Kommentar
17:15 Uhr, 25.07.2014

Ukraine: Was geht da vor?

Wenn etwas scheinbar "ganz offensichtlich" ist, dann lohnt es sich fast immer, sehr genau hinzusehen...

Warum nur glauben viele Anleger hartnäckig an das Märchen, man müsse immer irgendwo investiert sein, denn an der Börse gebe es schließlich andauernd irgendwelche Chancen?! Dass dies keinesfalls zutrifft und es mitunter die weitaus klügere Alternative ist, einfach nur geduldig abzuwarten, das zeigen die zurückliegenden Wochen in schöner Eindrücklichkeit...

Weil solche Phasen immer wieder auftreten, und weil sie mit Vorliebe in die Sommermonate fallen, hatten wird den Lesern des Antizyklischen Börsenbriefs bereits am 4. Juni geraten, eine längere Sommerpause einzukalkulieren. Der DAX notierte seinerzeit knapp unter der Marke von 10.000 Punkten und die Stimmung der Anleger deutete alles Mögliche an, nur keine bevorstehende „Pause“.

Allenthalben wurde vielmehr die Frage diskutiert, wie lange es wohl dauern würde, bis der DAX nach der 10.000er-Bastion die Marken von 15.000 und anschließend die 20.000 Punkte ins Visier nehmen würde...

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Dass es danach nun gar nicht mehr aussieht, war schon Anfang Juni absehbar - auch ohne den jüngsten Ifo Geschäftsklima-Index, [Link "der sich in dieser Woche auffallend eingetrübt hat." auf www.godmode-trader.de/... nicht mehr verfügbar]

Zwar waren die Aktienmärkte auch vor rund sieben Wochen bereits völlig überdehnt, einige weitere Belastungsfaktoren haben sich seither allerdings merklich konkretisiert.

Die Lage in der Ukraine etwa ist seither noch weitaus unübersichtlicher geworden. Und der überraschende Rücktritt von Ministerpräsident Arseni Jazenjuk in dieser Woche ist dabei zweifellos das kleinere Problem.

Besondere Brisanz erhält die Lage durch den so tragischen wie merkwürdigen Abschuss der Linienflugmaschine MH 17 über der Ostukraine. Gerade der zuletzt genannte Aspekt birgt einiges „Überraschungspotential“ und bedarf einer genaueren Betrachtung.

Tatsache ist: Bislang hat niemand (!) stichhaltige Beweise vorgelegt, wer den Abschuss des Flugzeugs zu verantworten hat. Dessen ungeachtet ergehen sich die westlichen Medien in auffallender Russland-Empörung und tun so, als wüssten sie haargenau, wie sich die Sache zugetragen hat. So schreibt etwa die einstmals für ihre Neutralität gelobte Süddeutsche Zeitung am Freitag in ihrer Online-Ausgabe:

„Im Konflikt mit Russland um die Ukraine setzt die Europäische Union am Freitag ihre Beratungen über Sanktionen gegen die russische Wirtschaft fort. Dazu kommen die Botschafter der 28 EU-Staaten in Brüssel zusammen. Sie haben bereits am Donnerstag ein Paket von Strafmaßnahmen als Reaktion auf den Abschuss des Flugs MH17 über der Ostukraine diskutiert.

Von der EU-Kommission ausgearbeitete Vorschläge sehen unter anderem die Einschränkung von Rüstungsgeschäften und des Handels mit Schlüsseltechnologie im Energiesektor vor. Außerdem könnte für russische Unternehmen der Zugang zu den europäischen Finanzmärkten blockiert werden“.

Das liest sich nicht so, als hätte da noch irgendjemand auch nur den geringsten Zweifel, wer den Linienflieger MH 17 abgeschossen und den Tod von 300 Menschen in Kauf genommen hat. Ob sich deshalb auch Kanzlerin Merkel in dieser Woche so auffallend vehement für schärfere Sanktionen gegen Russland ausgesprochen hat? Weil die Sache doch sonnenklar und Wladimir Putin der Aggressor ist, der unschuldige Menschen abschlachtet und den es jetzt mit aller Schärfe zu bekämpfen gilt?

Wir erlauben uns an dieser Stelle an zwei Dinge zu erinnern.

Erstens: Ganz davon abgesehen, dass es derzeit keinerlei (!) Beweise für die These gibt, Russland habe die Tragödie um MH 17 zu verantworten, befinden sich nicht die Vereinigten Staaten vor der europäischen Haustür, sondern Russland. Und zweitens: Neben der Schweiz, China und den USA ist das Riesenreich im Osten der mit Abstand wichtigste Handelspartner Europas. Was soll also das ganze Gerede von Wirtschaftssanktionen, die jetzt wegen des Vorfalls um MH 17 weiter verschärft werden sollen?

