Kommentar
14:51 Uhr, 13.10.2010

Rohstoffe steigen auf der Begehrtheitsskala

  • In den vergangenen Wochen verzeichneten die meisten Rohstoffnotierungen Anstiege. Vielfach war die Verteuerung auf eine robuste Nachfrage zurückzuführen. Hierbei haben sich die noch immer hohen Lagerbestände wider Erwarten nicht als Preisbremse gezeigt. Kaum zu übersehen ist allerdings die kräftige Zunahme der Netto-Long- Positionierung der nicht-kommerziellen Rohstoffhändler, d.h. auch die Spekulation ist für die Preisanstiege mit verantwortlich. Nachhaltige und starke Preisanstiege können sich unserer Meinung nach erst dann durchsetzen, wenn die Rohstoffvorräte auf deutlich niedrigere Niveaus gefallen sein werden.
  • Der Goldpreis hangelt sich weiter von Rekord zu Rekord. Angesichts der zu erwartenden neuen quantitativen Lockerungsmaßnahmen der US-Notenbank und unserer revidierten Euro/US-Dollar-Prognose passen wir unsere Goldpreisprognose erneut nach oben an und erwarten für 2011 einen durchschnittlichen Goldpreis von 1350 USD/Feinunze.
  • Energie: Ölpreis (noch) in ruhigem Fahrwasser (S. 2). / Edelmetalle: Silber eifert Gold nach (S. 3). / Agrar: USDAReportbullish u.a. für Mais und Sojabohnen (S. 4).

Energie: Rohölpreis (noch) in ruhigem Fahrwasser

In der Tendenz bewegte sich der Ölpreis in den vergangenen Wochen in einer Spanne zwischen 70 bis 80 US-Dollar pro Barrel, doch zuletzt brach er aus diesem Korridor nach oben aus. Parallel dazu verstärkten die nicht-kommerziellen Ölhändler ihre Netto-Long- Positionierung auf zuletzt sogar 116 Tausend Kontrakte.

Noch schwimmt der Ölpreis in recht ruhigem Fahrwasser und befindet sich auf einem durch Angebot und Nachfrage gut erklärbaren Niveau. Es gibt wenig Anzeichen für eine Preisverzerrung – weder in die eine noch in die andere Richtung. Grundsätzlich zieht die die globale Ölnachfrage an, da sich die Weltkonjunktur im Aufschwung befindet. Doch mehrere Faktoren verhindern noch eine nachhaltige Verteuerung von Rohöl. Zum einen sind die Öllager noch immer gut gefüllt. Zum anderen wird der zusätzliche Ölkonsum bislang aus der Ölförderung in Nicht-OPECLändern bedient. Sie weiten ihr Ölangebot schon seit über einem Jahr merklich aus, während die OPECLänder in dieser Zeit nur minimal mehr produzierten. Allerdings zeigt Abbildung 3, dass die Ausweitung der Ölförderung in den Nicht-OPEC-Ländern am aktuellen Rand ins Stocken gerät. So förderten vor allem das Vereinigte Königreich und Norwegen in den Sommermonaten weniger Rohöl. Zwar werden die Sommermonate i.d.R. für Wartungsarbeiten genutzt und sind damit anfällig für Produktionskürzungen, dennoch zeichnet sich hier ab, dass sich die Nicht-OPECÖlförderung auch in den kommenden Monaten weiter abschwächen dürfte. So liegt es in der Hand der OPEC, wie weit sie die zusätzliche Ölnachfrage in der nahen Zukunft bedient bzw. wie starke Ölpreisanstiege sie zulässt. Denn die OPEC-Länder verfügen über freie Produktionskapazitäten, um mit ihrem Steuerungsinstrument, den Fördermengen, den Ölpreis beeinflussen zu können. Es spricht viel dafür, dass die OPEC bei ihrem Treffen am 14. Dezember keine Änderung ihrer Ölförderquoten vornehmen und somit mittelfristig zu Ölpreisanstiegen beitragen wird.

Prognose: Wir rechnen vor allem auf Sicht von 6 und 12 Monaten mit höheren Ölpreisen als das Niveau von September 2010. In den unmittelbar bevorstehenden Monaten dürften noch die hohen Lagerbestände eine starke Verteuerung von Öl verhindern. Allerdings bestehen Aufwärtsrisiken, was die Positionierung der Spekulanten angeht. Für den Jahresdurchschnitt 2011 erwarten wir einen WTI-Preis von 83,5 US-Dollar pro Barrel nach 78 US-Dollar im Durchschnitt des laufenden Jahres.

Edelmetalle: Silber eifert Gold nach

Der Silberpreis erreichte mit einem Wert von über 23 USD/Feinunze ein 30-Jahreshoch. Vom Allzeitrekord ist dieser Wert allerdings noch weit entfernt: Mitte der siebziger Jahre hatten die Hunt-Brüder versucht, den Silbermarkt zu beherrschen. In der Folge stieg die Silbernotierung kurzzeitig bis auf 49,45 US-Dollar an. Betrachtet man die aktuellen Auftriebskräfte des Silberpreises, stellt man eine immer stärkere Ähnlichkeit zu Gold fest.

