Analyse
09:21 Uhr, 26.08.2015

Shanghai Composite hat weiteres Abwärtsrisiko

China senkt den Reservesatz um 50 Basispunkte. Viele gehen davon aus, dass das etwas mit den schwachen Aktienkursen und der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung zu tun hat. Der DAX sprang 5% ins Plus. Dabei ist es ganz anders.

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Zuvor hatte Bloomberg berichtet, dass in Chinas Führung ein Streit entbrannt sei, über den Verbleib des chinesischen Premierministers, über den mangelnden Erfolg seiner Wirtschaftspolitik und den Crash am Aktienmarkt. Ein Ergebnis dieses Streits sei gewesen, dass man alle Maßnahmen zur aktiven Stützung der Aktienkurse aufgegeben habe. Einige der Führer in Peking sind offenbar der Meinung, dass der Aktienmarkt viel zu klein und unbedeutend sei, als dass solche Maßnahmen gerechtfertigt seien. Die Interventionen wurden als zu kostspielig angesehen.

Wenn man sich jetzt aber nicht mehr aktiv um den Aktienmarkt kümmern möchte, warum senkt man dann den Reservesatz?

Laut der BNP Paribas habe China mit der Abwertung des Yuan vor zwei Wochen die Büchse der Pandora geöffnet. Goldman Sachs und die Societe Generale meinen, das sich seither der Kapitalabfluss aus China noch einmal dramatisch erhöht hätte. Um den Yuan vor einem Zusammenbruch zu bewahren, der ja in diesen Tagen für fast jede Schwellenländerwährung üblich ist, interveniert die chinesische Regierung massiv am Devisenmarkt, indem sie vorwiegend US-amerikanische, aber auch europäische und japanische Staatsanleihen verkauft.

Durch diese Interventionen geht Liquidität am chinesischen Finanzmarkt verloren, die Reservesatzsenkung gestern hatte also lediglich die Funktion, diesen Mangel an Liquidität auszugleichen. Es habe sich also nicht um eine Netto-Lockerung der Geldpolitik gehandelt. Die große Frage ist, ob der Yuan zu einem zweiten Schweizer-Franken-Desaster werden wird. Die Schweizer Nationalbank musste im Januar ja auch zugeben, dass der Kapitalmarkt sie besiegt habe, und sie ließ den Franken über Nacht frei handeln.

Laut SocGen sei so etwas auch in China zu erwarten, wenngleich China noch viel mehr finanziellen Spielraum besitze, als es bei der kleinen Schweiz der Fall war. Aber die Summen sind auch viel größer. SocGen meint im Notfall könnte China seinen Reservesatz von 18 % auf 5 % senken, und damit würden zwei Billionen USD an zusätzlicher Liquidität geschaffen, mit diesem Potenzial habe China den Yuan um Griff.

USD zum Yuan: Weitere Abwertung?
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Das Problem ist aber, wie Stephen Roach, der ehemalige Chefvolkswirt Asien von Morgan Stanley, anmerkt, dass Chinas Regierung sich so viele Ziele gesetzt hat, dass sie Gefahr läuft, sich zu übernehmen. Zuletzt habe sie sehr geschwankt bei ihren Maßnahmen, sie betont die Einführung der freien Marktwirtschaft, interveniert aber massiv am Aktien- und Devisenmarkt. Roach fordert eine Vereinfachung der Strategie, sie drohe zu komplex zu werden, um noch gesteuert zu werden. Ich denke darum geht es gerade auch im Streit um die Zukunft des chinesischen Premiers.

Der Shanghaier Aktienindex SCI hat weiteres Abwärtsrisiko:

Shanghai-Composite-hat-weiteres-Abwärtsrisiko-Chartanalyse-Jochen-Stanzl-GodmodeTrader.de-2

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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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