Fundamentale Nachricht
17:10 Uhr, 11.12.2020

OPEC+Deal: Viel Wunschdenken und Irrationalität

Der jüngste OPEC+-Beschluss zur künftigen Förderpolitik wurde von vielen Seiten gelobt. Doch der Vereinbarung liegen Annahmen zugrunde, die weltfremd erscheinen und die aktuelle Lage beschönigen.

New York (Godmode-Trader.de) - Der Ölstaatenverbund OPEC+ hat es nach einigen Tagen dann letztlich doch noch geschafft, sich auf ein neues Förderabkommen zu verständigen. In ihrer Erklärung bekräftigte die Gruppe ihr weiteres Engagement für einen stabilen Markt, das gegenseitige Interesse der Förderländer, die effiziente, wirtschaftliche und sichere Versorgung der Verbraucher sowie eine faire Rendite für investiertes Kapital.

Die seit dem 12. April 2020 geltende Vereinbarung zur Produktionskürzung wurde leicht angepasst. Angesichts der aktuell fragilen Fundamentaldaten des Ölmarktes und der Aussichten für 2021 hat sich die Allianz darauf geeinigt, die bestehende Verpflichtung aus dem ursprünglichen Beschluss zur Rückführung von 2 Mio. bpd in den Markt zeitlich zu dehnen. Die Mitglieder werden ihre Produktion im Januar zunächst nur um 0,5 Mio. bpd anheben.

Gleichzeitig wird die OPEC+ ab Januar 2021 monatliche OPEC- und Nicht-OPEC-Ministertreffen abhalten, um die Marktbedingungen zu bewerten und über weitere Produktionsanpassungen für den Folgemonat zu entscheiden, wobei weitere monatliche Anpassungen nicht größer als 0,5 Mio. bpd sein sollen.

Das Ergebnis des OPEC+-Treffens wurde allerseits als ein Zeichen von Stabilität begrüßt. Der Optimismus in Bezug auf die Ölpreise und eine weltweite wirtschaftliche Erholung ist gewachsen. Die Ölmärkte sind erleichtert, dass die Gruppe weiterhin zusammenarbeiten wird und die Fähigkeit behält, die Märkte beeinflussen zu können.

Dennoch bleiben laut dem Portal Oilprice einige Beobachter skeptisch, zumal die letztendliche Zusammenarbeit der Mitglieder der Gruppe erst nach tagelangen Meinungsverschiedenheiten zustande kam. „Der anhaltende Optimismus über eine mögliche Erholung des Ölmarktes im ersten Halbjahr 2021 basiert größtenteils auf dem Wunschdenken der OPEC-Führer und einer irrationalen Sicht auf die positiven Auswirkungen von Covid-Impfungen auf die Weltwirtschaft“, schreibt Oilprice.

Die wirtschaftlichen Auswirkungen eines globalen Impfprogramms, das aufgrund von logistischen Herausforderungen, finanziellen Beschränkungen und politische Einflussnahme wahrscheinlich sechs bis 18 Monate dauern wird, werden auf kurzfristige Sicht überschaubar bleiben. Es sei unwahrscheinlich, dass sich die OECD-Märkte im ersten Halbjahr 2021 erholen werden, da die Verfügbarkeit des Impfstoffs ein großes Problem darstellen werde, so Oilprice. Gleichzeitig scheine die OPEC+ zu missverstehen, dass sich die OECD-Volkswirtschaften aktuell nur dank massiver fiskalischer und geldpolitischer Unterstützungsmechanismen über Wasser halten könnten.

Im Jahr 2021 und 2022 dürften die meisten dieser Finanzspritzen oder QE-Programme auf Eis gelegt werden bzw. auslaufen, da die Verschuldung katastrophale Ausmaße erreichen werde. „Ein großer wirtschaftlicher Abschwung sollte erwartet werden, und ein solcher Abschwung würde sich direkt auf die Öl- und Gasnachfrage auswirken“.

1 Kommentar

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  • hochdietassen
    hochdietassen

    „Ein großer wirtschaftlicher Abschwung sollte erwartet werden, und ein solcher Abschwung würde sich direkt auf die Öl- und Gasnachfrage auswirken“. - Ja, im zweiten Halbjahr 2022 ...bis dahin geht die Party überall weiter ;)

    23:18 Uhr, 11.12. 2020

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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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