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12:14 Uhr, 30.11.2021

Ölmarkt: "Jetzt verkaufen, später Fragen stellen"

Nur wenige Tage brauchte es, um die Ölpreise, die seit Wochen und Monaten nur die Richtung nach oben kannten, rekordverdächtig einbrechen zu lassen - um mehr als 10 Prozent. Den Leid geprüften Autofahrer dürfte es freuen, sollten die günstigeren Preise an der Tankstelle ankommen.

New York (Godmode-Trader.de) - Die Ölpreise rutschen am Dienstag weiter ab. Die Ölpreise stehen vor ihrem stärksten Monatsverlust seit März 2020, als die Pandemie ihre erste Welle aufnahm. Auslöser war, dass im südlichen Afrika eine neue, potenziell gefährliche Variante des Coronavirus entdeckt worden war. Die Rohölsorte Brent fiel von über 80 Dollar am vergangenen Donnerstag auf gut 70 Dollar/Barrel, und die Sorte West Texas Intermediate fiel auf 67 Dollar/Barrel, nachdem die Preise wenige Tage zuvor auf die Freigabe von 50 Mio. Barrel aus der strategischen Erdölreserve der USA noch mit einem Anstieg reagiert hatten.

Der Chef des Impfstoffherstellers Moderna, Stephane Bancel, hat die heutige Talfahrt ausgelöst. Bancel geht davon aus, dass die gegenwärtig verfügbaren Covid-19-Impfstoffe gegen die neue Omikron-Variante eine geringere Wirksamkeit aufweisen. Der Schutz dürfte nicht auf demselben Niveau wie bei der hochansteckenden Delta-Variante liegen, sagte Bancel der "Financial Times". Die aktuelle Vakzin-Generation müsse womöglich im nächsten Jahr geändert werden.

Bei dem gegenwärtigen Brent-Preis ist es nun fraglich, ob die Ölstaatenallianz OPEC+, die sich diese Woche turnusmäßig trifft, an ihrer geplanten Förderausweitung festhalten wird. „Es bleibt natürlich eine offene Frage, ob diese neue Variante wirklich eine wesentliche Bedrohung für die Ölnachfrage darstellt, da die Impfraten seit dem Sommer stark gestiegen sind", sagte Rory Johnston, Geschäftsführer des Forschungsunternehmens Price Street, der Financial Times. „Aber die Märkte warten nicht ab, um das herauszufinden. Jetzt verkaufen, später Fragen stellen“, beschrieb Johnston die dominierende Devise unter den Marktteilnehmern.

Die OPEC hat nun einen weiteren Grund, die Förderung nicht mehr anzuheben, sondern eher zu drosseln. Zunächst hatte die Freigabe der US-Reserven, an der auch andere große Ölverbraucher beteiligt waren, keine Chance, vom Ölkartell begrüßt zu werden. Tatsächlich tauchten fast unmittelbar nach der Ankündigung der SPR-Freigabe Berichte auf, dass Saudi-Arabien und Russland, die Führer der OPEC+-Allianz, bereits eine Aussetzung der Politik der Produktionssteigerung in Erwägung ziehen.

Unter Berufung auf ungenannte Quellen schrieb das Wall Street Journal am vergangenen Mittwoch, dass die beiden größten Ölproduzenten in der Gruppe geneigt seien, die Produktionserhöhungen auszusetzen, während andere, wie die VAE, keinen Grund für einen Kurswechsel sähen. Nach dem Preisverfall vom Freitag könnte sich diese Einstellung nun geändert haben.

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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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