USA: Industrie stark, Einzelhandel moderat: Wirtschaftswachstum erfreulich, aber nicht euphorisch
- Lesezeichen für Artikel anlegen
- Artikel Url in die Zwischenablage kopieren
- Artikel per Mail weiterleiten
- Artikel auf X teilen
- Artikel auf WhatsApp teilen
- Ausdrucken oder als PDF speichern
- Die Industrieproduktion hat im Dezember um 0,8 % gegenüber dem Vormonat zugelegt. Die Hälfte dieses Zuwachses lässt sich auf einen witterungsbedingten Sondereffekt zurückführen. Die Kapazitätsauslastung in der Industrie stieg auf 76,0 %.
- Die Produktion von Gütern im Bereich "Business Equipment" nahm um 0,6 % gegenüber dem Vormonat zu. Die Investitionsdynamik der Unternehmen ist im vierten Quartal 2010 vermutlich schwächer gewesen als in den Quartalen zuvor. Es kann aber weiterhin von einer grundsätzlich überdurchschnittlichen Investitionsdynamik gesprochen werden.
- Die Einzelhandelsumsätze sind im Dezember um 0,6 % gegenüber dem Vormonat gestiegen. Die Umsätze nach der BEA-Abgrenzung stiegen um 0,2 %. Die Umsatzdaten deuten an, dass sich die zuletzt sehr kräftige Konsumdynamik wieder normalisiert.
- Im Jahr 2010 stieg die Industrieproduktion um 5,7 % gegenüber dem Vorjahr an. Dies war der höchste Zuwachs seit 1998. Die Umsätze der Einzelhändler nahm im vergangenen Jahr um 6,7 % zu. Dies entspricht dem kräftigsten Wachstum seit 1999.
1. Keine Frage, die Wachstumserwartungen haben sich zuletzt für die US-Wirtschaft aufgehellt und auch wir haben in dieser Woche unsere Prognose für das Bruttoinlandsprodukt für dieses Jahr von 2,7 % auf 3,1 % angehoben. Die heutigen makroökonomischen Daten passen zu dieser Wachstumseinschätzung sehr gut und zeigen zudem, dass zusätzliche Aufwärtsrevisionen nicht notwendig erscheinen. So stieg die Industrieproduktion im Dezember um 0,8 % gegenüber dem Vormonat an (Bloomberg-Umfrage: 0,5 %, DekaBank: 0,8 %). Dies entsprach aber nicht nur unseren Erwartungen, sondern beruhte zur Hälfte auf einen witterungsbedingten Sondereffekt. Die Kapazitätsauslastung, deren Entwicklung sich aus der Produktion relativ gut ableiten lässt, stieg von nach oben revidierten 75,7 % auf 76,0 % an (Bloomberg-Umfrage: 75,6 %, DekaBank: 75,8 %).
2. Der witterungsbedingte Sondereffekt lässt sich anhand der Produktion der Versorger erkennen. Hier nahm die Produktion mit 4,3 % gegenüber dem Vormonat sogar deutlich stärker als von uns erwartet zu. Mit einem zweiten Sondereffekt haben wir im Bereich der Automobilindustrie gerechnet. Hier sank im November die Produktion von Lastkraftwagen sehr deutlich - ein positiver Rückpralleffekt blieb aber im Dezember aus. Entsprechend schwächer ist der Produktionszuwachs im verarbeitenden Gewerbe mit 0,4 % mom. Die stärksten Wachstumstreiber waren im Dezember die Chemieindustrie, gefolgt von der Computer- & Elektroindustrie. Beide Bereiche haben sich in den vergangenen Monaten eher enttäuschend entwickelt. Die Entwicklung in der Produktgruppe "Business Equipment" war auch im Dezember durchaus erfreulich. Hier nahm die Produktion um 0,6 % gegenüber dem Vormonat zu. Insgesamt ergibt sich hieraus ein Anstieg im vierten Quartal 2010 von 2,4 % gegenüber dem Vorquartal. Dies entspricht dem Zuwachs des dritten Quartals. Aufgrund der aussagekräftigeren aber schwächeren Entwicklung der Auslieferungen für Investitionsgüter rechnen wir für das vierte Quartal jedoch mit einer schwächeren Investitionsdynamik als im Quartal zuvor. Grundsätzlich ist die Investitionsdynamik der Unternehmen aber weiterhin recht kräftig.
