Kommentar
17:17 Uhr, 05.01.2015

US INDIZES 2015: Gar nicht bullisch

Analysten sind sich einig: 2015 wird ein weiteres gutes Jahr für US Aktien. Anleger, gerade institutionelle Investoren, sehen das anders.

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Ein Jahresausblick ist immer schwierig, gehört aber auch irgendwie dazu. Jeder hat eine andere Herangehensweise. Umso überraschender ist der Konsens für 2015. Ein absolut überwiegender Großteil der Analysten ist bullisch. Das kann man als Kontraindikation sehen. Sind alle bullisch, dann hat eigentlich auch jeder gekauft. Für weitere Kurssteigerungen fehlen die Käufer. Es kommt zur Korrektur.

Diese Sentimentlogik ist bestechend und auch häufig richtig. Letztlich kommt es aber nicht darauf an, was Analysten meinen, sondern was die Anleger denken. Die Meinungen von Analysten und Anlegern können weit auseinander liegen. Daher würde ich nicht davon ausgehen, dass 2015 bärisch ist, nur weil Analysten einen großen Konsens über den weiteren Verlauf haben. Ich persönlich bin aus ganz anderen Gründen skeptisch.

Die Luft nach oben wird so langsam sehr dünn. Fundamental ist der US Markt überbewertet. Die hohen Bewertungen kennt jeder, die Interpretationen sind allerdings sehr verschieden. Mangels Alternativen (Anlagenotstand) wird in Aktien investiert. Weil es keine Alternativen gibt, die eine anständige Rendite bringen, sind die hohen Bewertungen auch gerechtfertigt. Ein KGV von 20 für den Gesamtmarkt ist hoch, wenn ich z.B. für Anleihen 7% Zinsen bekomme. Bekomme ich aber nur 2 bis 3% wie im Moment, dann ist ein KGV von 20 für den Markt relativ gesehen attraktiv.

In den USA kommt die Zinswende. Die Zinswende wird nicht zu explodierenden Renditen auf dem Rentenmarkt führen. Von dieser Seite droht Aktien keine Gefahr. Zinsen sind das ganz große Thema für 2015. Es ist nun aber in den letzten anderthalb Jahren so oft besprochen, analysiert und wiedergekäut worden, dass kein Anleger mehr überrascht sein dürfte. Für mich persönlich ist das Thema schon fast ein Nicht-Thema, sofern sich die Fed an ihren angekündigten Plan hält.

Trotzdem brodelt es in den Reihen der Anleger. Die Terminbörse CBOE hat vor einiger Zeit einen interessanten Index herausgebracht, der das „wahre“ Sentiment der Anleger zeigt. Es handelt sich dabei um den SKEW Index. Der SKEW Index bestimmt sich aus dem Preisniveau von weit aus dem Geld liegenden Optionen auf den S&P 500. Sind diese aus dem Geld liegenden Optionen (OTM – Out of The Money) teuer, dann ist der SKEW Index hoch. Teuer sind die OTM Optionen nur, wenn Anleger in der Zukunft das Risiko für heftige Bewegungen als hoch einschätzen.

Institutionelle Anleger kaufen OTM Optionen, um sich abzusichern. Je mehr sie fürchten, der Markt könnte plötzlich und heftig drehen, desto mehr sichern sie sich ab und desto höher steigt der SKEW Index. Der SKEW Index steht gerade auf hohem Niveau. Die CBOE stellt Indexwerte seit 1990 zur Verfügung. Grafik 1 zeigt den SKEW Index und den S&P 500. SKEW und S&P laufen tendenziell parallel. Je länger ein Markt steigt, desto wahrscheinlicher wird es, dass er seine Richtung ändert. Das zeigt sich schön am Verlauf der letzten beiden Bullenmärkte bis 2001 und 2008.
Die Dynamik ist in jedem Bullenmarkt gleich. Was sich nun aber von den vorherigen Bullenmärkten unterscheidet, ist das hohe Niveau des SKEW Index. Er fällt kurzzeitig auch immer wieder auf Werte um 120 zurück. Insgesamt bewegt er sich seit einem Jahr auf überdurchschnittlich hohem Niveau. Das sollte zu Denken geben. Das Risiko bzw. das wahrgenommene Risiko für einen plötzlichen und heftigen Trendwechsel ist derzeit so hoch wie selten zuvor. Von Sorglosigkeit der Anleger kann man da kaum sprechen.
Wenn Anleger sich bis unters Dach absichern, also voller Sorge sind, dann können Aktien ja eigentlich weiter steigen... Ganz so einfach ist es dann aber doch nicht. Es zeigen sich bei anderen Indikatoren ebenfalls beunruhigende Tendenzen. Der S&P 500 Volatilitätsindex VIX bewegt sich auf einen systematischen Anstieg zu. Die Volatilität verläuft grundsätzlich invers zu Aktien. Steigen Aktien, fällt die Volatilität. Nachdem der SKEW Index mit steigenden Kursen ebenfalls steigt, laufen auch SKEW Index und VIX konträr. Seit einigen Monaten ist das nicht mehr der Fall. Der SKEW Index steigt gleichzeitig zum VIX. Das ist ungewöhnlich.

