Steigende Öl-Nachfrage oder Klimaschutz? Wo geht die Reise hin?
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Hamburg (Godmode-Trader.de) - Wie geht es am Ölmarkt weiter? Hier scheiden sich die Geister. Während das Ölkartell OPEC einen Zuwachs der Nachfrage nach Rohöl bis 2045 um 20 Prozent prognostiziert, wird die Nachfrage laut der Internationalen Energieagentur bis 2050 um mehr als 70 Prozent sinken müssen, wenn die Klimaziele erreicht werden sollen.
Die Schere dieser beiden Positionen wird ebenso deutlich, schaut man auf die Investitionspläne: Die OPEC hält bis 2045 Investitionen in den Ölsektor von 11,8 Bio. US-Dollar für notwendig, die IEA dagegen fordert eine Kehrtwende und Umlenkung der Investitionsmittel in die Erneuerbare Energien. „Angesichts des massiven Anstiegs der Erdgaspreise und dem zuletzt damit einhergehenden Anstieg der Ölpreise erhält die OPEC-Sichtweise gerade Rückenwind“, erklärt Cyrus de la Rubia von der Hamburg Commercial Bank. „Die These ist, man habe in der Vergangenheit aufgrund einer falsch verstandenen Klimapolitik zu wenig in die Förderung fossiler Brennstoffe investiert und das räche sich jetzt durch stark steigende Preise“.
Es gibt aus Sicht des Marktkenners viele Gründe, warum sich OPEC-Staaten derzeit dafür einsetzen, dass wieder mehr Kapital in den Ölsektor fließt. „Wenn die Prognosen der OPEC tatsächlich auch nur näherungsweise zutreffen sollten, dann würden zu geringe Investitionen außerhalb der OPEC tatsächlich zu einem massiven Preisanstieg beim Erdöl führen“, erklärt de la Rubia. 200 US-Dollar/Barrel wären dann seiner Meinung nach keineswegs unrealistisch. „Ein derartiger Angebotsschock könnte aber eine Rezession auslösen und das ist genau das Szenario, was nicht im Interesse der OPEC-Staaten ist, denn im Zuge dieser Rezession würde auch die Nachfrage nach Erdöl kollabieren“.
Außerdem stiegen im Zuge höherer Ölpreise die Innovationsanreize für alternative Energiequellen, so der Experte weiter. Ein Durchbruch etwa bei Flüssigsalzreaktoren oder anderen Energiekonzepten und ein verstärkter Ausbau der erneuerbaren Energien würde die Nachfrage nach Erdöl dauerhaft senken, ein offensichtliches unerwünschtes Ergebnis der OPEC-Staaten.
Weiter seien die OPEC-Staaten teilweise auf ausländische Investitionen angewiesen. Die entsprechenden Unternehmen könnten sich vom Ölgeschäft abwenden, wenn die Klimapolitik daheim dieses Geschäftsfeld behindere.
Darüber hinaus seien die OPEC-Länder möglicherweise nicht vollkommen überzeugt davon, dass Erdöl in den nächsten Jahrzehnten tatsächlich noch so hoch im Kurs stehe, meint der Rohstoffanalyst. „Es besteht daher durchaus Interesse, Unsicherheit zu schüren, um die Investitionen in den Sektor der Erneuerbaren Energien zu dämpfen und dadurch die Nachfrage nach Erdöl hoch zu halten“.
Die Kritik vieler Ölstaaten an dem Vorantreiben der Klimaschutzziele durch Europa und die USA ist aus Sicht von de la Rubia als ein letztes Aufbäumen gegen die harte Realität zu verstehen, dass das Ende der fossilen Brennstoffe begonnen hat, bevor man dann irgendwann feststellt, dass man tatsächlich massiv investieren müsse. „Aber nicht in den Erdölsektor, sondern in Wind, Solar und andere fossilfreie Energiekonzepte“.
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