Kommentar
08:58 Uhr, 18.08.2007

Usbekistan: Ja, auch da gibt es eine Börse

Erwähnte Instrumente

Die Börsen in Zentralasien sind für die meisten hiesigen Anleger noch weiße Flecken auf der Landkarte. Am ehesten ist man noch mit kasachischen Aktien vertraut, weil einige davon auch an deutschen Börsen gehandelt werden können. Aber selbst über die Börse in Kasachstan ist letztlich wenig bekannt.

Noch rudimentärer dürfte der Kenntnisstand über den usbekischen Aktienmarkt sein. Uns ist zumindest kein einziger Bericht über die dortige Börse in hiesigen Medien bekannt. Auch das lässt darauf schließen, dass es im deutschsprachigen Raum kaum Anleger gibt, die usbekische Aktien im Depot haben.

Bis auf weiteres wird das sehr wahrscheinlich auch so bleiben. Hat der Markt doch seine Tücken und ist deswegen nicht für Jedermann als Tummelplatz geeignet. Doch rein fundamental betrachtet ist der Markt interessant. Volkswirtschaftlich und bewertungstechnisch hat Usbekistan jedenfalls einiges zu bieten. So belief sich das Wirtschaftswachstum im ersten Halbjahr 2008 auf 9,3 Prozent. Das Plus lag damit nur leicht unter dem im Vorjahr verbuchten Anstieg von 9,5 Prozent.

Das mit 26 Mio. Einwohnern bevölkerungsreichste Land der Region kann zudem mit einem hohen Leistungsbilanzüberschuss sowie mit schwarzen Zahlen im Staatshaushalt aufwarten. Ermöglicht werden die beiden genannten positiven Rahmendaten auch durch reichlich vorhandene Rohstoffe. Unter anderem gibt es Baumwolle Erdgas, Uran, Gold, Silber, Kohle und Kupfer in nennenswertem Ausmaß.

Gut lesen sich auch Anlegersicht auch die seit 2000 von 31 auf 10 Prozent gesenkte Ertragssteuer für Unternehmen sowie der von 42 auf 25 Prozent gesenkte Spitzensteuersatz für die Einkommenssteuer. Phantasie geht zudem von einem bis 2010 laufenden Privatisierungsprogramm aus, das den Verkauf von gut 1.400 Staatsunternehmen vorsieht (im ersten Quartal ist das bei 97 Firmen geschehen).

Großes Aufholpotenzial

Fortschritte bei den Wirtschaftsreformen sind in der noch immer stark von Staatsunternehmen geprägten Volkswirtschaft aber auch dringend erforderlich. Denn wie der im Vorjahr erreichte Wert von 1,3 Mrd. Dollar signalisiert, fließen die ausländischen Direktinvestitionen derzeit noch spärlich. Wie groß allgemein das Aufholpotenzial des Landes ist, lässt sich schon anhand einiger weniger Zahlen ablesen. So erwirtschaften die Einwohner gerade einmal ein Bruttoinlandsprodukt von 838 Dollar, während es selbst in der Ukraine schon mehr als 3.000 Dollar sind. Die Durchschnittslöhne bewegen sich bei rund 150 Dollar im Monat. Um Anschluss an die Industrienationen zu gewinnen, besteht folglich noch erhebliches Aufholpotenzial.

Das wiederum birgt große Wachstumschancen für die Unternehmen. Doch nicht nur das, viele Gesellschaften sind zudem vergleichsweise günstig bewertet. Titel mit einem KGV von mehr als zehn findet man eher selten. Vielmehr lassen sich noch immer auch Aktien mit einem Kurs-Buchwert-Verhältnis von unter eins finden.

Das klingt attraktiv und das eine oder andere Schnäppchen wird an der 1991 gegründeten usbekischen Börse auch zu finden sein. Allerdings ist ein Teil der niedrigen Bewertung auch auf einige Schwächen zurückzuführen. Zu nennen ist in diesem Zusammenhang vor allem die in vielerlei Hinsicht fehlende Transparenz. Beispielsweise fängt das schon bei den volkswirtschaftlichen Daten an. So wird die Inflationsrate offiziell nur auf 6,8 Prozent beziffert, obwohl sie die Teuerung in Wahrheit eher bei 15 bis 20 Prozent bewegen dürfte. Auch die Arbeitslosenquote von offiziell 0,6 Prozent dürfte in Wirklichkeit eher bei bis zu 20 Prozent liegen.
Es fehlt überall an Transparenz