Dem neutralen Beobachter drängt sich da ein unheilvoller Verdacht auf: Soll hier womöglich ein Grund konstruiert werden, der es den Westmächten erlaubt, noch weitaus massiver gegen Russland vorzugehen?

Man mag es ja kaum glauben, doch ein Blick in die Geschichtsbücher zeigt, dass alle (!) großen militärischen Konflikte der vergangenen 100 Jahre anfangs von merkwürdigen Vorfällen begleitet waren, die ähnlich undurchsichtig waren, wie der Absturz von MH 17:

Die Versenkung der „Lusitania“ am 07. Mai 1915 war von der britischen Admiralität unter Winston Churchill eingefädelt worden, um die zu jenem Zeitpunkt neutralen Vereinigten Staaten in den Ersten Weltkrieg zu ziehen.

Im August 1939 war der Angriff von SS-Männern auf den Radiosender Gleiwitz der „Grund“ für den späteren Überfall des NS-Regimes auf Polen, was den Zweiten Weltkrieg auslöste.

Und mehr als 30 Jahre nach Ende des Vietnamkrieges musste die amtierende US-Regierung einräumen, dass der Kriegseintritt der Vereinigten Staaten im Jahr 1964 aufgrund einer bewussten Falschmeldung an US-Präsident Lyndon B. Johnson erfolgte.

Allen diesen Vorgängen ist eines gemeinsam: Immer wurde damit ein Vorwand für spätere massive Militärschläge konstruiert. Jetzt also MH 17?

Wir sollten in diesen sommerheißen Tagen nicht nur an den Börsen besser noch etwas Zurückhaltung üben. Weitaus wichtiger ist es, dass wir den Medien und unseren Volksvertretern jetzt ganz genau auf die Finger schauen...

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Zum Autor:

Andreas Hoose ist Chefredakteur des Antizyklischen Börsenbriefs, einem Service der BörseGo AG, und Geschäftsführer des Antizyklischen Aktienclubs. Börsenbrief und Aktienclub, das komplette Servicepaket für die Freunde antizyklischer Anlagestrategien! Informationen finden Sie unter www.antizyklischer-boersenbrief.de und www.antizyklischer-aktienclub.de

32 Kommentare

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  • Investor
    Investor

    Der Ukraine Konflikt hat in mein Bewußtsein gebracht, daß beide Seiten extreme Propaganda betreiben. Früher hat man sich mit den Argumenten der Gegenseite auseinandergesetzt, während man Sie heute weitgehend ignoriert.

    Dies macht es für den Interessierten schwierig seine Meinung zu bilden. Und dies zeigt auch diese Diskussion. Ich denke, in den nächsten Jahren werden wir erfahren, daß beide Seiten sowohl Fakten als auch falsche Informationen ins Netz gestellt bzw über die Nachrichtenagenturen verbreitet haben. Ich wäre auch nicht überrascht, daß dies sowohl die mainstream als auch die alternativen Medien umfasst. Gesunder Menschenverstand wird künftig das einzige sein, um diesen Mix zu ordnen.

    Wenn man etwas tiefer schaut, dann scheint es mir momentan um den USD als Weltleitwährung zu gehen: Wieviel des internationalen Handels werden in USD durchgeführt? Auf der einen Seite steht die Achse des Bösen (China, Russland, Irak, Iran, ...) die Handel in anderen Währungen durchsetzen wollen. USA verteiligt seine Vorrangstellung mit allen Mitteln. Europa steht zwischen den beiden Gegnern und versucht ein klares "sowohl als auch" und zu einem respektierten Mitspieler zu werden.

    Überlagert wird dieser grundlegende Konflikt durch einen Krieg um die Rohstoffe, als Basis für den Währungskrieg. China und Russland erweitern ihren Zugriff auf die Rohstoffe in Asien, Afrika und Südamerika. USA kontert, in dem man den größten Markt für russisches Gas (Europa) abkoppeln will. EU versucht über Pipelines Gas aus der Region Kaspisches Meer zu beziehen (Georgien, usw). Diese Pipelines sind im Bau und laufen über die Türkei und es war ein Ausbau für iranisches und irakisches Gas geplant mit einem Hafen in Syrien. Parallel soll durch die Energiewende, die Abhängigkeit weiter verringert werden.

    Mittels TIPP will man die Vorherrschaft des USD zementieren.

    Russland und China kontern die amerikanischen Ambitionen durch die Drohung ihre US Bonds zu verkaufen. China hat in der Vergangenheit viele ihrer Rohstoffdeals mit US Bonds gezahlt, einen Teil in Gold umgeschichtet, und kauft massiv europäische Anleihen. Russland und China haben vor dem Ukraine Konflikt ihre Bonds dem Einfluss der FED entzogen. Die Drohung von Russland steht im Raum, daß russische Firmen ihre Kredite im Westen nicht mehr zahlen. Dies wurde die US Wirtschaft stark treffen.