Dass die nicht-kommerziellen Händler beim Höhenflug des Goldpreises eine ausschlaggebende Rolle spielen, ist bekannt. Wie stark aber Silber nun Gold nacheifert, ist nicht ganz so evident. Immerhin wird Silber viel stärker in der Industrie verwendet, und daher war der Silberpreis in der Vergangenheit stärker an die Konjunktur gekoppelt als Gold. Doch dies ändert sich. Angesichts der globalen Rezession brach die industrielle Nachfragekomponente nach Silber im vergangenen Jahr um 20 % ein. Somit sank der Anteil der Industrienachfrage an der gesamten Silbernachfrage von 50 % in 2008 auf 40 % in 2009. Erwartungsgemäß schrumpfte im vergangenen Jahr auch die Nachfrage seitens der Fotoindustrie (-21 %) und macht nunmehr weniger als 10 % der Gesamtnachfrage aus. Auf die Schmucknachfrage kann man während wirtschaftlich schwacher Zeiten ebenfalls nicht bauen: Sie sank im Jahr 2009 um 1,7 %. Die Stärke der Silbernotierung ist auf die Funktion des sicheren Anlagehafens – ähnlich zu Gold – zurückzuführen. Dies zeigte die Ausweitung der Nachfrage nach Silberwaren mit einem Plus von 4,6 %. Etwas schwächer als im Vorjahr war der Zuwachs bei der Münznachfrage mit einem Anstieg um 20 %. In den Jahren vor 2008 war diese Nachfragekomponente noch rückläufig. Seit Ausbruch der Krise stellt allerdings der massive Zufluss von Investorengeldern alle anderen Nachfragekomponenten in den Schatten. 2008 stieg die Investmentnachfrage nach Silber um 91 %, 2009 erneut um 184 %! So ist der Anteil der Investmentnachfrage an der gesamten Silbernachfrage innerhalb eines Jahres von 5 % auf 15 % angestiegen.

Prognose: Seit dem Sommer 2010 ist die Korrelation zwischen den Schwankungen des Gold- und des Silberpreises auf 90 % angewachsen. Auch daran erkennt man, dass die industrielle Nachfrage bei Silber zurzeit weniger wichtig wird, während die Investmentnachfrage an Bedeutung gewinnt. Es spricht viel dafür, dass der Zusammenhang zwischen der Gold- und der Silberpreisentwicklung auf absehbare Zeit eng bleiben wird. Daher rechnen wir auf Sicht von 12 Monaten mit keiner nennenswerten Verbilligung von Silber.


Agrar: USDA-Report bullish u.a. für Mais und Sojabohnen Für stärkere Preisbewegungen an den Agrarmärkten sorgte die Oktoberausgabe der Angebots- und Nachfrageprognosen der USDA, des amerikanischen Landwirtschaftsministeriums. Der Bericht enthält preistreibende Nachrichten für Mais. Die US-Maisernte dürfte geringer ausfallen als noch vor einem Monat prognostiziert. Auch die US-Maisexporte wurden nach unten revidiert, was für die Märkte ein wichtiges Signal darstellt, da die USA für fast 40 % der weltweiten Maisproduktion und über die Hälfte der globalen Maisexporte verantwortlich sind. Erklärt wurde die schwächere US-Produktion durch niedrigere Flächenerträge. Zwar dürfte die erwartete USMaisernte trotz der Abwärtsrevision noch historisch gesehen die drittbeste Maisernte der USA werden, doch der starke US-Konsum (auch für Bioethanol) und die starke Exportnachfrage nach US-Mais (beispielsweise aus China) werden nicht alleine durch die laufende Produktion befriedigt werden können. So dürften die USMaisvorräte am Ende des Erntejahres 2010/2011 auf den niedrigsten Stand seit 14 Jahren fallen.

Die Oktober-Ausgabe des USDA Reports stimmte auch für Weizen, Sojabohnen und Baumwolle recht bullish. Nicht nur die globale Weizenproduktion für das Erntejahr 2010/2011 wurde nach unten revidiert, sondern auch die weltweiten Weizenvorräte zum Ende des Erntejahres. Am Weizenmarkt zeigt sich bereits seit Jahresbeginn eine Verknappung durch Dürren am Schwarzen Meer, den Exportstopp Russlands sowie zu viel Niederschlag bzw. Überschwemmungen in Pakistan und Kanada. Die Sojabohnenproduktion hat zuletzt beim zweitwichtigsten Produzenten Brasilien und dem drittwichtigsten Produzenten Argentinien unter starker Trockenheit gelitten. Hinzu kommt eine Aufwärtsrevision der erwarteten chinesischen Sojabohnenimporte. Auch Baumwolle ist derzeit knapp. Die globalen Baumwollvorräte befinden sich auf dem niedrigsten Niveau seit 1993/1994.

Über alle Getreiderohstoffe hinweg dürfte eine mittelfristige Knappheit grundsätzlich keine so wichtige Rolle spielen wie bei Rohöl oder manchen Industriemetallen. Vielmehr hängt die Preisentwicklung einzelner Agrarrohstoffe von der jeweiligen Ernte ab. Ist ein Getreide in einem Erntejahr knapp (oder reichlich) und daher teuer (oder günstig), wird dieser in der nächsten Saison verstärkt (oder weniger) angebaut. So entwickeln sich ausgeprägte Schweinezyklen. Betrachtet man den Wettlauf im aktuellen Erntejahr, dürften Mais und Baumwolle recht weit vorne mitlaufen


Verantwortlicher Analyst: Rudolf Besch

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