Auch politisch gesehen gibt es einige Schwachstellen. Von wirklich freien Wahlen kann nicht die Rede sein. Der 70-jährige Präsident Islam Karimow ist seit 1989 ununterbrochen an der Macht. Er leistet gerade seine dritte Amtszeit ab, obwohl die Verfassung eigentlich nur eine einmalige Wiederwahl zulässt. Die mit staatlicher Gewalt niedergeschlagenen Unruhen im Jahr 2005 zeigen, dass das Land nicht frei von Spannungen ist. Ein großes Problem stellt zudem wirtschaftlich betrachtet die fehlende Konvertierbarkeit der usbekischen Währung Sum dar. Etwas unbefriedigend sind auch die zehnprozentige Kapitalgewinnsteuer sowie die bei Ausländern fällig werdende Steuer von zehn Prozent, die bei der Rückführung von Gewinnen automatisch zusätzlich fällig wird.

Auch am 1994 gegründeten Aktienmarkt selbst gibt es noch viel zu tun, bis von einer effektiv arbeitenden Börse gesprochen werden kann. Es fehlt an Transparenz bei der Kursfeststellung (95 Prozent der Börsenkurse stimmen nicht mit den richtigen Marktpreisen überein), die Berichtspflichten der Unternehmen sind noch wenig umfassend und der Aktienindex TASIX wird nicht berechnet. Ein bezeichnendes Bild gibt auch das kleine Detail ab, wonach es für die Internetseite der Börse in Tashkent (www.uzse.uz) noch immer keine englischsprachige Fassung gibt.

Schon diese kurze Aufzählung zeigt, dass es an der usbekischen Börsen noch vieles zu tun gibt. Was den aktuellen Status Quo angeht, kann der lokale Aktienmarkt unterteilt werden in ein organisiertes und ein unorganisiertes Segment. Der organisierte Markt kann ist unterteilt in einen „Exchange Market“ und „Extra-Market Exchanges. Der organisierte Markt wird repräsentiert durch die Republican Stock Exchange “Toshkent”, während die organisierten Extra-Market Exchanges aus dem Interbank Trading System (ITS) und dem Electronic Secondary Market Trading System (ESMTS) – “Elsis-Savdo” bestehen. Die unorganisierten Märkte umfassen alles, was außerhalb der genannten Organisationen abläuft.

Die Republican Stock Exchange “Toshkent” ist der wichtigste Handelsplatz für Wertpapiere in Usbekistan. Dort werden 88 Prozent aller organisierten Geschäfte abgewickelt, während es an der ESMTS “Elsis-Savdo” nur zehn Prozent sind. Ende 2007 waren in Usbekistan 1.925 Joint Stock Companies mit einem Gesamtkapital von 2,5 Mrd. Dollar registriert. 921 davon waren Staatsunternehmen mit einem Kapital von rund zwei Mrd. Dollar, was rund 80 Prozent des Gesamtkapitals entspricht. Das durchschnittliche Kapital eines Unternehmens erhöhte sich 2007 von 1,2 Mio. Dollar auf 1,3 Mio. Dollar.

Die Börsenumsätze sind noch immer sehr niedrig, auch wenn sich die Liquidität verglichen mit vor einem Jahr schon verdreifacht hat. An der Tashkent Stock Exchange werden aber dennoch bisher monatlich nur Aktien im Wert von rund acht Mio. Dollar gehandelt und Elsis Savdo kommt auf Umsätze von rund einer Mio. Dollar. Die gesamte Marktkapitalisierung wird von Experten auf rund acht Mrd. Dollar geschätzt.

Der wichtigste Trend im Vorjahr war der Anstieg bei den Neuemissionen. Ende 2007 belief sich das Volumen der Transaktionen hier auf 211 Mio. Dollar, was dem 2,4-fachen des Jahres 2006 entspricht. Von neu gegründeten Joint Stock Companies wurden dabei 130,8 Mio. Dollar emittiert, was eine Steigerung um das 3,1-fache ist. Die Transaktionen mit Privatunternehmen beliefen sich auf 77,5 Mio. Dollar (plus 65 Prozent).

