Kommentar
10:55 Uhr, 05.10.2009

USA - Wohin geht das?

ISM-Index verharrt auf akzeptablem Niveau – realwirtschaftlich harte Daten überraschen positiv

• Der nationale Einkaufsmanagerindex (ISM-Index) für das verarbeitende Gewerbe ist im September geringfügig um 0,3 Punkte auf 52,6 Punkte gefallen. Verschlechtert haben sich die Komponenten Auftragseingänge und Produktion.

• Die privaten Einnahmen erhöhten sich im August aufgrund gestiegener Löhne und Gehälter um 0,2 % gegenüber dem Vormonat. Der zweite Monat der Auto-Abwrackprämie („Cash for Clunkers“) führte zu einem starken Konsumzuwachs von 1,3 % mom. Ohne Auto und Energie stiegen die Ausgaben ebenfalls kräftig um 0,6 % gegenüber dem Vormonat.

• Die weiteren Immobilien- und Arbeitsmarktindikatoren, die heute veröffentlicht wurden, stellten eher positive Marktüberraschungen dar.

1. Zum Monatsanfang wurde heute eine Vielzahl an makroökonomischen Daten veröffentlicht. Insgesamt haben hierbei aus realwirtschaftlicher Sicht die positiven Überraschungen überwogen. Die Ergebnisse im Einzelnen:

2. Der nationale Einkaufsmanagerindex (ISM-Index) für das verarbeitende Gewerbe ist im September von 52,9 auf 52,6 Punkte geringfügig gefallen. Bereits verschiedene regionale Umfrageergebnisse hatten darauf hingedeutet, dass eine deutliche Stimmungsaufhellung kaum zu erwarten gewesen ist. Von fünf eingehenden Teilkomponenten des ISM-Index haben sich im Vergleich zum Vormonat zwei verschlechtert (Auftragseingänge, Produktion), eine blieb nahezu unverändert (Beschäftigung) und zwei verbesserten sich (Lager, Lieferfristen). Nach Angaben des Institute for Supply Management korrespondiert der Septemberwert des ISM-Index mit einem gesamtwirtschaftlichen Wachstum von 3,6 % (annualisiert). Die geringfügige Stimmungseintrübung findet also, wenn man so will, auf einem relativ hohen Wachstumsniveau statt.

3. Die Zahlen zur Einkommens- und Ausgabenentwicklung der privaten Haushalte fielen insgesamt besser als erwartet aus. Im August stiegen die persönlichen Einkommen im Vergleich zum Vormonat um 0,2 %. Zudem wurde der Vormonat nach oben revidiert. Zum zweiten Mal in Folge war für das Einkommensplus ein monatlicher Lohnzuwachs verantwortlich (0,2 % mom). Dies bestätigt unsere Einschätzung, dass der Arbeitsmarkt insgesamt keine Bremse mehr für den Konsum und damit letztlich für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung darstellt. Da es sich hierbei allerdings um nominale und nicht preisbereinigte Zuwächse handelt, schiebt die Lohnentwicklung noch nicht. Dies dürfte sich vermutlich erst im Frühjahr kommenden Jahres ändern. Wie in den Monaten zuvor erhöhten sich auch die Unternehmereinkommen und die Mieteinnahmen, während die Dividenden- und Zinseinnahmen weiter rückläufig sind. Die privaten Konsumausgaben stiegen aufgrund der Auto-Abwrackprämie um 1,3 % gegenüber dem Vormonat. Dies ist der kräftigste Konsumanstieg seit knapp acht Jahren. Neben dem Automobilbereich stiegen (preisbedingt) auch die Ausgaben für Energiegüter. Rechnet man beide Bereiche heraus, dann erhöhten sich die Konsumausgaben um 0,6 % gegenüber dem Vormonat. Dies ist die eigentliche positive Überraschung, denn solch einen Konsumzuwachs gab es zuletzt im April 2008.

