US-Zölle: Schwächerer Dollar, langsameres BIP-Wachstum
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Die zunehmenden Handelsspannungen und andere Eingriffe, die die Unsicherheit erhöhen, schwächen das Vertrauen der Verbraucher und Unternehmen, schreibt Michael Cahill, Senior Currency Strategist bei Goldman Sachs Global Investment Research, in einem Bericht des Teams. Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass sich die veränderte Wahrnehmung der US-Regierung und von US-Institutionen auch auf die Attraktivität von US-Vermögenswerten auswirkt und dass das schnelle Hin und Her bei politischen Entscheidungen bei Anlegern für anhaltende Unsicherheit sorgt.
Goldman Sachs Global Investment Research geht davon aus, dass die Schwäche des US-Dollars gegenüber seinen wichtigsten Konkurrenten im Jahr 2025 anhalten wird. In den nächsten zwölf Monaten dürfte die US-Währung gegenüber dem Euro, dem japanischen Yen und dem britischen Pfund an Wert verlieren (Stand: 8. April 2025).
Fast ein Jahrzehnt lang hat die Währung von Zuflüssen in US-Anlagen aus Industrieländern wie dem Euroraum, Japan und Norwegen profitiert. Eine Kombination von Faktoren wie unattraktive Renditen in anderen Vermögenswerten und die Outperformance des Dollars haben zu einem erheblichen Anstieg des Anteils der US-Währung an den globalen Portfolios geführt. Es wird erwartet, dass sich diese Marktpositionierung nun umkehren wird.
"Wir haben bereits früher argumentiert, dass die außergewöhnlichen Renditeaussichten der USA für die starke Bewertung des Dollars verantwortlich sind", schreibt Cahill in seinem Bericht. "Wenn aber Zölle die Gewinnmargen der US-Unternehmen und die Realeinkommen der US-Verbraucher belasten, können sie diese Ausnahmestellung aushöhlen und dem starken Dollar die Grundlage entziehen."
Werden die Zölle den Dollar weiterhin schwächen?
Die Strategen von Goldman Sachs gingen bisher davon aus, dass handelsbezogene Unsicherheiten das Ausland stärker belasten würden als die USA. Doch stimmungsbezogene Daten in den USA signalisieren eine besorgniserregende Entwicklung, während sich die Stimmung in Europa überraschend robust gezeigt hat. Dies hängt zum Teil mit nichttarifären Aspekten wie staatlichen Ausgabenkürzungen und der Sorge um einen schwächelnden Arbeitsmarkt zusammen. Aber auch die Zollpolitik ist Teil des schwankenden Politikmix, der zu den unsicheren US-Wirtschaftsaussichten beiträgt.
Abb. 1: Stimmungsdaten in den USA zeigen Anzeichen einer Verschlechterung
Die über sechs und zwölf Monate reichenden Geschäftsklimaumfragen der Feds von Atlanta, Chicago, Dallas, Kansas City, New York, Philadelphia und Richmond sowie mehrerer Wirtschaftsverbände deuten auf einen Stimmungsrückgang sowohl für die Konjunkturaussichten als auch für die Aussichten des eigenen Unternehmens hin.*
Quelle: Goldman Sachs Global Investment Research
Es gibt Anzeichen dafür, dass die Ankündigung von Zöllen und eine aggressivere Haltung gegenüber historischen Verbündeten den Blick der Weltöffentlichkeit auf die USA und auf US-Vermögenswerte verändern. So belasten laut Goldman Sachs Global Investment Research beispielsweise Verbraucherboykotts von US-Waren und ein geringerer Touristenstrom in die USA (die ausländischen Ankünfte auf großen US-Flughäfen sind nach den jüngsten Zollankündigungen zurückgegangen) das BIP-Wachstum in bescheidenem Maße.
"Die Kombination aus unerwartet höher ausgefallenen ausländischen Ausgabenplänen und einer schwächeren Performance von US-Vermögenswerten hat bereits zu einer kurzen, aber aktiven Rotation aus US-Vermögenswerten und zu einem erhöhten Interesse an Absicherung geführt", schreibt Cahill.
Ausländische Behörden haben seit einiger Zeit eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um ihre Abhängigkeit vom Dollar zu verringern. Dies ist einer von mehreren Gründen dafür, dass der Anteil der US-Währung an den Devisenreserven in den letzten zehn Jahren stetig gesunken ist und sich jetzt in der Nähe des niedrigsten Standes seit der Einführung des Euro befindet. "Bisher haben private Investoren die geringere Nachfrage des öffentlichen Sektors mehr als kompensiert, wahrscheinlich angelockt durch überdurchschnittliche Vermögenserträge", schreibt Cahill. "Es ist möglich, dass die allgemeinen politischen Störungen und die erodierende Ausnahmestellung des Dollars dazu führen werden, dass die Investoren des privaten Sektors jetzt einem ähnlichen Muster folgen."
