Prager Börse nimmt konjunkturellen Abschwung vorweg
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Die tschechische Wirtschaft hat die Kreditkrise im ersten Halbjahr noch überraschend gut überstanden. Die in den ersten sechs Monaten verbuchte Zuwachsrate von 4,6 Prozent kann jedenfalls als relativ robust bezeichnet werden. Dank einem moderaten Haushaltsdefizit und relativ geringen Auslandschulden wird Tschechien oft als ein Hort der Stabilität in Zentraleuropa bezeichnet. Wegen dem soliden volkswirtschaftlichen Datenkranz hat die Ratingagentur Standard & Poor´s erst unlängst die Bonität des Landes bestätigt. Etliche andere osteuropäische Staaten mussten dagegen Rückstufungen hinnehmen.
Doch alle diese Pluspunkte haben am Prager Aktienmarkt in diesem Jahr keine große Rolle gespielt. Wie fast überall ging es auch dort kräftig abwärts mit den Kursen. Im Tief notierte der PX Index knapp unter 700 Punkte. Gegenüber dem Ende Oktober 2007 markierten Rekordhoch bedeutete das ein Minus von fast 64 Prozent. Jüngst haben sich die Kurse zwischenzeitlich zwar sehr deutlich um gut 23 Prozent erholt. Trotzdem steht in diesem Jahr in tschechischen Kronen gerechnet aktuell noch immer ein Minus von fast 54 Prozent zu Buche. Zu tun hat dieser Abschlag sicherlich auch mit der Sorge vor einer noch kommenden konjunkturellen Abkühlung. Und im dritten Quartal ist Tschechiens Wirtschaft mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 4,2 Prozent so langsam gewachsen wie seit vier Jahren nicht mehr.
Im PX-Index kann nur die Zentiva-Aktie Kursgewinne aufweisen
Unter den 14 an der Prager Börse gelisteten Aktien hat es einige Titel übrigens noch deutlicher schlimmer als den Index erwischt. Am stärksten unter die Räder kam das Immobilienunternehmen Orco und auch der Mitkonkurrent ECM hat unterproportional abgeschnitten. In diesen beiden Fällen müssen die Anleger Abschläge von 92 und 78 Prozent verkraften. Erklären lässt sich das mit der Sorge, dass die Kreditklemme noch deutliche Spuren im Portfolio hinterlassen wird. Annähernd ähnlich stark verloren wie Orco hat mit minus 84 Prozent auch die Mediengesellschaft CME. Hier spielte die Stärke des Dollar gegenüber der Krone ebenso eine Rolle wie das als sehr zyklisch eingeschätzte operative Geschäft. Mit Kursrückgängen von jeweils gut 80 Prozent ist die Performance bei den beiden jüngsten Neuemissionen, dem Autohändler AAA Auto und dem Bergbaukonzern NRW ebenfalls nicht dazu angetan, die Erstzeichner für ein Investment in tschechische Aktien zu begeistern. Über Kursgewinne freuen können sich in diesem Jahr lediglich die Anteilseigner von Zentiva. Als Kursstütze erwies sich hier das vom Wettbewerber Sanofi-Aventis abgegebene Übernahmeangebot.
Die positive Wertentwicklung der Zentiva-Aktie reichte aber alleine nicht aus, um den PX-Index vor einem Absturz zu bewahren. Die negativen Effekte der Kreditkrise, die Länder wie Ungarn in arge Bedrängnis brachte, wogen einfach schwerer. Haben sie doch dazu geführt, dass sich die sehr risikoscheu gewordenen Anleger auch von den zentralosteuropäischen Börsen abgewandt haben. Außerdem befürchten die meisten Marktteilnehmer offenbar auch noch verzögerte negative Rückkoppelungen auf die tschechische Wirtschaft. So haben die Volkswirte von Goldman Sachs gerade erst die Schätzung für das Wirtschaftswachstum im kommenden Jahr von 2,5 Prozent auf nur noch 0,8 Prozent gesenkt. Diese Prognose liegt deutlich unter dem Konsens von plus 2,4 Prozent und auch klar unter der Prognose der Notenbank, die mit einem Plus von 2,9 Prozent rechnet. Zur Begründung wird auf die hohe Exportabhängigkeit verwiesen. Und nachdem Westeuropa eine Rezession droht und 57 Prozent der Exporte in die Euro-Länder gehen, klingt die pessimistische Prognose durchaus plausibel. Zumal nicht vergessen werden darf, dass Tschechien auch viel für die gebeutelte Autoindustrie produziert.
Bewertungen gefallen, aber Gewinnschätzungen dürften zu hoch sein
Zumindest etwas gemildert wird die damit einhergehende Unsicherheit durch die deutlich gefallenen Bewertungen. Mit Orco, Unipetrol, Philip Morris C.R. und Telefonica O2 C.R. weisen vier Werte zweistellige prozentuale Dividendenrenditen auf. Hinzu kommt ein Kurs-Gewinn-Verhältnis der PX-Vertreter für 2009 und 2010 von im Schnitt neun und sieben. Allerdings gibt es auch hier noch einen kleinen Haken. Die Gewinnschätzungen der österreichischen Raiffeisen Research, auf denen diese Angaben beruhen, basieren auf der Annahme von Unternehmensgewinnen, die im nächsten Jahr im Schnitt um 19,1 Prozent steigen sollen. Angesichts der volkswirtschaftlichen Unsicherheiten dürfte dahinter aber noch ein Fragezeichen stehen. Fraglich ist auch, ob etwa ein Unternehmen wie Orco das Dividendenniveau künftig halten kann.
Ein anderer Strohhalm, an den sich die Bullen klammern, ist die Aussicht auf weiter fallende Leitzinsen. Zwar hat die Notenbank bereits einmal kräftig die Zinsen um 75 Basispunkte auf 2,75 Prozent zurückgenommen. Bei Goldman Sachs gehen die Volkswirte aber von einer weiteren Senkung bis auf 1,5 Prozent aus. Bei der Komercní banka glaubt man aber trotzdem nicht an ein baldiges Eigenleben der tschechischen Börse. „Die Entwicklung wird vermutlich weiter von der Lage an den Westmärkten abhängen“, glaubt Analyst Josef Nemý. „Die zuletzt vorherrschende Abneigung gegenüber Schwellenländern könnte zu einem vergleichsweise schwachen Abschneiden des Prager Aktienmarktes führen.“ Wie er weiter vermutet, dürfte der Abwärtstrend abgesehen von einer möglichen Kurserholung zum Jahresende erst im zweiten Halbjahr 2009 für den Fall beendet werden, dass sich eine konjunkturelle Belebung abzeichnen sollte. Erschwert wird eine konkrete Kursprognose aber noch durch die nach wie vor großen Unsicherheiten im Finanzsektor. Schließlich hat diese Branche im PX Index ein hohes Gewicht von rund 40 Prozent.
Quelle: Ostbörsen-Report
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