Kommentar
14:00 Uhr, 10.01.2017

Schafft Donald Trump das Wachstums-Wunder?

Donald Trump will Wachstum, viel Wachstum. Die Zeiten von 2-2,5% Wachstum pro Jahr sollen vorbei sein. Es soll mindestens wieder eine 3 vor dem Komma stehen. Was hält der Markt davon?

Was man zuletzt beobachten konnte, spricht Bände: Aktien steigen, Zinsen steigen, Inflationserwartungen steigen, Rohstoffe steigen, Dollar steigt... alles steigt. Alles deutet auf den ersten Blick auf bessere Zeiten hin. Die Sachlage erscheint klar. Ist sie aber nicht.

Man muss die Details sezieren, um zu verstehen, was uns der Markt mit der Kauforgie eigentlich sagen will. Es beginnt mit der Zinsentwicklung.

Zinsen bestehen aus zwei Komponenten: der Inflation und den tatsächlichen, realen Zinsen. Zieht man die Inflation von den nominellen Zinsen ab, dann erhält man den Realzins.

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Inflation zu prognostizieren ist nicht ganz leicht. Grafik 1 zeigt die Inflationserwartung des Marktes, wie er sie durch Anleiherenditen impliziert und die tatsächliche Inflation. Beide Zeitreihen laufen parallel, allerdings sind die Inflationserwartungen deutlich stabiler. Sie bleiben vergleichsweise hoch, selbst wenn die Inflation fällt oder negativ ist. Dafür bleiben die Erwartungen auch recht stabil, wenn die Inflation ungewöhnlich hoch ist. Der Markt blickt ganz gut durch temporäre Faktoren hindurch.

Zu den temporären Faktoren gehört z.B. der Ölpreis, der die Inflation rasch in die eine oder andere Richtung bewegen kann. Sowohl die sehr niedrige Inflationsrate durch einen tiefen Ölpreis als auch die hohe Inflation bei hohen Ölpreisen wird vom Markt praktisch ignoriert. Der Markt blickt durch diese Ausreißer hindurch.

Lesetipp: Ölpreis - War das ein Fehlausbruch?

Normalerweise ist man es nicht gewohnt, dass der Markt so besonnen ist. Bei Zinsen und Inflationserwartung sind und bleiben Marktteilnehmer aber extrem zuverlässig und geben eine exzellente Indikation ab. Das gilt für die Inflation ebenso wie für die Realzinsen. Grafik 2 zeigt die vom Markt implizierten Realzinsen sowie die tatsächlich realisierten Realzinsen.

Zusammen (Inflation plus Realzinsen) ergibt dies den nominellen Zinssatz. Er ist mit den beiden Komponenten in Grafik 3 dargestellt. Interessant ist dabei vor allem eine Beobachtung: die nominellen Zinsen sind zwar zuletzt schnell gestiegen, doch dieser Anstieg geht fast ausschließlich auf die Inflationskomponente zurück.


Der Realzins bewegt sich seit 2013 in einem Band von 0-1 %. Vor der Finanzkrise lag das Realzinsband im Bereich von 1,5-2,5 %. Die Range ist heute ungefähr 1,5 Prozentpunkte tiefer als vor der Krise. Daran hat auch 2016 und die Wahl von Donald Trump nichts geändert. Die Realzinsen stiegen kurz nach der Wahl an, doch sind bereits wieder von ihrem Hoch von 0,74 % auf 0,45 % zurückgekommen.

Lesetipp: Was ist dran an der historischen Anleiheblase?

Die Bedeutung dieses Umstandes kann man nicht oft genug betonen. Wieso? Realzinsen und Wirtschaftswachstum sind sehr eng miteinander verbunden. Grafik 4 zeigt das Wachstum und den Realzins. Unter gewissen Schwankungen laufen die beiden Zeitreihen parallel. Langfristig sind die Realzinsen dabei etwas niedriger als das Wachstum.

Realzinsen müssen langfristig niedriger sein als das reale Wirtschaftswachstum. Das hängt mit folgender Überlegung zusammen: Schulden werden gemacht, um Investitionen zu tätigen. Investitionen tätigt man nur, wenn man mit ihnen mehr verdienen kann als die Schulden kosten. Die Rendite der Investition muss also höher sein als die Kosten. Das ist im gesamtwirtschaftlichen Kontext dann der Fall, wenn das Wachstum höher ist als der Realzins.

Es gibt kurzfristige Ausnahmen zu dieser Regel wie z.B. Anfang der 80er Jahre. Langfristig sind Realzinsen niedriger als das Wachstum. Nun kommen die einzelnen Elemente so langsam zusammen: die nominalen Zinsen sind gestiegen. Der Anstieg geht jedoch fast zur Gänze auf gestiegene Inflationserwartungen zurück. Der Realzins liegt immer noch in der Range der letzten 4 Jahre.

Da Realzins und Wirtschaftswachstum eng verbunden sind, lässt sich sagen: die weiterhin niedrigen Realzinsen deuten auch weiterhin niedriges Wachstum an. Der Markt erwartet derzeit keine Wachstumsbeschleunigung.

Das Wachstum ist im langjährigen Mittel zwischen 1,3 bis 1,7 Mal so hoch wie der Realzins. Selbst wenn die Realzinsen also noch ein wenig steigen, etwa auf 1,5 %, dann traut der Markt der Wirtschaft immer noch nicht mehr als 2,5 % Wachstum zu. Das ist in etwa das, was wir in den letzten Jahren gesehen haben.

Zusammengefasst heißt das: der Markt erwartet von Trump, dass die Inflation steigt, nicht aber das Wachstum.

Clemens Schmale

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5 Kommentare

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  • Introspective
    Introspective

    schon möglich

    19:39 Uhr, 11.01.2017
  • Bigdogg
    Bigdogg

    Wieso haben sie das nicht auch in ihrem vorigen Artikel zu Gold geschrieben. Sollte der Realzins tatsächlich fallen, dann dürfte Gold ja kaum vor einem neuen Bärenmarkt stehen in 2017. Weil sie ja meinten, dass könne man aktuell immer noch nicht sagen

    13:26 Uhr, 11.01.2017
  • Peter Zumdeick
    Peter Zumdeick

    Die Fragezeichen verstehe ich auch nicht wirklich.

    Herr Daniel Kühl hat aber mal in einem Kommentar geschrieben, dass dies in den Wirtschaftswissenschaften wohl so üblich ist ... !!!

    Nehmen wir es gelassen hin ...

    23:41 Uhr, 10.01.2017
  • 1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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