USA: Enttäuschende Investitionshinweise, gute Arbeitsmarktdaten und ein solider Konsumzuwachs
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- Die Auftragseingänge für langlebige Güter sanken im Oktober vergleichsweise deutlich um 3,3 % mom. Monatliche Rückgänge lagen in allen Teilbereichen vor. Die Auftragseingänge für Investitionsgüter (ohne Verteidigung und Flugzeugbau) sind gegenüber dem Vormonat um 4,5 % kräftig gesunken und auch für die Auslieferungen nach dieser statistischen Abgrenzung wird ein Rückgang ausgewiesen.
- Eine positive Meldung kam vom Arbeitsmarkt. Die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe sanken überraschend deutlich auf 407.000 Personen. Dies ist der tiefste Wochenwert in diesem Aufschwung.
- Die persönlichen Einnahmen der privaten Haushalte erhöhten sich um 0,5 % gegenüber dem Vormonat. Der Zuwachs geht in erster Linie auf die Löhne und Gehälter zurück. Etwas schwächer als erwartet war das Konsumplus im Oktober. Allerdings wurden hier die Vormonate nach oben revidiert.
1. Morgen wird in den USA „Thanksgiving“ gefeiert. Aufgrund dessen wurden heute vergleichsweise viele realwirtschaftliche Daten veröffentlicht. Die Datenflut ermöglicht sogar eine Gesamtschau auf die wirtschaftliche Wertschöpfungskette.
Die Indikatoren im Einzelnen:
2. Am Anfang der Wertschöpfungskette und damit höchst bedeutsam für die Einschätzung des Konjunkturzyklus ist die Investitionstätigkeit der Unternehmen. Die Daten zu den Auftragseingängen für langlebige Güter liefern hierzu wichtige Informationen. Hierbei ist die Gesamtentwicklung der Aufträge aufgrund ihrer hohen Volatilität normalerweise eher vernachlässigbar. Im Oktober sanken die Auftragseingänge unerwartet deutlich um 3,3 % gegenüber dem Vormonat. Rechnet man den Transportsektor heraus, dann verringerten sich die Aufträge um 2,7 % ebenfalls überraschend. Dies ist der ausgeprägteste monatliche Rückgang seit März 2009 und fand besonders im Bereich „Computer und Elektronik“ statt (-7,7 % mom). Allerdings wird auch für die weiteren Teilbereiche eine schwächere Auftragshöhe gemeldet. Folgerichtig stellt auch die Entwicklung der Auftragseingänge für Investitionsgüter (ohne Verteidigung und Flugzeugbau) mit einem Rückgang um 4,5 % eine Enttäuschung dar. Die aktuelle Investitionstätigkeit lässt sich mithilfe der Auslieferungen für Investitionsgüter (ohne Verteidigung und Flugzeugbau) ableiten. Diese sanken um 1,5 % gegenüber dem Vormonat. Nur zu Beginn des Aufschwungs im August 2009 gab es zuletzt einen ähnlich hohen monatlichen Rückgang. Die Entwicklungen sind insgesamt enttäuschend und deuten an, dass die Investitionsdynamik im vierten Quartal an Schwung verlieren dürfte. Dies steht allerdings im Widerspruch zu der Produktionsentwicklung der Produktgruppe „Business Equipment“, die für Oktober eine weiterhin überdurchschnittliche Investitionsdynamik angedeutet hat. Zu beachten ist auch, dass die bisherige Investitionsdynamik eine der stärksten zu Beginn von konjunkturellen Aufschwüngen gewesen ist. So wurden zusammen mit der zweiten Veröffentlichung des Bruttoinlandsprodukts im dritten Quartal die Ausrüstungsinvestitionen nochmals relativ deutlich nach oben revidiert. Eine langsamere Gangart wäre daher nicht außergewöhnlich und entspräche durchaus unseren Erwartungen.
3. Der nächste Schritt in der Wertschöpfungskette findet am Arbeitsmarkt statt. Aus der Investitionstätigkeit der Unternehmen lässt sich üblicherweise die Entwicklung am Arbeitsmarkt direkt und ohne zeitliche Verzögerung ableiten. Dies ist wie wir bereits verschiedentlich berichtet haben im bisherigen Aufschwung nicht der Fall. Insbesondere die Beschäftigungsentwicklung ist bislang eine Enttäuschung gewesen. In der vergangenen Woche sanken zumindest die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe auf 407.000 Personen. Dies ist der niedrigste Wochenwert seit Aufschwungsbeginn. Es ist gut möglich, dass der kommende Arbeitsmarktbericht einen Beschäftigungsaufbau von mehr als 100.000 Stellen beinhaltet. Zu beachten ist aber, dass der aktuelle Wochenwert der Erstanträge nicht in den Erhebungszeitraum des kommenden Arbeitsmarktberichts fällt. Denkbar ist also, dass sich der Arbeitsmarkt in der Spätphase des Novembers verbessert hat – und sich diese Verbesserung nicht in der Erstveröffentlichung des Arbeitsmarktberichts November widerspiegelt.
