USA: Hypothekenmarkt steuert langsam auf Entspannungskurs
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- Die Daten zu den Ausfallraten von Hypotheken zeigen, dass sich die Situation am Hypothekenmarkt nun langsam entspannt. Der Anteil der Hypotheken mit Zahlungsrückständen ist im zweiten Quartal 2010 von 10,06 % auf 9,85 % leicht gefallen. Der Anteil der Hypotheken mit schwerwiegenden Zahlungsverzögerungen (d.h. länger als 90 Tage) nahm ebenfalls von 4,63 % auf 4,57 % ab.
- Die Detailinformationen zu den Zahlungsverzögerungen bis 30, 60 und 90 Tage sind erfreulicher als noch im ersten Quartal.
- Die gestrigen Zahlen zum Hypothekenmarkt stehen im Einklang mit Daten der Zentralbank zu Ausfallraten der Geschäftsbanken bei verschiedenen Kreditarten. Ungeachtet der zuletzt enttäuschenden makroökonomischen Daten scheint sich die Situation allgemein bei den verschiedenen Kreditarten zu entspannen. Diese strukturellen Verbesserungen werden sich mittelfristig auch in der wirtschaftlichen Aktivität widerspiegeln.
2. Der Blick in die Detailstatistiken zeigt, dass in allen Segmenten die Anteile derjenigen Hypotheken gesunken sind, bei denen eine schwerwiegende Zahlungsverzögerung vorliegt (d.h. länger als 90 Tage). Im Subprime-Bereich sanken die Anteile am deutlichsten sowohl für feste Verzinsung auf 20,61 % (nach 21,78 %) als auch für variable Verzinsung auf 40,53 % (nach 42,49 %). Erstmalig sind auch im Prime-Segment die entsprechenden Anteile für Hypotheken mit fester Verzinsung auf 4,91 % (nach 5,11 %) und mit variabler Verzinsung auf 17,77 % (nach 18,26 %) gesunken. Sollten sich diese Verbesserungen in den kommenden Quartalen fortsetzen, dann wäre dies eine spürbare Entlastung für das Bankensystem und damit für die Wirtschaft insgesamt.
3. Zwingend erforderlich für eine weitere Verbesserung im Bereich der schwerwiegenden Zahlungsverzögerungen ist es, dass die Anteile mit Zahlungsverzug von 30, 60 und 90 Tagen sinken. Diese stellen einen Nährboden für weitere schwerwiegende Zahlungsverzögerungen dar (eine schwerwiegende Zahlungsverzögerung liegt dann vor, wenn die Verzögerung länger als 90 Tage beträgt oder der Prozess der Zwangsvollstreckung in Gang gesetzt worden ist). Hier enttäuschten die Entwicklungen noch im ersten Quartal dieses Jahres, da erstmalig wieder Anstiege festzustellen waren. Die Zahlen für das zweite Quartal liefern nun tendenziell Entwarnung: insbesondere in den Segmenten mit fester Verzinsung sind die Anteile in nahezu allen Bereichen (30, 60, 90 Tage) wieder rückläufig gewesen.
In den Segmenten mit variabler Verzinsung sind die Entwicklungen durchwachsen. Hier wurden eher Anteilsanstiege gemeldet und teilweise liegen im Bereich Zahlungsverzug bis 90 Tage neue Rekordwerte vor. Zumindest sind hier die Anstiege wesentlich geringer als noch im Vorquartal. Zu beachten ist, dass die Zahlen keinen Aufschluss darüber geben, inwieweit sie durch staatliche Unterstützungsmaßnahmen aufpoliert wurden. So könnte für die enttäuschende Entwicklung im ersten Quartal dieses Jahres die zeitweise Aussetzung der Maßnahmen verantwortlich gewesen sein. Wie nachhaltig die Verbesserung des zweiten Quartals sein wird, dürften dann die Daten zum dritten Quartal zeigen. Monatlich verfügbare Zahlen, die bereits für Juli vorliegen, deuten durchaus zuversichtliche Entwicklungen an.
4. Bereits in der vergangenen Woche wurden von der Zentralbank die Zahlungsverzögerungen der Geschäftsbanken für verschiedene Kreditarten für das zweite Quartal veröffentlicht. Zwar stieg hier der Anteil der Kredite mit Zahlungsverzug nochmals leicht von 7,26 % auf 7,32 % an. Dieser Anstieg war aber der geringste seit Beginn der Krise und im Bereich der Wertberichtigungen, die letztlich für die Kreditvergabemöglichkeiten der Banken relevant sind, hat sich der Anteil zum zweiten Mal in Folge von 2,92 % auf 2,86 %
verringern können.
Deutliche Rückgänge lagen im Bereich der Zahlungsverzögerungen von Konsumkrediten vor und im Bereich der Unternehmenskredite sanken sowohl die Anteile der Kredite mit Zahlungsverzug als auch mit einer Wertberichtigung. Diese Entspannungstendenzen sind für den mittelfristigen makroökonomischen Ausblick bedeutsamer als einzelne Stimmungs- oder realwirtschaftliche Indikatoren, da sie Hinweise dafür liefern, dass die Bankenkrise langsam abebbt. Die realwirtschaftlichen Auswirkungen der Bankenkrise wurden in den vergangenen Quartalen nicht zu jedem Zeitpunkt sichtbar. Beispielsweise konnte trotz dieses Belastungsfaktors das Bruttoinlandsprodukt im vergangenen Winterhalbjahr erstaunlich stark ansteigen.
Derzeit wendet sich das Blatt: Die realwirtschaftlichen Indikatoren deuten zunehmend auf eine Abkühlung der wirtschaftlichen Aktivität hin, während zeitgleich die Bankenkrise als Klotz am Bein der US-Wirtschaft an Gewicht verliert. Der Klotz ist weiterhin schwer, wie sich an den historisch hohen Anteilen an Krediten mit Zahlungsverzögerung oder sogar Ausfall erkennen lässt und auch der Gewichtsverlust erfolgt nur zögerlich. Mittelfristig werden sich diese strukturellen Verbesserungen aber bei der wirtschaftlichen Aktivität positiv niederschlagen.
Rudolf Besch - Analyst bei der Deka Bank
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