Abb. 2: Schwächere Performance führte zu Rotation aus US-Vermögenswerten
Eine schwächere Performance führte kurzzeitig zu einer erkennbaren Rotation aus US-Assets. Der Chart zeigt grenzüberschreitende Ströme in US-Vermögenswerte abzüglich der Vermögenswerte des Eurogebiets in Milliarden USD.
Quelle: EPFR (EPFR Flow and Allocation Data), Goldman Sachs Global Investment Research
Wer wird die US-Importzölle zahlen?
Gleichzeitig wird sich laut Goldman Sachs Research die Art und Weise, wie sich die Zölle auf die Wirtschaft auswirken, wahrscheinlich ändern. Zölle können durch eine Kombination aus niedrigeren Gewinnspannen bei ausländischen Unternehmen, niedrigeren inländischen Gewinnspannen oder höheren inländischen Verbraucherpreisen "bezahlt" werden. In der wissenschaftlichen Literatur wird in der Regel festgestellt, dass Zölle durch eine Mischung aus diesen drei Kanälen ausgeglichen werden. Wenn inländische Unternehmen jedoch weniger Verhandlungsmacht haben, ist die Überwälzung geringer.
Im Falle von Zöllen auf sogenannte kritische Importe, die schwer zu ersetzen sind, bedeutet eine stärkere ausländische Preissetzungsmacht, dass die US-Handelsbedingungen möglicherweise durch höhere Importkosten angepasst werden müssen. Das bedeutet, dass eher der Dollar an Wert verlieren dürfte als die ausländische Währung. "Da nun umfassende und einseitige Zölle auf dem Tisch liegen, gibt es für ausländische Hersteller weniger Anreize, ein Entgegenkommen zu zeigen", schreibt Cahill. "US-Unternehmen und -Verbraucher werden zu Preisnehmern, und es ist der Dollar, der schwächer werden muss, um sich anzupassen, wenn die Lieferketten und/oder Verbraucher kurzfristig relativ unelastisch sind."
Anders gesagt, verändert sich die Dynamik von Wechselkursen, wenn die USA pauschal die Zölle erhöhen. Gemeinhin führt die Preissetzungsmacht des größeren oder dominanten Landes dazu, dass ausländische Firmen einen Teil des Zolls "bezahlen". Wenn aber die Kosten der ausländischen Produktion überall steigen, kann das dazu führen, dass die USA einen größeren Teil der Zölle tragen müssen. In einem solchen Fall würde sich das internationale Tauschverhältnis verschlechtern und der Dollar würde abwerten.
"Das muss nicht der Fall sein, aber es ist möglich, wenn ein zehnprozentiger flächendeckender Zoll wie derzeit jedes einzelne Land außerhalb der USA betrifft", schreibt Cahill. Das schafft eine andere Dynamik im Vergleich zur vorherigen Trump-Administration, als es Raum für US-Firmen gab, sich Quellen außerhalb Chinas zu erschließen und Zölle zu vermeiden.
Aktuelle Analysen und Trends aus dem Finanzsektor findest Du auch im kostenlosen KnowHow-Magazin von Goldman Sachs unter www.gs.de
* Zusammengesetzt aus den 6-Monats-Komponenten des Geschäftsklimas der Konjunkturumfragen der Fed von Dallas, Kansas City, New York, Richmond und Philadelphia, der 12-Monats-Komponente der Konjunkturumfrage der Fed von Chicago, den Komponenten „Optimismus in Bezug auf die Wirtschaft“ und „Optimismus in Bezug auf das eigene Unternehmen“ der CFO-Umfragen der Duke University, der Fed von Richmond und der Fed von Atlanta, der Conference-Board-Messung des CEO-Vertrauens, dem Diffusionsindex der CEO-Umfrage von Business Insider und dem NFIB-Diffusionsindex „Erwartung einer Verbesserung der Wirtschaft“. Die vorläufige GS-Schätzung für März basiert auf den bisher veröffentlichten Umfragen.
Dieser Artikel wird ausschließlich zu Informationszwecken zur Verfügung gestellt. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen stellen keine Empfehlung einer Goldman Sachs-Einheit für den Empfänger dar, und Goldman Sachs erteilt weder durch diesen Artikel noch für den Empfänger eine Finanz-, Wirtschafts-, Rechts-, Anlage-, Buchhaltungs- oder Steuerberatung. Weder Goldman Sachs noch eines seiner verbundenen Unternehmen gibt eine ausdrückliche oder stillschweigende Zusicherung oder Garantie für die Richtigkeit oder Vollständigkeit der in diesem Artikel enthaltenen Aussagen oder Informationen, und jegliche Haftung (einschließlich in Bezug auf direkte, indirekte oder Folgeschäden) wird ausdrücklich abgelehnt.
Quelle: Dieser Beitrag erschien am 15. April 2025 auf www.goldmansachs.com unter dem Titel „US tariffs are expected to weaken the dollar as GDP growth slows“ im Bereich Insights/Articles. Bitte beachten Sie, dass die darin getroffenen Aussagen keine Anlageempfehlungen darstellen.
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