4. Dem Arbeitsmarkt folgt die Einkommensentwicklung der privaten Haushalte. Hierbei handelt es sich nicht um einen Schritt in der Wertschöpfungskette. Vielmehr geht es hierbei darum, ob die Einkommensdaten die Zahlen vom Arbeitsmarktbericht widerspiegeln. Der Arbeitsmarktbericht Oktober war aus Sicht der Lohnentwicklung außerordentlich kräftig und die heute veröffentlichten Einkommensdaten bestätigen diese Entwicklung. So nahmen die Einkommen um 0,5 % mom relativ deutlich zu, weil die Löhne und Gehälter mit 0,6 % überdurchschnittlich stark zulegen konnten. Weitere kräftig sprudelnde Einkommensquellen waren die Unternehmereinkommen und die Zinseinnahmen.
5. Vor dem letzten Schritt in der Wertschöpfungskette steht die Frage, ob die privaten Haushalte in der Lage und gewillt sind, ihren Einkommensanstieg in Konsum umzuwandeln. Das Maß hierfür ist die Entwicklung der Sparquote. Diese hat sich im Oktober marginal von 5,6 % auf 5,7 % erhöht – von einer Kaufzurückhaltung zeugt dies aber nicht. Einmal mehr wurde die Entwicklung der Sparquote nach oben revidiert. Gemessen an der jeweiligen Erstveröffentlichung wurde seit Mitte der Sechzigerjahre in den vergangenen Jahren jedes einzelne Quartal bei späteren Revisionen durchschnittlich um 2,5 Prozentpunkte nach oben korrigiert. Es ist aufgrund dieser langen Historie an Aufwärtsrevisionen durchaus möglich, dass die tatsächliche Sparquote der privaten Haushalte derzeit bei rund 8 % liegt.
6. Immer wieder wird darauf verwiesen, dass der private Konsum ein hohes Gewicht an der Gesamtaktivität besitzt. Gut 70 % des Bruttoinlandsprodukts stammen vom privaten Konsum. Unerwähnt bleibt häufig, dass der private Konsum am Ende der Wertschöpfungskette steht. Das Ende der Wertschöpfungskette hat sich im Oktober durchaus erfreulich, wenn auch schwächer als erwartet, entwickelt. So stiegen die Konsumausgaben um 0,4 % gegenüber dem Vormonat an. Wie erwartet gab es hohe Zuwächse im Bereich Automobile und Energiegüter. Schwächer als von uns erwartet haben sich die Ausgaben für Dienstleistungen entwickelt. Diese stiegen nur um 0,1 % gegenüber dem Vormonat an. Die schwächer als erwartete Konsumdynamik im Oktober fällt kaum ins Gewicht, weil die Vormonate nach oben revidiert worden sind. So entspricht die Höhe der Jahresveränderungsrate mit 3,6 % exakt unseren Erwartungen.
7. Die weiteren Indikatorveröffentlichungen sind hinsichtlich der Entwicklung der Wertschöpfungskette nur von geringem Informationsgehalt – sollen aber nicht unerwähnt bleiben. So unterschiedlich sich die Investitionen und der Arbeitsmarkt bislang entwickelt haben, so unterschiedlich ist auch die Konsumneigung und die Stimmung der privaten Haushalte. Zwar wurde das Konsumklima der Universität von Michigan in der finalen Schätzung für November von 69,3 auf 71,6 Punkte nach oben revidiert. Das Stimmungsbarometer ist damit aber weiterhin ungewöhnlich tief und liefert keinen hinreichenden Erklärungsgehalt für die Kauflaune der privaten Haushalte. Vom Wohnungsbau kamen zuletzt eher schwächere Zahlen und die Neubauverkäufe spiegeln dies ebenfalls wider. Die Neubauverkäufe sind im Oktober unerwartet auf 283.000 (ann.) gesunken. Der Rückgang erfolgte in drei von vier Regionen.
8. Es stockt am Beginn der Wertschöpfungskette. Die Hinweise zur Investitionstätigkeit der Unternehmen stellen für sich genommen eine deutliche Enttäuschung dar. Dennoch sollte anhand eines einzelnen Monatswertes nicht das Ende des Konjunkturaufschwungs ausgerufen werden. Die Entwicklung am Arbeitsmarkt könnte sogar langsam zu einem stabilisierenden Faktor werden. Aber auch hier gilt, dass ein einzelner (Wochen-) Wert noch nicht zu einer Neueinschätzung verleiten sollte. Insgesamt überwiegen bei der heutigen Datenflut die Enttäuschungen. Unsere grundsätzliche Wachstumseinschätzung eines fragilen aber aufwärtsgerichteten Konjunkturaufschwungs bleibt hiervon allerdings weitgehend unberührt.
Rudolf Besch - Analyst bei der Deka Bank
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