Trump-Sieg: Die Finanzmärkte reagieren erwartungsgemäß
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Die Aktienkurse in den USA zogen kräftig an. Der Dow Jones explodierte förmlich und stieg fast unaufhörlich und fahnenstangenartig über das Rekordhoch vom 21. Oktober bei 43.346,08 Punkten.
Und damit ist das Chartbild nun doch wieder bullisch, auch wenn das skizzierte Elliott-Wellen-Szenario durch die Kursentwicklung bis zum Vortag hinfällig geworden war. Womöglich läuft nun das alternative Szenario, wonach die Welle 3 nach der unregelmäßigen ABC-Korrektur nun mit dem neuen (Rekord-)Hoch fortgesetzt wird.
Denkbar wäre aber auch das folgende Elliott-Wellen-Szenario:
Jedenfalls gab es beim Nasdaq 100 eine ähnlich dynamische Kursexplosion. Der US-Technologieindex schoss zunächst bis zur oberen Linie der flachen Trompetenformation nach oben (siehe roter Pfeil im folgenden Chart). Anschließend machte er sich auch noch auf, die steile Linie zu erreichen, die bald das Rekordhoch bei 20.771,72 Punkten (aus dem CFD-Handel von JFD Brokers) durchläuft (dicke rote Linie).
Die Reaktion der Anleger auf das Wahlergebnis hat also das gestern erwähnte Pendel mächtig in die andere Richtung ausschlagen lassen (siehe „Sind kurzfristige Chartanalysen rund um die US-Wahlen nützlich?“).
Gewinner und Verlierer der Wahl
Der Grund dafür dürfte sein, dass nun zunächst einmal Erleichterung darüber herrschen, dass es sehr wahrscheinlich zu einem reibungslosen politischen Amtsübergang in den USA kommen wird. Und anschließend winken den US-Unternehmen Steuererleichterungen. Trump will zum Beispiel den Körperschaftssteuersatz von 21 % auf 15 % senken.
In China blickten die Bullen dagegen in die Röhre, da die Aktienkurse dort kräftig nachgaben, weil den chinesischen Unternehmen US-Handelszölle (von 60 %) drohen. Der Hang Seng gab zum Beispiel vom gestrigen Tageshoch zeitweise 3,4 % nach. Lag zuvor noch eine Aufwärtstendenz vor, so sieht die Kursentwicklung seit dem Einbruch um 15,76 % nun eher wie eine Seitwärtskonsolidierung aus. Und diese gilt als trendbestätigend, ist also durch die vorherige Abwärtsbewegung eher bärisch zu werten.
Doch es bleibt abzuwarten, in welche Richtung der Index die (Seitwärts-)Konsolidierung auflöst. Grundsätzlich habe ich weiterhin die Hoffnung, dass sich die Aktienmärkte in China positiv entwickeln, wenn die Regierung in Peking die angekündigten Maßnahmen konkretisiert und umsetzt. Doch vorerst müssen die Anleger die Gefahren geringerer chinesischer Exporte durch US-Zölle verarbeiten.
In Europa gingen die Aktienmärkte jedenfalls zeitgleich auf Achterbahnfahrt, wie zum Beispiel der folgende Chart des DAX zeigt, der regelmäßig im „Target-Trend-Spezial“ analysiert wird.
Schon in der Nacht war der deutsche Leitindex mit deutlichen Kursgewinnen bis auf rund 19.430 Punkte gestiegen, dann jedoch ab 4 Uhr auf unter 19.100 Zähler zurückgefallen, ähnlich also wie im anschließenden Xetra-Handel. (Die entsprechende Chartanalyse erscheint morgen früh in der täglichen Ausgabe des „Target-Trend-Spezial“, inklusive Hinweise zum Trading.)
Der Grund für dieses Auf und Ab ist, dass sich Anleger offenbar nicht sicher waren, ob sie nun auch Zölle fürchten (geplant sind diese von Trump auf Waren aus Europa in Höhe von 10 bis 20 %) oder sich mit den US-Anlegern über die steigenden Kurse an der Weltleitbörse in New York freuen sollen.
Der Devisenmarkt hat eine klare Meinung
Am Devisenmarkt war die Haltung klarer. Der Euro brach gegenüber dem US-Dollar vom Tageshoch bis zum Tagestief um 2,33 % ein, was bei Währungen Welten sind.
Hier fürchten Euro-Anleger sehr deutlich die klaren Belastungen für die Euro-Wirtschaft unter anderem durch die drohenden Zölle auch für europäische Unternehmen (= schwacher Euro). Das ifo-Institut schätzt, dass Trumps Zölle alleine Deutschland 33 Milliarden EUR kosten könnten, unter anderem, weil die deutschen Exporte in die USA, die sich 2023 auf 157,9 Milliarden EUR beliefen, um 15 % einbrechen könnten. Zeitgleich könnten durch die möglichen Steuererleichterungen für US-Unternehmen Vorteile für die US-Wirtschaft entstehen (= starker Dollar).
