USA: Überraschend schwache Ergebnisse der Bankenumfrage
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1. Im Sommer dieses Jahres nahmen in den USA die Rezessionssorgen aufgrund der Finanzmarktturbulenzen deutlich zu: Konjunkturindikatoren wie der nationale Einkaufsmanagerindex gingen südwärts und für August wurde ein regionaler Stimmungsindikator auf Rezessionsniveau gemeldet. Zumindest in der Erstmeldung war auch die Beschäftigungsentwicklung im August enttäuschend, da nur eine Stagnation gemeldet wurde. Seither nahmen die Rezessionssorgen nach und nach wieder ab. Insbesondere der extrem starke Augustanstieg der Auslieferungen für Investitionsgüter zeigte, dass von einem Attentismus der Unternehmen nicht gesprochen werden kann. Die zeitweise befürchtete Verhaltensänderung der Unternehmen sowie der Konsumenten blieb aus. Gestern Abend wurden die Ergebnisse der jüngsten Bankenumfrage Senior Loan Officer Opinion Survey (SLOOS) von der Fed für das vierte Quartal veröffentlicht, und sie lassen befürchten, dass die Unternehmen verspätet auf die Verspannungen der globalen Finanzmärkte reagieren könnten. Der SLOOS beinhaltet (unter anderem) Informationen zu den
(1) Banken, die eine veränderte Kreditnachfrage seitens der Unternehmen verbuchten,
(2) Banken, die ihre Kreditvergabe-Konditionen für Unternehmen geändert haben,
(3) Banken, deren Zinsdifferenz (aus Kreditzinsen und Refinanzierungszinsen) sich verändert hat.
Im Vergleich zum Vorquartal haben sich die Ergebnisse in allen drei Bereichen verschlechtert. Allerdings ist das Ausmaß höchst unterschiedlich. Geradezu eingebrochen ist der Saldenwert im Bereich der Kreditnachfrage. Erstmals seit einem Jahr wurde hier wieder ein im Vergleich zu früheren konjunkturellen Aufschwüngen unterdurchschnittlicher Wert erreicht. Weit weniger dramatisch sind die Verschlechterungen der Ergebnisse im Bereich der Kreditvergabe-Konditionen und der geforderten Zinsdifferenz. Insbesondere im Bereich der Kreditvergabe-Konditionen liegt weiterhin ein überdurchschnittlicher Saldenwert vor. Die abweichenden Entwicklungen der Umfrageergebnisse lassen den Schluss zu, dass die schwächere Kreditnachfrage der Unternehmen nicht auf ein Wiederaufflammen der noch schwelenden Bankenkrise zurückzuführen ist.
2. Die Umfrageergebnisse bezüglich der Kreditnachfrage stellen für uns eine negative Überraschung da. Wir hatten aufgrund von monatlichen Umfragen sogar mit einer wieder höheren Nachfrage gerechnet. Durchaus denkbar ist, dass sich die Rezessionsbefürchtungen vom dritten Quartal mit Verspätung beim SLOOS zeigen. Denn der SLOOS für das dritte Quartal wurde bis Ende Juli erhoben, also knapp vor dem Beginn der Finanzmarktturbulenzen. Die nun vom SLOOS angedeutete schwache Kreditnachfrage im vierten Quartal würde demnach nur einen Nachholeffekt darstellen. Allerdings war weder die Entwicklung des tatsächlichen Kreditvolumens noch die Investitionsdynamik in den vergangenen Monaten schwach. Einen Nachholeffekt lässt sich hiermit also nicht belegen. Somit bliebe als Erklärung nur ein verspäteter Attentismus der Unternehmen. Tatsächlich beinhaltet unsere Investitionsprognose eine Beinahstagnation im vierten Quartal 2011. Hintergrund hierfür ist aber nicht der Beginn einer zurückhaltenden Investitionsbereitschaft der Unternehmen, sondern negative Rückpralleffekte nach übertrieben starken Zuwächsen im dritten Quartal in gleich mehreren Investitionsbereichen. Entsprechend schwache Investitionsindikatoren sollten also ohnehin für Oktober gemeldet werden. Einen Revisionsbedarf für unsere Investitionsprognose würde sich somit erst dann ergeben, wenn sich die Rückgänge bei den Investitionsindikatoren in den Folgemonaten fortsetzten würden. Die SLOOS-Ergebnisse reichen unserer Einschätzung nach für solch ein Szenario aber nicht aus.
Die Ergebnisse im Einzelnen:
3. Im vierten Quartal 2011 hat sich der Saldo für die Kreditnachfrage von +12,9 auf -17,3 Punkte verschlechtert. Ein negativer Wert signalisiert, dass mehr Banken eine gesunkene Kreditnachfrage melden als eine gestiegene. Die Verschlechterung des Saldos war bei mittleren und großen Unternehmen ausgeprägter als bei kleinen Unternehmen. Insgesamt signalisieren die Ergebnisse, dass die Unternehmensinvestitionen im vierten Quartal 2011 im Vergleich zum Vorjahresquartal nur geringfügig ansteigen werden. Im Vergleich zum Vorquartal entspräche dies allerdings einem sehr deutlichen Rückgang der Investitionen.
4. Ebenfalls verschlechtert hat sich der Saldo der Kreditvergabe-Konditionen der Banken. Gemessen wird hier der Anteil der Banken, die ihre Konditionen verschärft haben, abzüglich des Anteils derjenigen, die ihre Konditionen gelockert haben. Dieser Saldo der Kreditvergabe-Konditionen verschlechtert sich im vierten Quartal von -14,8 Punkten auf -6,1 Punkte. Die Verschlechterung fand vor allem im Bereich der mittleren und großen Unternehmen statt. Der Saldo der Kreditvergabe- Konditionen signalisiert eine weiterhin verhältnismäßig hohe Jahresveränderungsrate der Gewerbeinvestitionen. Aufgrund der Vorlaufeigenschaft dieses Indikators gegenüber der Investitionstätigkeit der Unternehmen von ca. zwei bis drei Quartalen deutet sich allerdings eine Verringerung der Investitionsdynamik im ersten Halbjahr 2012 an. Dies entspricht unserem aktuellen Prognosestand.
5. Der Saldo bezüglich der von den Banken verlangten Zinsdifferenz (Differenz aus Kreditzinsen und Refinanzierungskosten) ist von -48,4 im Vorquartal auf -44,6 Punkte gestiegen. Damit signalisiert er zum fünften Mal in Folge, dass im Saldo die Banken die verlangte Zinsmarge eingeengt haben. Ein negativer Saldo bedeutet, dass die Unternehmen für Bankkredite einen geringeren Zinsaufschlag zahlen müssen als bisher. Die Ergebnisse lassen zwar keinen Schluss auf die eigentliche Zinshöhe zu. Aufgrund des grundsätzlich niedrigen Zinsniveaus (Leitzinsen, Staatsanleihen), hat die Zinsbelastung der Unternehmen vermutlich nochmals nachgelassen.
Quelle: DekaBank
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