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14:15 Uhr, 26.10.2021

Türkei: Erdogan bemüht sich um Schadensbegrenzung

Erdogans Entgegenkommen könnte nicht aus Angst vor möglichen internationalen Konsequenzen erfolgt sein, sondern vielmehr am innenpolitischen Widerstand liegen: Der frühere türkische Präsident Abdullah Gül sagte am Montag, dass eine Eskalation des Konflikts keinem nutze, auch nicht der Türkei.

Ankara (Godmode-Trader.de) - Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat von der von ihm angedrohten Ausweisung westlicher Diplomaten wieder Abstand genommen. Zuvor hatte er Botschafter von zehn Staaten zu unerwünschten Personen erklärt. Sie hatten in der vergangenen Woche darauf hingewiesen, dass der Europarat ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Türkei einleiten werde, sollte Ankara den Oppositionellen Osman Kavala weiter in Haft behalten. Kavala sitzt seit vier Jahren ohne Urteil im Gefängnis.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte fordert seit 2019 Kavalas Freilassung. Die Türkei ignoriert das Urteil bislang, obwohl sie als Mitglied des Europarats eigentlich zur Umsetzung verpflichtet ist. Der Europarat droht dem Land mit der Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens, wenn Kavala nicht bis Dezember freigelassen wird. Der Europarat ist für Menschenrechtsfragen zuständig und nicht Teil der Europäischen Union.

Der deutsche SPD-Politiker Nils Schmid fordert Konsequenzen, falls Ankara weiter massiv Menschenrechte verletze. Schmid sagte im rbb-inforadio: „Wenn die Türkei daran festhält, diese Urteile nicht umsetzen zu wollen, dann ist ein Ausschluss aus dem Europarat unausweichlich“.

Erdogans Entgegenkommen könnte aber nicht aus Angst vor möglichen internationalen Konsequenzen erfolgt sein, sondern vielmehr am innenpolitischen Widerstand liegen: Der frühere türkische Präsident Abdullah Gül sagte am Montag, dass eine Eskalation des Konflikts keinem nutze, auch nicht der Türkei.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung schreibt, sollte es aber nun doch noch zu einer geschlossenen Antwort geben, etwa der EU-Staaten, könnte der Schaden für die Türkei enorm sein. Die EU sei der mit Abstand wichtigste Handelspartner des Landes. Und unter den EU-Staaten sei Deutschland der wichtigste Absatzmarkt für türkische Exporte. Die Wirtschaft sei ohnehin unter Druck: Die Interventionen des umstrittenen türkischen Präsidenten in Verbindung mit dem Wertverfall der Landeswährung Lira mache türkische Wirtschaftsvertreter zunehmend nervös.

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