Zementhersteller Bekabadcement kommt ins Musterdepot

Wer sich trotz der erwähnten Tücken für ein Engagement interessiert, dem bieten inzwischen erste Broker Zugangsmöglichkeiten an. Zu den uns bekannten Anbietern, die das tun, zählen Orient Capital Management (www.orientcap.uz, Ansprechpartner: Roman Morozov, r.morozov@eastkom.com) und Sokrat Investment Group (www.sokrat.com.ua, Ansprechpartner: Konstantin Lisnychyy, lisnychyy@sokrat.kiev.ua). Beide Häuser bieten Brokerdienstleistungen und Research zu Usbekistan an. Und die nötigen Schritte zur Einrichtung der erforderlichen Infrastruktur zur Kaufabwicklung kann auch von Deutschland aus abgewickelt werden.

Wie in anderen ähnlich gestrickten Volkswirtschaften wie Usbekistan dürften Aktien aus den Bereichen Bau, Versorger und Banken mit die besten Perspektiven bieten. Der Kauf von Bankaktien wird allerdings dadurch erschwert, dass man als Ausländer eine Erlaubnis der Notenbank braucht.

Einen interessanten Eindruck unter den Einzelwerten macht der mit einem Marktanteil von zehn Prozent drittgrößte Zementhersteller Bekabadcement (Kurs: 650 Dollar). Bei einer Marktkapitalisierung von derzeit 36,4 Mio. Dollar und einem im Vorjahr eingefahrenen Nettogewinn von 16,5 Mio. Dollar bewegt sich das KGV hier gerade einmal auf 2,2. Auch die Bewertung des Versorgers Bukhara Electric Gridlines scheint bei einem KGV von 7,4 akzeptabel zu sein, wenn man davon ausgeht, dass der Stromverbrauch in den nächsten Jahren ebenso wie die Strompreise deutlich zunehmen wird. Für den Gaskonzern Uggasstroy als dritten Favoriten spricht die für 2009 geplante deutliche Gaspreiserhöhung sowie ein KGV von knapp fünf. Bei allen diesen drei genannten Werten kann der Broker Sokrat eigenen Aussagen zufolge Stücke anbieten. Von den genannten Werten nehmen wir Bekabadcement neu in das Musterdepot auf.

Quelle: Ostbörsen-Report

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Interview

„Die usbekische Börse bedeutete Börsenhandel wie in Deutschland vor 100 Jahren“

Über die usbekische Börse wird in hiesigen Medien kaum etwas berichtet. Dabei hat der (zugegeben noch sehr intransparente) Markt noch günstig bewertete Aktien zu bieten. Um etwas Licht ins Dunkel zu bringen, haben wir mit Roman Morozov, Senior Equity Sales & Trading bei der russischen EastKommerts Investment Group gesprochen. Das Unternehmen bietet über die usbekische Tochter Orient Capital Management übrigens auch Privatanlegern die Möglichkeit zu einem Investment vor Ort.

Herr Morozov, was spricht derzeit für ein Investment am usbekischen Aktienmarkt?

Für usbekische Aktien spricht vor allem, dass sie mit einem hohen Bewertungsabschlag gegenüber anderen Aktien in der entwickelten Welt gehandelt werden. Der geringe Entwicklungsgrad und das langsame Wachstum der Finanzmärkte in Usbekistan bedeutet für die Zukunft noch großes Potenzial. Auch bei der Privatisierung von Staatsunternehmen besteht noch großes Potenzial. So beläuft sich die Zahl der Privatunternehmen gerade einmal auf 20 Prozent.

Wie würden Sie derzeit die wirtschaftliche Ausgangslage beschreiben?

Anders als die meisten anderen Länder war die usbekische Volkswirtschaft von der Kreditkrise in Amerika nicht betroffen. Mit dem höchsten Leistungsbilanzüberschuss unter allen zentralasiatischen Staaten und Usbekistan nicht anfällig für externe Liquiditätsschocks. Das Bankensystem ist stabil und zeigt keine Anzeichen von Liquiditätsproblemen.

Was kann konkret zu den Bewertungen gesagt werden?

Die meisten usbekischen Firmen sind fundamental unterbewertet. Wir haben für die größten Unternehmen strenge Discounted cash Flow Berechnungen angestellt und dabei hat sich gezeigt, dass hohes Kurspotenzial besteht.

Welche Werte favorisieren Sie?

