Kommentar
10:15 Uhr, 17.11.2020

Regulierung droht: Kommt jetzt das Ende von "Big Tech"?

Die USA überlegen noch wie sie Big Tech regulieren können. China handelt bereits. Das hat globale Signalwirkung.

Erwähnte Instrumente

  • Amazon.com Inc. - WKN: 906866 - ISIN: US0231351067 - Kurs: 3.131,060 $ (NASDAQ)
  • Alibaba Group Holding Ltd. Reg.Shs (sp.ADRs)/8 DL-,000025 - WKN: A117ME - ISIN: US01609W1027 - Kurs: 220,000 € (XETRA)
  • Tencent Holdings Ltd. - WKN: A1138D - ISIN: KYG875721634 - Kurs: 63,320 € (L&S)

Für große Technologieunternehmen wird es immer enger. Lange Zeit konnten sie ungebremst wachsen und ihren Einfluss ausbauen. Es hat lange gedauert, doch immer mehr Länder sehen die Marktmacht dieser Unternehmen als Problem an. In den USA ist das schon länger ein Thema. In China ist es neu, dafür ist die Politik deutlich schneller und aggressiver.

Das führte in der vergangenen Woche zu einem Selloff an der Börse. Es ist nicht ganz leicht die Kursabgaben von der Euphorie über einen Impfstoff zu trennen. Ein Impfstoff bedeutet, dass Konsumenten in Zukunft weniger auf Onlineplattformen angewiesen sind.

Schreibt man die Kursverluste dem chinesischen Vorstoß zu, haben Anleger dieses Mal richtig Angst vor Regulation. Hunderte Milliarden an Marktkapitalisierung wurden verloren (siehe Grafik). Wenn die chinesische Politik etwas anpackt, meint sie es ernst. Anleger müssen sich mit Recht fürchten.


Im Kern geht es um zwei Problemfelder. Das erste ist klassisches Monopolverhalten. Unternehmen, die z.B. ihre Produkte auf einer Plattform wie Alibaba verkaufen wollen, müssen sich entscheiden. Sie können über Alibaba verkaufen, müssen dann aber auf den Verkauf über andere Plattformen etwa von Tencent verzichten.

Das grenzt den Wettbewerb natürlich stark ein. Die Marktmacht wird missbraucht, um anderen Unternehmen zu diktieren, wo sie verkaufen dürfen. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass diese Geschäftspraxis weiterhin erlaubt wird.

Es gibt aber ein zweites Problemfeld, das weitaus schwieriger zu regulieren ist. Unternehmen wie Tencent und Alibaba, aber auch Facebook und Amazon, arbeiten an Ökosystemen. Ziel ist es, möglichst viele Funktionen zu verbinden. Ein Kunde muss die Plattform von z.B. Tencent gar nicht mehr verlassen, egal, ob man online einkaufen will, ein Taxi bestellt, sich Essen liefern lassen will, mit Freunden chattet oder jemanden anruft.

Kann man praktisch alles in seinem Leben in einem solchen Ökosystem von einem Anbieter erledigen, ist das für Konsumenten eine große Vereinfachung. Der Wunsch nach solchen Ökosystemen ist vorhanden und der damit verbundene Komfort ist groß.

Sind Konsumenten aber erst einmal in einem solchen System, schränkt das den Wettbewerb enorm ein. Am Ende konkurrieren nur noch Alibaba und Tencent. Für kleinere Anbieter oder Anbietern von lediglich einer Funktion ist kein Platz mehr. Langfristig schadet das der Innovationskraft.

Banking, Versicherung, Chat, Telefonie, Shopping, Entertainment usw. aus einer Hand hat einen großen Reiz für Verbraucher. Die Wirtschaft gerät dadurch in den Würgegriff von ganz wenigen Firmen. China will das verhindern und geht gegen Big Tech vor. Die Anstrengungen stehen noch ganz am Anfang.

In den USA und Europa ist man noch weniger weit. Anleger müssen sich nicht vor einer baldigen Zerschlagung von Unternehmen fürchten. Regulation hängt nun aber wie ein Damoklesschwert über der Branche. Zukünftiges Wachstum kommt vor allem durch den Ausbau von Dienstleistungen, also immer mehr Funktionen auf einer Plattform. Wenn genau das aber das größte Problem für Regulatoren darstellt, muss man die Wachstumsperspektiven hinterfragen.

Unternehmen wie Amazon werden vermutlich nicht zerschlagen werden. Anleger müssen sich um die aktuelle Substanz der Unternehmen keine Sorgen machen. Die Wachstumsperspektiven hingegen trüben sich ein.

Clemens Schmale


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3 Kommentare

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  • Schnutzelpuh
    Schnutzelpuh

    Ich glaube nicht, dass es für den Technologiesektor schlecht wäre, wenn aus Amazon mehrere Firmen hervorgingen, also sich Amazon aufteilen müsste bzw. zerschlagen werden würde. Dieser Beitrag suggiert letzendlich aus Technologie raus zu gehen. Das wäre ein fataler Fehler.

    14:10 Uhr, 17.11.2020
  • Data75
    Data75

    Je mehr Geschäftsfelder ein Unternehmen hat, desto besser kann es filetiert werden. Da sollte auch Amazon keine Ausnahme sein. Alleine das Cloudgeschäft ist eine Firma für sich.

    12:31 Uhr, 17.11.2020

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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