Sieg der Stimmungsanalyse
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Das vergangene halb Jahr hat wieder einmal gezeigt, wie wenig die Börsentendenz mit den offiziellen Begründungen zu tun hat.
Wie sehr die Börsentendenz von der Positionierung der Anleger abhängt, und wie wenig sie am Ende mit den in den Börsenkommentaren als Begründung gelieferten Nachrichten zu tun hat, darüber legen die vergangenen sieben Monate eindrucksvolles Zeugnis ab. Ende August vergangenen Jahres waren noch gerade 29 Prozent der vom Institut Consensus in den USA befragten Anlageberater optimistisch für den Aktienmarkt. Der Dow Jones Index stand damals bei 11.177 Punkten, mithin 15 Prozent niedriger als heute. Gold hielten dagegen 82 Prozent der Experten für ein gutes Investment. Auch hier war die Konsensus-Meinung grundfalsch. Denn die Feinunze Gold hat seitdem zwölf Prozent an Wert verloren.
Dass es sich hier nicht um einen Zufallstreffer handelt, zeigen die Zahlen des Hulbert Stock- und Hulbert Gold Newsletter Sentiment Index. Ein Wert von minus 10,4 Prozent für den Aktienmarkt Ende August stand einem positiven Wert von 40,3 Prozent für das Edelmetall gegenüber.
Zwangsläufig kommt mir da eines der bekanntesten Börsenbonmots von Börsenlegende André Kostolany in den Sinn, dass er auch nur überlieferte, von einem alten erfahrenen Börsianer, der ihn als jungen Lehrling 1924 an der Pariser Börse über das Geheimnis der Börsentendenz aufklärte: „Alles, junger Mann, hängt hier nur von einer Sache ab.: „Gibt es mehr Dummköpfe als Papiere, oder gibt es mehr Papiere als Dummköpfe“.
Und noch ein andere Weisheit Kostolanys ist durch die jüngste Geschichte wieder eindrucksvoll bewiesen worden, demgemäß an der Börse eben nicht die Nachrichten die Kurse machen, sondern die Kurse die Nachrichten machen. Denn wie lautete im vergangenen Herbst die Begründung, für die immer wieder einbrechenden Aktienkurse? Griechenland! Solange eine Pleite der Hellenen nicht abgewendet sei, könnten die Aktien nicht steigen. Tatsächlich legte der DAX dann seit Jahresanfang mit einem Zuwachs von über 20 Prozent den besten Jahresstart seiner Geschichte hin, obwohl erst vor kurzem die Hilfszahlungen an Griechenland freigegeben wurden. Nach erster Verwunderung über die Kursrallye hatten die Kommentatoren dann auch wieder die passenden Nachrichten parat. Griechenland war plötzlich kein Thema mehr, dafür aber der bessere Ifo-Geschäftsklima-Index, der sich erholende US-Arbeitsmarkt und natürlich die üppige Liquiditätsversorgung durch die Europäische Zentralbank (EZB).
Fraglos hat letzteres natürlich eine Rolle gespielt, doch wäre es der einzig entscheidende Grund, dann hätte Gold ebenfalls von der Liquiditätswelle profitieren müssen, schließlich birgt diese ja auch Inflationsgefahren.
Doch zuletzt sind die Feinunzen-Preise deutlich eingebrochen, weil viele Anleger meinten, die Rallye des Edelmetalls gehe weiter und dann von den fallenden Kursen auf dem falschen Fuß erwischt wurden.
Umgekehrt war es am Aktienmarkt. Hier waren die Anleger völlig unterinvestiert, weil sie der Ansicht waren, dass die Eurokrise die Aktienmärkte weiter im Würgegriff haben werde. Als die Kurse dann zu steigen begannen, mussten sie dem Börsenzug hinterherlaufen, um die Rallye nicht ganz zu verpassen.
Vor dem Hintergrund des zuvor geschilderten, ist natürlich hochinteressant, wie es sich aktuell mit der Stimmung der Anleger verhält. Wie immer haben sie sich prozyklisch verhalten. Von den US-Anlageberatern äußern sich nun 78 Prozent optimistisch, während es im Gold nur noch 44 Prozent Optimisten gibt.
Quelle: Finanzwoche
Quelle: Finanzwoche
Und auch die Hulbert Sentiment Indizes zeigen dieses Bild. Für Aktien nun ein Plus von 40,5 Prozent und fürs Gold ein Minus von 15,7 Prozent.
Das Fazit ist relativ einfach. Während Gold nach unten zunehmend abgesichert sein sollte, rückt zumindest eine Korrektur am Aktienmarkt immer näher.
Mehr von und über Stefan Riße erfahren Sie unter www.rissesblog.de
Stefan Riße, ist Portfolio Manager bei der HPM Hanseatischen Portfoliomanagement in Hamburg. Bekannt ist er durch seine jahrelange Tätigkeit als Börsenkorrespondent für den Nachrichtensender N-TV. Sein aktuelles Buch „Die Inflation kommt“, belegte 2010 erste und zweite Plätze auf den bekannten Wirtschaftsbuch-Bestsellerlisten.
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