4. Die Sparquote verringerte sich deutlich von 4,0 % auf 3,0 %. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Kaufaktivität im Bereich Automobile im September deutlich abgenommen haben wird. Grund hierfür ist, dass die von der Regierung bereitgestellten Mittel für die Auto-Abwrackprämie bereits im August vollständig ausgeschöpft worden sind. Insoweit dürfte dies zu einer wieder steigenden Sparquote im September führen. Der Dreh bei der Lohnentwicklung sowie die starke Konsumentwicklung sind sicherlich erfreulich. Das Lohnwachstum (daraus ableitbar das Einkommenswachstum) ist bislang aber noch nicht kräftig genug, um eine dauerhaft steigende Konsumtätigkeit zu prognostizieren. Aufgrund des zu erwartenden Rückpralls im 3 Automobilsektor dürfte die Konsumtätigkeit im dritten Quartal zwar stark gewesen sein, aber im vierten Quartal nochmals sinken.

5. Der Deflator der privaten Konsumausgaben (PCE-Deflator) ist aufgrund gestiegener Energiekosten um 0,3 % gegenüber dem Vormonat angestiegen. Der PCE-Deflator in der Abgrenzung ohne Lebensmittel und Energie, das von der Fed präferierte Maß der Kerninflation, stieg im Vergleich zum Vormonat um 0,1 % und die Jahresveränderungsrate sank auf 1,3 %. Dies ist die niedrigste Inflationsrate nach dieser Abgrenzung seit September 2001. Die schwache Preisentwicklung der vergangenen Monate ist vor dem Hintergrund der extremen Unterauslastung der Volkswirtschaft nicht überraschend.

6. Neben diesen aus Makrosicht wichtigsten Konjunkturdaten des heutigen Tages, wurden noch zwei Immobilienmarkt- und ein Arbeitsmarktindikator veröffentlicht. Die Bauausgaben, die ein Indikator für die aktuelle Bauaktivität sind, stiegen um 0,8 % gegenüber dem Vormonat. Hintergrund ist eine starke Aktivität im Bereich des privaten Wohnungsbaus. Es ist durchaus möglich, dass die Wohnungsbauinvestitionen im dritten Quartal erstmals seit Ende 2005 nicht gegenüber dem Vorquartal gesunken sind. Der Gewerbebau, der erst im zweiten Halbjahr 2008 in die Schrumpfungsphase eingetreten ist, findet aus dieser aber bislang nicht heraus. Im August sind in diesem Bereich die Ausgaben nochmals wenn auch leicht um 0,1 % gegenüber dem Vormonat gesunken. Die Entwicklungen im Gewerbebau sind deutlich träger als beispielsweise im Wohnungsbau, sodass bis in das kommende Jahr hinein mit einer rückläufigen Investitionstätigkeit zu rechnen ist. Daneben stieg der Index der schwebenden (also noch nicht abgeschlossenen) Hausverkäufe im August um 6,3 % gegenüber dem Vormonat. Die Nachfrage nach Häusern scheint also derzeit sehr stark anzusteigen.

7. Im Vorfeld des morgen mit Spannung erwarteten Arbeitsmarktberichts wurden die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe für die 39. Kalenderwoche veröffentlicht. Diese stiegen unerwartet auf 551.000 Anträge, wenngleich der Abwärtstrend der vergangenen Monate weiterhin intakt zu sein scheint. Somit dürfte auch der Beschäftigungsabbau weiterhin an Dramatik verlieren.

8. Insgesamt sind heute vor allem die harten realwirtschaftlichen Daten deutlich besser als von uns erwartet ausgefallen. Somit sind leichte Prognosekorrekturen nach oben insbesondere bei unserer BIP-Prognose für das dritte Quartal notwendig geworden. An unserer grundsätzlichen Einschätzung eines zähen Konjunkturaufschwungs ändert sich aber weiterhin nichts.

Arbeitsmarktbericht unterstreicht holprigen Konjunkturaufschwung

• Die Anzahl der Beschäftigten ist im September um 263.000 Personen gesunken. Die Arbeitslosenquote stieg erwartungsgemäß auf 9,8 %. Die durchschnittlichen Stundenlöhne legten im Vergleich zum Vormonat um 0,1 % zu.

• Der Arbeitsmarktbericht fiel zwar auf den ersten Blick enttäuschend aus, die Details deuten aber darauf hin, dass sich die Situation am Arbeitsmarkt in den kommenden Monaten weiter verbessern wird. Einmal mehr wird unsere Einschätzung eines holprigen Konjunkturaufschwungs bestätigt.