    Keine Ahnung wie diese Konflikte ausgehen, ich hoffe ohne militärische Auseinandersetzung

    08:03 Uhr, 28.07.2014
    1 Antwort anzeigen
  • conexant
    conexant

    Herr Hoose, sie haben völlig Recht. Diese Sanktionen schaden in erster Linie Deutschland und sind völlig sinnlos, es sei denn hier wird ein Krieg geplant. Es wird höchste Zeit das das wir uns von den Strategen aus Übersee nicht mehr alles vorschreiben lassen!

    09:55 Uhr, 27.07.2014
    1 Antwort anzeigen
  • CashKiller
    CashKiller

    Wie Herr Hoose so muss auch ich feststellen, dass ich noch nie eine solch einseitige Betrachtung der Ereignisse um Ukraine und MH17 etc. in den deutschen Medien erlebt habe. In den klassischen TV-Nachrichten um heute und Tagesschau war noch nie eine solch positionierende Moderation zu hören. Argumente der Gegenseite, also Russlands findet man überhaupt nicht in den Medien, die muss man suchen. Mich bringt diese Art der Beeinflussung der Bevölkerungsmeinung ganz schön zum Nachdenken.....Was wird damit bezweckt?

    Viele hier werden auch das Verschwörung nennen, für mich aber ist es nur meine eigene, kritische Wahrnehmung nach mehr als 30 Jahren politischen Interesses.

    09:03 Uhr, 27.07.2014
    1 Antwort anzeigen
  • 280a
    280a

    Danke Hr Hoose und machen sie so weiter! Danke auch an die Kommentatoren hier, freue mich jede Woche darauf ;-)

    16:23 Uhr, 26.07.2014
  • Dax-Martin
    Dax-Martin

    Der Angriff auf 10000 war eine Erinnerung, dass der Bullenmarkt weitergeht. Nun hatten wir die lange Rallye im Vorjahr und die Abkühlung erstreckt sich, daher kann diese Einleitung eines sanften Bärenmarktes eine sanfte Bärenfalle werden. Das liegt ganz einfach am Timing, für Kurse über 10k war es ganz einfach noch zu früh.

    15:16 Uhr, 26.07.2014
  • Dax-Martin
    Dax-Martin

    Schuld am Abschuss ist auf jeden Fall allseitige Provokation und das Überfliegen von Gebieten, wo kurz zuvor Flugzeuge abgeschossen wurden.

    15:13 Uhr, 26.07.2014
  • Löwe30
    Löwe30

    Ich gebe Andreas Hoose vollkommen Recht, wenn es schreibt:

    "Bislang hat niemand (!) stichhaltige Beweise vorgelegt, wer den Abschuss des Flugzeugs zu verantworten hat."

    Gerade auch in Bezug auf die enge wirtschaftliche Verflechtung Deutschlands mit Russland, sind Sanktionen von Seiten der EU gegen Russland eindeutig zum Schaden der Bürger und Unternehmen in Deutschland. Und das obwohl es bisher überhaupt keine Beweise dafür gibt, wer für den Absturz der Boeing 777 verantwortlich ist. Diese Vorverurteilung verstößt gegen grundlegende rechtsstaatliche Prinzipien.

    Auch mir "drängt sich da ein unheilvoller Verdacht auf: Soll hier womöglich ein Grund konstruiert werden, der es den Westmächten erlaubt, noch weitaus massiver gegen Russland vorzugehen?" Immerhin will die Nato nun, nach dem Abschuss von MH17 und dem Kollabieren der Regierung in Kiew, in Polen schnellstens ein Hauptquartier einrichten und Waffen- und Versorgungslager ausbauen, um kurzfristig gegen die Russen eingreifen zu können.

    15:09 Uhr, 26.07.2014
  • 3433
    3433

    Ach,ich liebe es,den idyllischen Anblick von weidenden Schafen.

    14:01 Uhr, 26.07.2014
  • By blicker
    By blicker

    Es gibt eine Erkenntnis, die ist so revolutionär, so epochal und erklärt so ziemlich alle Vorgänge auf diesem Planeten, seit der Homo Schwachsinnikus die Bühne betrat, leider. Albert Einstein sagte:" Es gibt zwie Dinge auf dieser Welt, die sind unendlich - das Universum und die MENSCHLICHE Dummheit. Nur beim Universum bin ich mir noch nicht sicher". Was für ein Satz.

    P.S. Herr Hoose ist damit ausdrücklich nicht gemeint, auch wenn er manchmal übers Ziel hinausschießt.

    13:33 Uhr, 26.07.2014