Kommentar
06:45 Uhr, 24.06.2019

Ölpreis: Schock-Kursziel!

Zuletzt ging es mit dem Ölpreis steil bergauf. Zu verdanken haben wir das den zunehmenden Spannungen zwischen dem Iran und den USA. Doch wenn man durch diese Zuspitzung hindurchblickt, kommt etwas ganz anderes zum Vorschein.

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  • WTI Öl
    ISIN: XC0007924514Kopiert
    Aktueller Kursstand:   (JFD Brokers)

Der Ölpreis war zuletzt nichts für schwache Nerven. Die Entwicklung der Preise schwankt zwischen Kollaps und Rally. Einen Sprung nach oben gibt es immer dann, wenn sich die Dinge im Nahen Osten zuspitzen. Genau das ist diese Woche wieder geschehen. Konkret geht es um die Straße von Hormus. Eskaliert die Lage zwischen dem Iran und den USA kann man nicht davon ausgehen, dass Öltanker dort noch passieren können. Damit wäre ein Drittel des weltweiten Ölangebots plötzlich nicht mehr verfügbar.

Das kann nur für einen Preisanstieg sorgen. Das ist vollkommen klar. Es muss aber erst einmal zu dieser Eskalation kommen. Das ist relativ unwahrscheinlich. Die USA wollen nicht noch einen Krieg, den sie nicht gewinnen können. Ein neuerliches Milliardengrab ist auch den Wählern schlecht zu erklären.

Auch der Iran will keinen Krieg. Für das Regime ist das eine Überlebensfrage. Ein Krieg mit den USA bedeutet das Ende des Regimes. Das Land würde zwar danach genauso wenig eine Wiege der Demokratie wie Irak und Afghanistan sein, aber das heutige Regime wäre sicher weg.

Die Wahrscheinlichkeit für eine Eskalation ist gering. Was dann noch bleibt, sind die harten Fakten. Diese zeigen ein klares Bild. Trotz niedriger Ölpreise haben die USA immer neue Förderrekorde gefeiert. In den letzten zwei Jahren stieg die tägliche Fördermenge um 3,7 Mio. Barrel (Grafik 1).

Der einzige Grund, weshalb das nicht für einen Preiscrash Richtung 20 Dollar gesorgt hat: die Ölproduktion in Venezuela kollabiert und dem Weltmarkt wurden wegen neuerlicher Iransanktionen 1,5 Mio. Barrel entzogen.

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Im Prinzip sind es diese zwei Länder, die für die Fördermengenkürzung der OPEC verantwortlich sind. Die Fördermenge der OPEC ist im letzten Jahr stark gesunken. Betrachtet man die Fördermenge ohne Venezuela und den Iran, so zeigt sich keine allzu große Veränderung (Grafik 2).


Konkret bedeutet das, dass die OPEC nicht sehr gut darin ist, die Fördermenge tatsächlich zu begrenzen. Der Irak hat zuletzt sogar einen neuen Fördermengenrekord aufgestellt. Es wird also viel fleißiger gepumpt als notwendig. Derweil produzieren die USA immer mehr und nehmen der OPEC Marktanteile weg.

Russland gefällt das schon seit Monaten nicht mehr. Die Fördermengenbegrenzung wird von Saudi-Arabien durchgezogen und das Königreich hält auch die OPEC zusammen. Es ist aber nicht ausgemachte Sache, dass die Fördermengenbegrenzung ewig halten wird.

Rein fundamental ist der Ölpreis zu hoch. Ohne politische Spannungen und der Aussicht auf weiter Förderkürzungen der OPEC kann der Preis das jetzige Niveau kaum halten. Anstatt bei mehr als 50 Dollar zu notieren, müsste er UNTER 30 stehen.

Preise von 20 Dollar sind letztlich genauso unwahrscheinlich wie ein Preis von 100. Ganz bestimmte Umstände müssen eintreten, um die Extreme zu ermöglichen. Doch auch ohne gleich ins Extrem zu gehen: die Chancen auf fallende Ölpreise stehen mittelfristig besser als die Chancen auf steigende Preise.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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