3. Im Jahr 2010 stieg die Industrieproduktion um 5,6 % sehr stark gegenüber dem Vorjahr an. Dies war der stärkste Zuwachs seit 1998. Die starken Produktionsrückgänge von 2008 und 2009 konnte hierdurch aber nicht wettgemacht werden. So lag das Produktionsniveau in 2010 um 7,4 % tiefer als im Jahre 2007. Das verarbeitende Gewerbe ist somit weiterhin in einem Aufholprozess, sodass auch in diesem Jahr mit einer überdurchschnittlichen Produktionsdynamik gerechnet werden kann.
4. Die Einzelhandelsumsätze stiegen im Dezember um 0,6 % etwas schwächer als erwartet an (Bloomberg-Umfrage: 0,8 %, DekaBank: 0,9 %). Oftmals wird die Umsatzentwicklung durch die volatilen Bereiche der Autohändler und der Tankstellenbetreiber stark beeinflusst. Zwar lagen in beiden Bereichen sogar überdurchschnittliche, monatliche Zuwächse vor, gleichwohl waren diese kaum für die grundsätzliche Umsatzentwicklung entscheidend. So nahmen die Umsätze in der statistischen Abgrenzung ohne Autohändler um 0,5 % gegenüber dem Vormonat zu (Bloomberg-Umfrage: 0,7 %, DekaBank: 0,6 %). Rechnet man auch noch die Umsätze der Tankstellenbetreiber heraus, dann stiegen die Umsätze um 0,4 % an (Bloomberg-Umfrage und DekaBank: 0,3 %). Dies ist insoweit überraschend, weil wir aufgrund der recht deutlich gestiegenen Benzinpreise hier mit einem höheren Umsatzschub gerechnet haben. Trotz des deutlichen Wintereinbruchs sind die Umsätze der Baumärkte relativ deutlich gegenüber dem Vormonat angestiegen. Rechnet man schließlich auch die Umsätze der Baumärkte heraus, sodass man die so genannte BEA-Abgrenzung erhält, dann stiegen die Umsätze hiernach um 0,2 % gegenüber dem Vormonat an.1
5. Die Umsatzdaten deuten insgesamt an, dass die zuletzt ungewöhnlich hohe Konsumdynamik zum Ende des Jahres an Schwung verloren hat. Hierbei handelt es sich aber eher um eine Normalisierung bzw. um eine Annäherung an die bislang schwächere Einkommensdynamik. Von einer erneuten Konsumflaute zeugen die heutigen Daten sicherlich nicht.
6. Von einer Konsumflaute kann auch für Jahr 2010 insgesamt nicht gesprochen werden. So stiegen die Umsätze insgesamt um 6,7 % gegenüber dem Vorjahr an. Dies ist immerhin der stärkste Jahresanstieg seit 1999 gewesen. Rechnet man die Umsätze der Autohändler heraus, dann ist das Plus mit 6,0 % etwas schwächer und wurde zuletzt im Jahr 2006 überboten. Der private Konsum knüpfte somit an die Vorkrisendynamik an. Gleichwohl ist das Umsatzniveau aufgrund des starken Rückgangs im Jahr zuvor immer noch einen Prozentpunkt tiefer als im Jahresdurchschnitt 2007. Dies zeigt, dass die Krise weiterhin volkswirtschaftlich noch nicht gänzlich ausgeglichen werden konnte.
Rudolf Besch
Keine Kommentare
Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.