Was das heißen kann zeigt Grafik 3. Steigt der VIX gleichzeitig zu Aktien an, dann deutet sich eine Korrektur bzw. eine Topbildung an. Umgekehrt verhält es sich in Bodenbildungsphasen. Die Volatilität beginnt zu sinken, obwohl Aktien noch fallen. Dann ist der Boden nicht mehr weit. Aktuell sehen wir den Beginn eines systematischen Volatilitätsanstiegs. Gleichzeitig steigen die Kurse noch. Man könnte auch sagen, dass der Markt deutlich nervöser wird. Im Gegensatz zu einer Korrektur steigt der VIX über einen längeren Zeitraum an. Bei einer Korrektur bzw. einem Crash, der aus dem Nichts kommt, steigt der VIX sehr plötzlich an. Es gibt keinen längeren Anstieg bevor es zur Korrektur kommt.

2015 ist damit alles andere als bullisch. Es droht eine böse Überraschung. Eine größere Bewegung nach unten deutet sich an. Das heißt nicht, dass sie wirklich kommen muss. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist allerdings deutlich gestiegen. Ebenso ist das Timing alles andere als klar. Die derzeitige Tendenz kann sich noch Monate fortsetzen bis es zu einer größeren Korrektur kommt.

Für Europa bin ich optimistischer. Hier könnte nach einem Jahr der Konsolidierung eine Trendfortsetzung stattfinden. Ganz lösen können sich die europäischen Indizes von den US Indizes nicht. Sollte die EZB allerdings QE beginnen, dann steht steigenden Kursen kaum etwas im Weg. QE drängt Anleger aus Anleihen. Kauft die EZB um eine Billionen Euro Staatsanleihen, dann werden diese eine Billionen Euro frei für andere Investments. Mangels Alternativen gehen sie in Risikoassets wie Aktien. Im Vergleich zu 2014, als die US Indizes klar outperformen konnten, könnten 2015 die europäischen Indizes outperformen.

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  • max01
    max01

    Us Versorger Aktien sind aktuell im Aufwärts Modus dass spricht auch gegen rest der Aktien markt.

    22:02 Uhr, 05.01.2015
  • Kasnapoff
    Kasnapoff

    Se​hr guter Artikel, passt witzigerweise zur Tagesform der Indices. Dazu einige Anmerkungen: Die Commercials an der Comex sind in historisch einmaliger Höhe Short auf den S+P 500. Das Verhältnis BIP/Marktkapitalisierung ist auf höchstem Niveau in den USA, Shiller-KGV ebenso auf Top-Niveau. Die Spekulation auf Kredit ist in den USA in der Nähe alter Höchststände. Ob die Fed die Zinsen wirklich erhöht? Ich würde nicht darauf wetten. Trotz der Rettungsmaßnahmen in Billionenhöhe erlebt Amerika den mit Abstand schwächsten Aufschwung der vergangenen 60 Jahre. Der makroökonomische Frühindikator des ECRI Institut fällt seit Mitte 2014 und deutet auf einen Abschwung in den USA hin.

    22:01 Uhr, 05.01.2015
  • Karsten Volker
    Karsten Volker

    ​So fency der Artikel mit VIX und SKEW zwar aussieht, eine Prognose kann man daraus trotzdem nicht ableiten und Hilfe für ein Investment ist es schon 2x nicht.

    20:33 Uhr, 05.01.2015
  • 1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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