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16:48 Uhr, 30.05.2017

Trumponomics enttäuschen

Die Weltwirtschaft dürfte den MFS-Analysten zufolge weiterhin moderat wachsen, die Inflation nicht zu sehr steigen und die Bedingungen für risikoreiche Anlagen wie Aktien und High-Yield-Anleihen gut bleiben.

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  • Dow Jones
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Boston (GodmodeTrader.de) - Die Reflationshoffnungen haben den Märkten in den letzten sechs Monaten Auftrieb gegeben, lassen aber langsam nach. Was hat sich verändert? Die Marktstimmung. Die Märkte wurden bislang hauptsächlich von der Hoffnung auf eine wachstumsfreundliche Politik getragen – initiiert von einem republikanischen Präsidenten und abgesegnet vom republikanisch dominierten Kongress. Aber die Realität sah anders aus, wie die Analysten von MFS Investment Management in einem aktuellen Marktkommentar schreiben.

Die US-Administration habe mit großer Mühe versucht, eine Gesundheitsreform durchzusetzen – und unter den tief gespaltenen Republikanern im Repräsentantenhaus am Ende keine Mehrheit bekommen. Trump habe seine wirtschaftsfreundliche Politik, darunter die angekündigte Steuerreform und das Infrastrukturprogramm, nicht weiterverfolgt. Mit höheren Staatsausgaben sei deshalb vermutlich erst Ende 2017 oder sogar erst 2018 zu rechnen, heißt es weiter.

„In den letzten Wochen hat sich das Geschäftsklima zusehends verschlechtert, und die Märkte haben darauf bereits reagiert… Da die Investoren insgesamt optimistischer geworden sind, wird es immer schwieriger, ihre Erwartungen zu übertreffen. Dadurch hat sich in den letzten Wochen die Marktstimmung verschlechtert, was zu vorübergehenden Kursschwankungen geführt hat. Das hat wiederum lebhafte Diskussionen darüber ausgelöst, ob ‚harte‘ Wirtschaftsdaten wie Industrieproduktion, Einzelhandelsumsätze und Beschäftigungswachstum oder ‚weiche‘ Daten wie Geschäftsklima, Verbraucherstimmung und Einkaufsmanagerindizes wichtiger seien. Während harte Daten zählbare Dinge erfassen, messen weiche Daten Stimmungen und Gefühle. Die Vergangenheit hat allerdings gezeigt, dass die Marktstimmung nicht immer der tatsächlichen Wirtschaftslage entspricht“, so die MFS-Analysten.

Der Reflationsoptimismus habe in den letzten Wochen deutlich nachgelassen, weil die Hoffnungen auf eine zügige Umsetzung der Trump’schen Konjunkturprogramme enttäuscht worden seien. Eine Marktkorrektur sei aber ausgeblieben; die Aktienmärkte befänden sich noch immer auf Rekordhochs. Vielleicht hielten sie sie, weil die Sorge nachlasse, dass die Fed auf ein rasches und großes Konjunkturprogramm mit deutlichen Zinsschritten reagiere. Bei einem kleineren, später umgesetzten Programm könnte sie den Leitzins maßvoller anheben und den bereits in die Jahre gekommenen Konjunkturzyklus verlängern. Paradox daran sei, dass Erfolge im Kongress für Trump letztlich kontraproduktiv sein könnten, weil die Fed auf höhere Staatsausgaben vielleicht mit einer strafferen Geldpolitik reagiere, um einer zu hohen Inflation vorzubeugen, heißt es weiter.

„Seit Mitte 2016 ist die Weltwirtschaft zwar wieder stärker gewachsen, aber die USA sind zurückgeblieben. Obwohl die Inflation in den USA stärker gestiegen ist als in anderen Ländern, waren Industrieproduktion und Außenhandel in China, Japan, Großbritannien und dem Euroraum in dieser Zeit stabiler. Es scheint, als stünden wir an einem Wendepunkt: Die Investoren müssen sich überlegen, ob sie trotz der fehlenden Wachstumsimpulse einer Trump’schen Wirtschaftspolitik weiter an die Reflation glauben wollen“, so die MFS-Analysten.

Der Optimismus nach der US-Wahl sei vielleicht etwas zu überschwänglich gewesen, und die Erwartungen seien entsprechend hoch gewesen. Nachdem die US-Wirtschaft acht Jahre lang meist nur um knapp zwei Prozent gewachsen sei, hoffe man auf ordentlichen Rückenwind. Aber wenn der Optimismus am Markt einmal nachlasse, schlage er oft ins Gegenteil um. Was bedeute das? Das Wirtschaftsklima sei nicht so gut, dass eine schnellere Straffung der US-Geldpolitik zu erwarten wäre – aber auch nicht so schwach, dass man eine Rezession fürchten müsse. Trotzdem seien die hohen Bewertungen ein Grund zur Sorge, da sich eine nachlassende Marktstimmung dann weniger gut abfedern lasse, heißt es weiter.

„Zwar dürften weder die US- noch die Weltwirtschaft rasant wachsen, aber es droht auch kein signifikanter Rückgang. Zwei Prozent US-Wachstum haben die Haushaltseinkommen nicht signifikant steigen lassen, aber immerhin die Kurse gestützt – und es sieht nicht so aus, als würde sich das demnächst ändern. Aus unserer Sicht wird die Weltwirtschaft das Wachstum der letzten Jahre halten oder sogar leicht übertreffen. Darüber hinaus ist die chinesische Konjunktur stärker als Anfang 2017 erwartet. Die unerwartet expansive Geld- und Fiskalpolitik sorgt dafür, dass Wachstum und Außenhandel wieder in Schwung kommen“, so die MFS-Analysten.

Die Ergebnisse der niederländischen Wahlen und der Wahlgänge in Frankreich stünden fest, und die Ängste vor einer Welle des Populismus in Europa hätten sich zerstreut. Die hohe Verschuldung und das marode Bankensystem Italiens machten den Anlegern aber nach wie vor Sorgen. Allerdings hätten Investoren in der Vergangenheit mehr unter unbekannten als unter bekannten Risiken gelitten, weil der Markt mögliche Entwicklungen oft vorwegnehme, heißt es weiter.

„Die Trump’sche Wirtschaftspolitik und der ‚Reflation Trade‘ sind zwar verwandt, aber nicht dasselbe. In Zeiten, in denen höhere US-Staatsausgaben vielleicht länger auf sich warten lassen als erwartet, geben die stetigen – wenn auch eher unerwarteten – Wachstumsimpulse aus China der Industrieproduktion und dem Außenhandel weltweit Auftrieb. All dies spricht dafür, dass die Weltwirtschaft weiterhin stetig, aber langsam wächst, die Inflation nicht zu sehr steigt und die Rahmenbedingungen für risikoreiche Anlagen wie Aktien und High-Yield-Anleihen recht gut bleiben“, so die MFS-Analysten.

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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