Kommentar
09:32 Uhr, 31.10.2019

Ratlose Geldpolitik: Was kommt nach Draghi?

Der Zinsentscheid der US-Notenbank bringt keine neuen Erkenntnisse. Also werfen wir einen Blick auf die EZB und die Frage, was nach Draghi kommt. Die einfache Antwort dazu: nicht viel. Die EZB hat ihr Pulver bereits verschossen.

Draghi hat die EZB verlassen und er hinterlässt eine Zentralbank, die praktisch handlungsunfähig ist. Eine Wahl hatte er diesbezüglich kaum. Die Eurozone bewegte sich von 2008 bis 2016 von einer Krise zur nächsten. Lediglich 2017 gab es ein wirklich gutes Jahr. Bereits 2018 trübte sich die Lage ein. Die EZB machte den gleichen Fehler wie 2011. Damals wurden die Zinsen wieder angehoben. Das war zu früh. 2018 weigerte sich die EZB die deutlichen Hinweise einer Wachstumsverlangsamung anzuerkennen und beendete ihr QE-Programm.

Wie damals musste in der Folge schnell gegengesteuert werden. Die Zinsen wurden noch einmal um 10 Basispunkte gesenkt und QE wieder eingeführt. Die Käufe beginnen im November. Psychologisch hatte das bereits einen Effekt.

Die Rendite 10-jähriger Bundesanleihen verdoppelte sich, indem sie von -0,7 % auf -0,37 % stieg. Das ist ein bekanntes Phänomen. Zinssenkungen und QE führen zu einem Anstieg der Renditen für Staatsanleihen. Der Grund: expansive Geldpolitik verbreitet Zuversicht. Anleger gehen wieder vermehrt Risiken ein. Man muss nur einen Blick auf den Dax werfen. Trotz Rezession in Deutschland ging es mit der expansiven Geldpolitik 10 % nach oben.

Realwirtschaftlich lässt sich noch kein Effekt der Geldpolitik erkennen. Auch das ist typisch. QE führt vor allem zu höherer Bewertung, aber keinem Konsum- und Investitionsboom. Der Einlagensatz steht nun bei -0,5 %. Dadurch wird auch nicht mehr investiert. Die Stimmung unter Unternehmen sackt weiter ab (Grafik 1).


In der Vergangenheit reagierte die EZB auf Schwäche im Einkaufsmanagerindex mit regelmäßigen Zinssenkungen. Heute kann man nur sagen: Viel Glück. Die EZB kann die Zinsen kaum noch senken. Schon jetzt sind die negativen Folgewirkungen offensichtlich.

Nicht zuletzt deswegen führte die EZB auch QE ein. Wegen Kritik aus mehreren Ländern wurde es Ende 2018 zu früh beendet. Die Summe an monatlichen Käufen ging mit dem Einkaufsmanagerindex zurück (Grafik 2). Jetzt wird wieder gekauft, doch 20 Mrd. pro Monat sind vergleichsweise wenig.


Da einige Länder nur eine geringe Verschuldung ausweisen gehen der EZB auch bald schon die Anleihen aus, die sie kaufen kann. Sie kann die Regeln ändern, um QE noch einige Zeit lang aufrechtzuerhalten. Realwirtschaftlich ändern wird das wenig.

Trübt sich die Lage weiter ein, hat die EZB praktisch gar nichts mehr, was sie in die Waagschale werfen kann. Draghi war ein Meister der expansiven Geldpolitik. Nun ist er weg. Was nach ihm kommt, ist in Bezug auf expansive Geldpolitik klar: nicht viel. Es gibt schlichtweg nichts mehr, was die EZB noch tun könnte.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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