1. Nach zwei durchaus positiven Arbeitsmarktberichten in Folge, die eine allmähliche Verbesserung am Arbeitsmarkt angedeuteten hatten, ist der Bericht für September enttäuschend ausgefallen. Im September sank die Anzahl der Beschäftigten um 263.000 Personen und damit deutlich stärker als erwartet (Bloomberg-Median: -175.000 Personen; DekaBank: -170.000 Personen). Die Arbeitslosenquote stieg zwar erwartungsgemäß von 9,7 % auf 9,8 % an (Bloomberg-Umfrage: 9,8 % DekaBank: 9,7 %), dafür erhöhten sich die durchschnittlichen Stundenlöhne nur um 0,1 % gegenüber dem Vormonat und die Jahresveränderungsrate rutschte mit 2,5 % auf das tiefste Niveau seit Anfang 2005. Während die Arbeitsmarktberichte für Juli und August eine sukzessive spürbare Besserung angedeutet hatten, brachten die Septemberzahlen nun eine gewisse Ernüchterung.

2. Auf den zweiten Blick enthält der Arbeitsmarktbericht für September jedoch durchaus positive Aspekte. Die Details zeigen, dass sich grundsätzlich die Situation am Arbeitsmarkt nicht wesentlich verschlechtert hat. Denn der höhere Beschäftigungsabbau im September im Vergleich zum August geht letztlich nur auf drei Teilbereiche zurück: Handel-, Transport- u. Versorgungssektor, Gesundheits- und Bildungswesen und Staatsunternehmen. Der gestiegene Beschäftigungsabbau im Handel lässt sich auf den Einzelhandel zurückführen. Er dürfte etwas mit dem Auslaufen der Auto-Abwrackprämie zu tun haben. Im Gesundheitsund Bildungswesen hatte im August ein vergleichsweise kräftiger Beschäftigungsaufbau in Höhe von knapp 2 50.000 Personen stattgefunden, die schwächere Entwicklung im September ist also als Rückpralleffekt zu werten. Schließlich dürfte die schwierige Finanzlage der Bundesstaaten (und Kommunen) zum Abbau der Beschäftigten bei Staatsunternehmen beigetragen haben. Zudem hat sich die Situation insbesondere im Bereich der unternehmensnahen Dienstleister weiter verbessert. Diesem Sektor wird, insbesondere weil hier auch die Zeitarbeiter enthalten sind, eine Vorlaufeigenschaft gegenüber der Gesamtentwicklung attestiert. Der Beschäftigungsabbau von knapp 8.000 Personen ist der geringste seit April 2008.

3. Der Arbeitsmarktbericht für September fiel enttäuschend aus, und das Herausrechnen von Teilstatistiken soll nicht dem „Schönrechnen“ dienen. Nimmt man die Summe aus Beschäftigungs- und Lohnentwicklung und berücksichtigt zudem den Rückgang der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit, dann lässt sich hieraus ein erneuter Rückgang der Löhne und Gehälter im September ableiten. Dies ist gemessen an den leichten Zuwächsen im Juli und August enttäuschend und bedeutet, dass die Einkommensentwicklung und damit auch die Konsumentwicklung im September schwach gewesen sein dürften. Gleichwohl waren wir auch nicht davon ausgegangen, dass diese Lohn- und Gehaltssumme nun jeden Monat ansteigen würde. Hiermit ist erst im nächsten Jahr zu rechnen. Bei aller (Markt-)Enttäuschung ist eben nicht zu vernachlässigen, dass weiterhin mit einem zähen und holprigen Aufschwung zu rechnen ist. Der Arbeitsmarktbericht für September unterstreicht eindrucksvoll diesen holprigen Verlauf: So sind die aggregierten Daten schwach ausgefallen und gleichzeitig deuten die Details auf eine zukünftige Verbesserung der Arbeitsmarktentwicklung hin. Wir gehen daher weiterhin davon aus, dass der Dreh am Arbeitsmarkt geschafft wurde, wenngleich die Anzahl der Beschäftigten vorerst noch weiter fallen wird.

Rudolf Besch - Analyst bei der Dekabank

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