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16:17 Uhr, 03.06.2022

Saudi-Arabien versöhnt Washington und Moskau zugleich

Die OPEC+ hat sich darauf geeinigt, den Ölhahn in den Sommermonaten aufzudrehen. Es ist eine Geste der Versöhnung in Richtung der USA. Russland bleibt jedoch ein wichtiges Mitglied im Kartell.

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Wien/ Washington (Godmode-Trader.de) - Die Ölstaaten-Allianz OPEC+ will ihre Förderung im Juli und August stärker ausweiten als in den Monaten zuvor. Ob das zusätzliche Rohöl ausreicht, um das knappe Weltmarktangebot auszugleichen, bleibt unklar. Das Weiße Haus in Washington begrüßte die Vereinbarung dennoch unverzüglich. Offenbar hat sich der monatelange diplomatische Druck auf Saudi-Arabien dann doch gelohnt. „Die Vereinigten Staaten begrüßen die heutige wichtige Entscheidung der OPEC+, das Angebot zu erhöhen", sagte die Pressesprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre. „Wir erkennen die Rolle Saudi-Arabiens als Vorsitzender der OPEC+ und als deren größter Produzent bei der Erreichung dieses Konsenses an."

Die Maßnahme soll nun helfen, den überhitzten Ölmarkt zu entkrampfen. Wegen der hohen Spritpreise steht der US-Präsident Joe Biden besonders unter Druck. Im November finden Zwischenwahlen in den USA statt, bei denen das gesamte Repräsentantenhaus und ein Drittel des Senats neu bestimmt werden.

Vor dem OPEC+-Treffen am Donnerstag war der Ölpreis nach Berichten gesunken, denen zufolge Saudi-Arabien und andere Mitglieder bereit seien, die durch die westlichen Sanktionen gegen russische Öl-Importe entstandene Marktlücke zu schließen oder das Land sogar gleich aus dem OPEC+-Quotensystem zu entbinden. Die russische Fördermenge ist seit Beginn des Ukraine-Krieges Ende Februar ohnehin bereits um etwa 1 Mio. Barrel pro Tag gesunken und könnte noch weiter zurückweichen, zumal die Europäische Union weitere Sanktionen gegen Russland Ölsektor beschlossen hat.

Die Ölstaaten-Gruppe einigte sich auf eine Erhöhung der Ölproduktion um 648.000 Barrel pro Tag für Juli und August, was etwa 50 Prozent über den jeweiligen Anhebungen der letzten Monate liegt. Moskau unterstützte den Plan offenbar. Laut Bloomberg war das Treffen in nur 11 Minuten beendet.

Aus Sicht von Analysten ist die Einigung nur ein denkbar kleiner Schritt. Angesichts der jüngsten Schwierigkeiten des Kartells, die Produktionsziele überhaupt zu erreichen, dürften die zusätzlichen Mengen, die tatsächlich auf den Markt gelangen werden, weitaus geringer ausfallen, als auf dem Papier steht. „Wird sich die angestrebte Erhöhung tatsächlich in einem bedeutenden Anstieg der Zahl der Barrel niederschlagen, die den Ölmarkt tatsächlich erreichen?, fragt UBS-Rohstoffanalyst Giovanni Staunovo. Er schätzt, dass die tatsächliche Produktionssteigerung wahrscheinlich nur etwa die Hälfte des Ziels betragen wird“.

Die Produktionssteigerung der OPEC+ wird wie üblich anteilig unter den Mitgliedern aufgeteilt. Ländern, die ihre Produktion nicht erhöhen konnten, wie Angola, Nigeria und zuletzt Russland, werden dennoch höhere Quoten zugeteilt. Nur Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate verfügen über genügend freie Kapazitäten, um einen signifikanten Teil der durch die Sanktionen gegen Russland entstandenen Versorgungslücke auszugleichen. Ein Großteil davon wird auch nach den Produktionssteigerungen im Juli und August ungenutzt bleiben. Insofern wirft das kommende OPEC+-Treffen schon seinen Schatten voraus. Wird es den USA dann gelingen, die Golf-Staaten weiter von Russland wegzutreiben?

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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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