zur WTO noch weiter steigen.
wiiw-Prognose Kasachstan: Krise im Bankensektor
Der Bankensektor bleibt das zentrale Problem für Kasachstan, jedoch verfügt die Regierung über genügend finanzielle Mittel, um die Krise zu überstehen. Trotzdem musste die Prognose für das BIP-Wachstum nach unten revidiert werden. Die Inflation kann hingegen etwas niedriger als erwartet angenommen werden, vor allem wegen der höheren Effizienz der breit gefächerten Anti-Inflationspolitik der Regierung.
wiiw-Prognose China: Wachstum versus Inflationsbekämpfung
Auch in China hat sich das hohe Wirtschaftswachstum bisher nur geringfügig verlangsamt. Die Abschwächung der Weltkonjunktur wird vermutlich erst in den kommenden Monaten stärkere Auswirkungen zeigen. Die Wirtschaftspolitik steht vor der schwierigen Aufgabe, Inflationsbekämpfung und Konjunkturstabilisierung gegeneinander abzuwägen.
Quelle: Ostbörsen-Report
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