Der usbekische Aktienmarkt ist sehr klein. Als Sektor favorisieren wir die Zementindustrie (bei Kyzylkumcement handelt es sich um den größten Zementproduzenten in Zentralasien), Versorger mit einer hohen Eigenkapitalrendite wie Bukhoro Power Networks, Öl- und Gaswerte wie Mubarekneftgazmontaj. Gemessen am Kurs-Buchwert-Verhältnis ist der Bankensektor deutlich unterbewertet. Allerdings gibt es für ausländische Investoren auch einige Beschränkungen bei Investments in Bankaktien.

Ist es nicht allgemein sehr schwierig für Ausländer am usbekischen Aktienmarkt zu investieren? Wie kann sich ein Investor auf dem Laufenden halten, wie sieht es mit der Liquidität aus und mit den Spreads?

Nein, es ist nicht schwierig zu investieren. Alles was getan werden muss, ist ein Wertpapierkonto bei einer lokalen Depotstelle zu eröffnen und einen Vertrag mit einem lokalen Broker abzuschließen. Wir können beides inklusive Dienstleistungen im Investment Banking sowie Research anbieten. Wir informieren unsere Kunden mit unseren wöchentlichen Marktberichten und mit unserem Research zu den größten Unternehmen. Einige Titel sind sehr liquide und werden ständig nachgefragt. Auf der Internetseite der Börse in Tashkent (www.uzse.uz) können die getätigten Transaktionen nachverfolgt werden. Man muss dabei aber beachten, dass wegen der Besonderheiten des lokalen Aktienmarktes einige Transaktionen nicht die wahren Marktpreise widerspiegeln.

Und wie steht es mit den Themen Gewinnverschiebungen, Rechte der Minderheitsaktionäre und Shareholder Value?

Die Rechte der Minderheitsaktionäre sind per Gesetz geschützt. Corporate Governance gibt es, aber auf niedrigem Niveau. Nur wenige Unternehmen veröffentlichen Jahresberichte und was Informationen angeht, sind die Unternehmen nicht sehr transparent. Bald sollen aber die Veröffentlichungspflichten verschärft werden. Dann sollen alle börsenotierten Unternehmen Jahresberichte veröffentlichen. Ob diese dann aber vollständig sein werden, bleibt abzuwarten.

Wenn die Unternehmen oft keine Jahresberichte veröffentlichen, auf welche Informationen basieren dann die Anlageentscheidungen?

Normalerweise werden nur sehr reduzierte Jahresberichte in der Börsenzeitung von Uzbekistan veröffentlicht – viel Info kriegen Sie also daraus nicht. Deshalb treffen sich die Investoren mit dem Top-Management von verschiedenen Unternehmen selbst, oder die professionellen Marktteilnehmer machen das für die Investoren. In beiden Fällen bekommt man dann die nötigen Informationen vollständig. Stellen Sie sich ein Börsenhandel in Deutschland vor 100 Jahren vor – das ist Uzbekistan heute. Deshalb sind Engagements auch nur für professionelle Investoren geeignet.

Was ist das größte Risiko für den Markt?

Die volkswirtschaftliche Entwicklung hängt eng mit den Rohstoffpreisen zusammen. Dank sehr stark gestiegener Preise für Gold, Baumwolle, Öl und Gas wuchs die Wirtschaft im Vorjahr um acht Prozent. Ansonsten weist Usbekistan die gleichen Risiken wie jedes andere Schwellenland auch auf.

Wie ist die Lage am lokalen Immobilien- und am Anleihemarkt?

Der lokale Immobilienmarkt ist unterentwickelt und hat hohes Wachstumspotenzial. So gibt es in der drei Millionen Einwohner großen Hauptstadt Tashkent zu wenig Wohnraum und trotzdem bewegen sich die Durchschnittspreise pro Quadratmeter nur bei 500 bis 800 Dollar. Der Anleihemarkt steckt noch in den Kinderschuhen.

Was sollten potenzielle Investoren noch beachten?

Als Schwellenland bietet die usbekische Börse gute Möglichkeiten zur Diversifikation. Politisch gesehen erwarten wir keine Veränderungen und volkswirtschaftlich betrachtet wächst das Land stetig. Es gab einige Konvertierungsprobleme, aber das ist jetzt kein Thema mehr.

Quelle: Ostbörsen-Report

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