Auch der Yen zeigte gegenüber dem US-Dollar Schwäche. Der USD/JPY legte entsprechend zu. Er setzte damit seinen Trend fort, der inzwischen auf das Niveau von Ende Juli zurückführte – wohl aus den gleichen Gründen wie beim Euro.
Hier sehe ich inzwischen einen fünfgliedrigen Aufwärtstrend, der nach der morgigen Zinsentscheidung der US-Notenbank (Fed) seinen Höhepunkt erreichen könnte, wenn die Anleger dann darauf setzen, dass die japanische Notenbank (BoJ) im Dezember wieder die Zinsen erhöht, während die Fed die Zinsen tendenziell senkt, was die Zinsdifferenz zugunsten des Yen reduziert.
Vorerst hat die Aussicht auf höhere Zinsen in den USA aber den Dollar gestärkt. Denn die Haushalt- und Handelspolitik von Trump wird voraussichtlich zu einer deutlich höheren Verschuldung und Inflation führen, wenn er seine Ankündigungen aus dem Wahlkampf umsetzt. Schließlich erhöhen Zölle die Preise, weil US-Importeure, die Einfuhrgebühren zu zahlen haben, diese gewöhnlich an die Kunden weiterreichen, zumindest teilweise.
Und Gläubiger verlangen höhere Zinsen, wenn die Verschuldung tendenziell aus dem Ruder läuft, da dies höhere Risiken im Hinblick auf die Rückzahlung mit sich bringt. Die ING berichtet dazu gestern, dass die USA dieses Jahr bereits ein Haushaltsdefizit von fast 7 % des Bruttoinlandsprodukts haben, wobei die Schuldenquote bei 100 % liegt. Und das „überparteiliche Committee for a Responsible Federal Budget schätzt, dass Trumps Politikmix aus Steuersenkungen, Zollerhöhungen und Ausgabenänderungen die US-Staatsverschuldung in den nächsten 10 Jahren um 7,75 Billionen Dollar erhöhen wird, verglichen mit den aktuellen Basisprognosen des Congressional Budget Office“, so die ING.
US-Renditen laufen weiter steil nach oben
Diese möglichen Entwicklungen haben auch zu entsprechenden Reaktionen am Anleihemarkt geführt. Die Kurse sind in der Nacht gefallen und die Zinsen gestiegen. Die Rendite der vom Markt vielbeachteten 10-jährigen US-Staatsanleihe stieg auf das höchste Niveau seit Juli – genau wie der USD/JPY (siehe oben), was wohl kein Zufall ist, sondern Ergebnis einer weiterhin hohen Korrelation.
Bald wird sich zeigen, ob es wieder abwärts geht und die Rendite damit in die von mir erwartete moderate Abwärtstendenz einschwenkt, womöglich innerhalb des hellroten Abwärtstrendkanals.
Vor diesem Hintergrund wird es auch sehr spannend, wie die US-Notenbank auf das Wahlergebnis reagiert. Bei der heutigen Zinsentscheidung werden wir bereits einen Vorgeschmack erhalten. Eine Zinssenkung um 25 Basispunkte gilt zwar nach wie vor als sicher, bezüglich des weiteren Zinspfades erhoffen sich die Anleger aber Hinweise von der Fed. Denn der Zinspfad könnten mit dem Wahlsieg Trumps und den möglichen Auswirkungen auf die Inflation flacher verlaufen als bislang von den Anlegern erwartet bzw. den Währungshütern geplant.
Fazit
Nun gilt es genau zu beobachten, ob sich die ersten Kursreaktionen auf das Ergebnis der Präsidentschaftswahlen in den USA als nachhaltig erweisen und sich daraus womöglich sogar Trends entwickeln. Letzteres könnte der Fall werden, wenn Trump seine Wahlankündigungen zügig umsetzt, wobei er allerdings erst am 20. Januar vereidigt wird.
(Eines der Themen, das bis dahin bereits behandelt werden muss, ist die Frage der Schulden. Denn die ING weist darauf hin, dass die Obergrenze zum Jahreswechsel bereits wieder zum Problem wird. Daher braucht es eine Haushaltseinigung, die aber wohl nur Formsache ist. Schließlich haben Trump und seine Republikaner bei der aktuellen Wahl offenbar auch im Senat und Repräsentantenhaus den Sieg und damit die Mehrheit errungen.)
Wo sollen die erwarteten Steuersenkungen herkommen? Die hohe Verschuldung grenzt den Spielraum mächtig ein